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Testobjekt Roter Adler

Testobjekt Roter Adler

Titel: Testobjekt Roter Adler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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die­ses Eu­ro­pä­ers stimm­te nichts! Sämt­li­che Pro­por­tio­nen schie­nen durch ei­ne Lau­ne der Na­tur ver­scho­ben wor­den zu sein.
    »Bin ich nicht bild­schön?« frag­te der Klei­ne lei­se. Er war be­drückt. Ich ver­stand ihn gut. In ei­ner sol­chen Mas­ke ver­lor so­gar ein hu­mor­vol­ler Mensch wie Han­ni­bal die Lust am La­chen. Nach sei­ner Ver­wand­lung hat­te er noch kein ein­zi­ges Mal ge­grinst. Er ver­zich­te­te auf ein für ihn ty­pi­sches Cha­rak­te­ris­ti­kum, weil er im Spie­gel er­kannt hat­te, daß sein nor­ma­ler­wei­se zur Hei­ter­keit an­re­gen­des Bu­ben­fei­xen mit den Lip­pen ei­nes Ar­tu­ro Pe­ro­ni zu furcht­ein­flö­ßend wirk­te.
    »Wir wer­den es über­ste­hen«, ent­geg­ne­te er, nach wie vor be­drückt. »Großer – ich ha­be mich nie im Le­ben so jäm­mer­lich ge­fühlt. Als ich mich nach der Bio-Um­wand­lung erst­mals im Spie­gel be­trach­te­te, ver­stand ich, warum Pe­ro­ni geis­tig ge­schä­digt ist. Ein sol­ches Un­ge­heu­er kann nur per­vers sein. Oder ir­re ich mich?«
    »Be­stimmt so­gar«, warn­te ich. »Jun­ge, du weißt doch selbst ge­nau, daß man einen Men­schen nie­mals nach sei­ner äu­ße­ren Er­schei­nung be­ur­tei­len darf. Auch die Hyp­nos ha­ben wir to­le­riert. Du mußt ver­su­chen, mit dem Schock fer­tig­zu­wer­den.«
    »Schock ist gut«, sag­te er mit sei­ner »neu­en«, röh­rend klin­gen­den Baß­stim­me. »Kannst du dir vor­stel­len, daß ich beim ers­ten An­blick mei­ner Er­schei­nung ab­nor­men Ge­walt­ta­ten plötz­lich gar nicht mehr so ab­leh­nend ge­gen­über­stand? Das ist doch fürch­ter­lich! Kann sich das auf die Psy­che ei­nes nor­ma­len Men­schen aus­wir­ken? Ich … ach was, zum Don­ner­wet­ter, ich wer­de wohl ei­ni­ge Wo­chen lang mit die­ser Mas­ke­ra­de zu­recht­kom­men. Ver­giß es.«
    Er wink­te hef­tig ab und scheu­te sich plötz­lich nicht mehr, sein alt­ver­trau­tes Grin­sen zu zei­gen. Als ich weg­schau­te, be­gann er zu la­chen.
    »Großer Mars, ich muß aus­se­hen wie der letz­te Frosch­kö­nig im Raum­an­zug. Okay, Lan­ger, du hast ge­won­nen.«
    »Du hast ge­won­nen«, be­ton­te ich auf­at­mend. »Se­hen wir dar­über hin­weg. Es wird Zeit. Wenn wir un­se­re ›Flucht‹ noch län­ger hin­aus­schie­ben, ver­kauft die AFC zehn Mil­lio­nen Kon­ser­ven mehr.«
    Wir wur­den von der Zen­tra­le aus an­ge­ru­fen. Die letz­te Ein­satz­be­spre­chung war auf zwei­und­zwan­zig Uhr des 9. Ju­ni 2010 fest­ge­setzt.
    Ein Wa­gen brach­te uns zu den neu­en Bun­ker­bau­ten na­he den In­sel­ber­gen. Es war ei­ne schma­le, dünn­gra­ti­ge Fels­ket­te, die im Mit­tel­punkt von ei­nem er­lo­sche­nen Vul­kan ge­krönt wur­de.
    Re­ling, die an­de­ren Ab­wehrs­chefs, et­wa drei­ßig Wis­sen­schaft­ler und die Mu­tan­tin Ki­ny wa­ren be­reits ein­ge­trof­fen. Als wir ein­tra­ten, ern­te­ten wir prü­fen­de Bli­cke.
    Han­ni­bal ge­fiel sich plötz­lich dar­in, ei­ne lau­ern­de Hal­tung ein­zu­neh­men und die An­we­sen­den an­zufei­xen. Sein Ver­hal­ten be­wies mir, daß sich der Klei­ne end­gül­tig ge­fan­gen hat­te.
    Re­ling räus­per­te sich un­an­ge­nehm be­rührt. Fo-Ti­eng schüt­tel­te fas­sungs­los den Kopf. Das woll­te für den hoch­ge­wach­se­nen Süd­chi­ne­sen et­was hei­ßen.
    Gor­ss­kij stieß ei­ni­ge rus­si­sche Flü­che aus und ver­lang­te nach ei­nem Drink. Wir mach­ten of­fen­sicht­lich Ein­druck.
    »Run­ter mit den Waf­fen«, ver­nahm ich plötz­lich ei­ne schar­fe Stim­me. Als ich mich um­dreh­te, ge­wahr­te ich Oberst Mi­ke Tor­pentouf. Er drück­te die Läu­fe der bei­den Ma­schi­nen­ka­ra­bi­ner nach un­ten.
    Die Schnell­feu­er­waf­fen ruh­ten in den Hän­den von zwei spe­zi­ell ver­ei­dig­ten Sol­da­ten des Si­cher­heits­diens­tes. Die bei­den Ser­gean­ten wa­ren weit­ge­hend in­for­miert wor­den, nicht aber über un­se­re Mas­ke­ra­de. Nun hat­ten sie uns als freie Män­ner in den Raum kom­men se­hen. Tor­pentouf klär­te sie auf.
    »Sie wir­ken!« mein­te Re­ling mit ei­nem dün­nen Lä­cheln, das mir nicht ge­fiel. In­ner­lich war er viel zu un­ru­hig, um über­haupt lä­cheln zu kön­nen. Er dach­te

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