Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)
von Oma Erna auf den großen Hof der Volkswagen-Vertragswerkstatt ein. Frank, Meike und Jean steigen aus und gehen an der Werkstatt vorbei ins Verkaufsgebäude. An jeder Ecke hängen dort riesige Namensschilder über den Schreibtischen der Verkäufer und Mechaniker – nur dass sie offiziell Verkaufsberater und Serviceberater heißen. Die blonde Dame am Empfang verweist die drei auf Serviceberater Michael Huber. Allerdings müssten sie bitteschön noch zehn Minuten warten, sagt sie, der Herr Huber sei noch in seiner wohlverdienten Mittagspause.
Die drei Insassen von Oma Ernas Golf nehmen an einem Bistrotisch mitten im Verkaufsraum Platz. Neben ihnen die neuesten Modelle von Tiguan, Tuareg und Polo. Um Punkt 14 Uhr kommt ein junger Mann mit grauem Hemd schnellen Schrittes an den Bistrotisch. »Ich bin Michael Huber«, sagt er und reicht Frank dynamisch die Hand. »Schauen wir gleich raus zu Ihrem Auto.« Frank und seine beiden Begleiter folgen dem Serviceberater nach draußen, im Laufschritt, weil sie sonst mit dem Tempo des Mechanikers nicht mithalten können. Währenddessen erklärt ihm Frank, was Sache ist. Immer wieder kommentiert Michael Huber Franks Erzählungen mit den Worten: »Das hört sich nicht gut an.«
Kaum hat Frank die Motorhaube geöffnet, schaut Michael Huber auf den Behälter mit dem Kühlwasser. »Daran liegt’s nicht«, sagt er knapp. Das ist ja wirklich mal was Neues. Michael Huber löst die Haltestange und schließt die Motorhaube. Verdutzt schauen die drei ihn an. »Also, es gibt drei Möglichkeiten«, sagt Huber. »Erstens, und das wäre das Beste für Euch. Der Thermostat ist kaputt.« Er blickt Frank, Meike und Jean mit großen Augen an. »Den müssen wir anschauen und austauschen, dauert aber zwei Stunden.« Fassungslos schauen sich Frank und Meike an. Dann ist Jean erst in drei Stunden in München! Der hingegen bleibt ganz ruhig.
»Zweitens, und das ist schon wesentlich unerfreulicher für euch. Die Zylinderkopfdichtung ist defekt. Dann müssen wir das Auto dabehalten und reparieren. Das wird aber nicht billig.« Michael Huber wird ernst, betreten schauen Meike und Frank zu Boden. Doch der Mechaniker ist noch nicht fertig. »Drittens, und das wäre am schlimmsten für euch. Der Zylinderkopf ist kaputt. Das kostet mehrere tausend Euro, und das Auto bleibt hier.« Mit offenem Mund starren Frank und Meike den Mechaniker an. Grade dachten sie noch, dass sie in einer Viertelstunde mit einem neuen Thermostat weiterfahren können, jetzt kommen sie, wenn sie ganz viel Glück haben, erst in zwei Stunden weiter! Und müssen, wenn’s dumm läuft, richtig viel Geld hierlassen … Michael Huber kennt die betroffenen Blicke. »Überlegen Sie sich’s, und sagen Sie mir Bescheid.« Er geht ein paar Schritte zur Seite, damit sie sich in Ruhe beratschlagen können.
Frank sieht seine Freundin und Jean an. Klar ist, dass sie keinen Meter mehr mit Oma Ernas Golf fahren werden. Die Frage ist, ob sie zwei Stunden warten sollen. Das wäre für Jean und sein Vorstellungsgespräch zu spät. »Wie weit ist es denn zum Bahnhof?«, ruft Frank dem Mechaniker zu. Eine halbe Stunde dauert die Zugfahrt von Augsburg nach München. Dann käme Jean zwar zu spät, aber immer noch so zeitig, dass sein Gespräch heute noch stattfinden könnte. »Das dauert schon ein bisschen, aber wir können Sie da hinfahren«, sagt Michael Huber. »Sie können sich aber auch einen Mietwagen nehmen. Wir haben sogar eine Kooperation mit einer Mietwagenfirma.« Wie praktisch …
30 Euro soll ein Wagen pro Tag kosten. Mit dem kämen sie erst mal nach München. Währenddessen könnten die Serviceberater den Thermostat überprüfen. Alle drei sind sich schnell einig, dass ein Mietwagen das Beste für sie ist. Frank macht von Anfang an klar, dass Jean natürlich nichts dafür bezahlen muss. Schließlich kann er nichts dafür, dass Oma Ernas Golf liegengeblieben ist. »Dann nehmen wir einen Mietwagen, bitte«, sagt Frank. Der Mechaniker nickt und lädt sie wieder an den Bistrotisch im Verkaufsraum ein. In einer Viertelstunde soll der Mann von der Autovermietung da sein.
Frank stützt die Hände auf den Bistrotisch und schüttelt den Kopf. »Oh Mann, ist mir das peinlich. Ich nehme einen Mitfahrer mit, und dann geht auch noch das Auto kaputt. Am Ende bin ich dann schuld, falls du den Job nicht kriegst.« Jean klopft ihm auf die Schulter und lächelt. »Dafür kannst du doch nichts. Wir warten jetzt, bis der Wagen da ist, dann fahren wir
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