Testobjekt Roter Adler
Befreiungsaktion. Ramon hat sich vorbildlich verhalten.«
»Deshalb habe ich ihn geschickt, Dr. Van Haetlin. Darf ich Sie ersuchen, mir die näheren Umstände Ihrer Flucht zu schildern? Ich bitte um Details.«
Ich erzählte die Story möglichst genau und anschaulich. Das stellte den Unbekannten zufrieden.
»So, die GWA verwendet ebenfalls Marsgeräte, hmm …«, überlegte er laut. »Das hätte ich wissen sollen. Wer war Ihr Verhöroffizier, Van Haetlin?«
»Brigadegeneral HC-9, ein aktiver Schatten, Sir. Er leitete die Marsoperation gegen die Hypnos.«
»Nanu? War er so freizügig in seinen Äußerungen?« staunte der Fremde.
Von nun an wurde es gefährlich. Mir war klar, daß dies bereits das erste Verhör war. Es war geschickt als harmlose Befragung getarnt.
Mir fiel überdies sein tadelloses Englisch auf. In diesem Tonfall sprachen die Schüler guter, britischer Schulen und die Absolventen der berühmten Universitäten von Oxford und Cambridge. Der Unbekannte mußte dort studiert haben. Wahrscheinlich war er Brite.
»Sie erraten es, Sir«, bestätigte ich. »Sehr freizügig sogar. Er erklärte mir unverblühmt, einem bereits toten Mann könne man mit Gelassenheit selbst bedeutsame Staatsgeheimnisse anvertrauen.«
»Nicht übel kalkuliert«, lachte der achte Mann leise. »Und Sie, Professor Peroni, von wem wurden Sie speziell befragt?«
»Der Wicht nannte sich MA-23«, erwiderte Hannibal. »Ein dürrer Zwerg, kleiner als ich. Er stand im Range eines Majors, glaube ich. Es hat mich nicht interessiert. Er erzählte Lügengeschichten und wollte mich zu Aussagen verleiten, die ihn verdammt wenig angingen. Ich habe ihn abblitzen lassen.«
Der Fremde lachte erneut. Echter konnte Hannibal die burschikose, oftmals derbe Redeweise des echten Peroni nicht nachahmen.
»Typisch für Sie, Professor. Gut, ich werde Sie empfangen, sobald Sie sich erfrischt haben.«
»Gegessen haben!« berichtigte Hannibal übermäßig laut. »Wenn Ihre Verpflegung so gut ist wie die der GWA, kann ich es hier einige Monate aushalten. Eh … na ja, ich will nichts gesagt haben. Sie scheinen hier der Chef zu sein. Wenn es nötig ist, bleibe ich für immer. Man kann sich draußen ja nicht mehr blicken lassen. Ein Rudel Vollidioten kann gefährlich werden, sobald man ihm die kleinste Chance gibt. Und das habe ich Narr leider getan. Wenn Bulmers noch lebte, würde ich ihm einige Wahrheiten sagen. Kannten Sie Bulmers?«
Wir ernteten erneut ein Lachen.
»Aber sicher, mein Bester.«
»Wer sind Sie? Darf man das wissen?«
»Ein Toter, mein Bester. Ich gehöre zu den wenigen Menschen auf dieser Welt, die sich an ihrem Nachruf erfreuen durften. Man erwies mir und meiner Asche große Ehre. Ich fand es bedauerlich, ehrenwerte Persönlichkeiten mit den sterblichen Überresten eines Suchtkranken täuschen zu müssen; aber ich sagte mir, die Existenz eines solchen Menschen könnte nicht so wichtig sein wie meine.«
Hannibal lachte ohrenbetäubend. Ich schaute ihn wütend an.
»Peroni, meine Nerven sind nicht mehr die besten. Unterlassen Sie das. Ich brauche jetzt ein Bad und ein möglichst weiches Bett. Läßt sich das einrichten, Sir? Oder können offiziell Tote die Wünsche der Lebenden nicht mehr begreifen?«
»Nochmals willkommen«, lautete die Antwort, diesmal aber ohne Lachen und sehr sachlich. »Ich nehme an, daß Sie meine Fragen als Test ansehen.«
»Sir, ich verfüge über 51,03 Neu-Orbton-Einheiten. Da ich vermute, daß Sie dies bereits wußten, ehe es die GWA per TV in die Welt hinausposaunte, wage ich zu behaupten, daß Sie die Schranke von fünfzig ebenfalls überschritten haben. Die Art Ihrer Befragung und die Genialität Ihrer
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