Testobjekt Roter Adler
plötzlich einem zerknüllten Pergamentblatt. Lachte er oder weinte er? Ich starrte ihn fast fasziniert an.
TS-19 beeilte sich, weiteren Fragen aus dem Wege zu gehen. Er ergriff die Flucht nach vorn.
»Da Sie wahrscheinlich längst meinen Bewußtseinsinhalt sondiert haben, Sir, werden Sie wissen, daß ich …«
»Unterlassen Sie diese Unterstellungen«, fuhr ich ihn an. »Sie wissen genau, daß uns solche Scherze verboten sind. Außerdem sind wir nicht daran interessiert, in die Intimsphäre eines Freundes einzudringen.«
»Entschuldigen Sie«, erklärte er sachlich. »Ich verstehe Ihre Erregung, Sir. Meiner Auffassung nach sind schon viel zu viele Leute über Ihre besonderen Fähigkeiten informiert. Wenn das eines Tages publizistisch ausgeschlachtet wird – von wem, werden wir in diesem Falle schnell genug erfahren –, erleben wir überall auf der Welt eine Art von Generalstreik gegen die GWA.«
»Es ließ sich nicht vermeiden«, winkte ich ab. »Warten wir ab. Ich – zum Donnerwetter, sind die Kerle verrückt geworden?«
Die BO-1267-OBSERVER war mit Hilfe der beiden schwenkbaren Tragflächentriebwerke und des im hinteren Teil eingebauten Hubtriebwerkes senkrecht gestartet.
Knapp hundert Meter über der Betonpiste von Livengood-Airport begann der Pilot bereits mit dem Umschwenkmanöver der beiden chemisch angetriebenen Turbinen.
Die Maschine nahm mit hoher Beschleunigung Fahrt auf. Ehe ich den angefangenen Satz vollenden konnte, begann das in der Zelle eingebaute Atomtriebwerk zu arbeiten. Die von den Chemo-Aggregaten erreichte Fahrt war hoch genug, um das typische Staustrahltriebwerk, das selbstverständlich keinerlei Ansaug- und Verdichtungsturbinen besaß und daher als »simple Konstruktion« einzustufen war, mit der Arbeit beginnen zu lassen.
Die einströmenden Luftmassen wurden im Wärmetauscher des Kernreaktor-Kreislauf-Arbeitselementes, in diesem Falle Quecksilber, so hoch erhitzt, daß sie mit einem enormen Überdruck aus der Heckdüse schossen.
Eine sofortige Steigerung der Geschwindigkeit war die Folge. Dies bedingte wiederum einen ums Vielfache ansteigenden Luftmassenstau, der von dem synchron mitlaufenden Temperaturtaster des atomaren Wärmeaustauschers registriert wurde.
Entsprechend dem berechneten Staudruck plus einströmenden Kubikmetern Frischluft fuhr sich der Mikromeiler automatisch hoch. Die Hitze im Wärmetauscher stieg. Sie wurde mit ungeheurer Schnelligkeit an die kalten Frischluftmassen abgegeben, die von den ebenfalls synchron geschalteten Auffangöffnungen rechts und links des Rumpfes eingespeist wurden.
Je größer die Trichter wurden, je höher die Fahrt anstieg, um so mehr Frischluft wurde angeboten, erhitzt und mit enormen Expansionswerten ausgestoßen.
Das war das Arbeitsprinzip eines typischen, atomaren Staustrahltriebwerks, das infolge physikalischer Gesetzmäßigkeiten auf viele bewegte Teile wie Ansaugturbine, Verdichter, zahllose Lager, Zwischengetriebe und dergleichen verzichten konnte. Die Störanfälligkeit war »vernachlässigbar minimal«.
Das Arbeitsmedium war die natürliche und unerschöpflich vorhandene Luft! Mehr brauchten wir nicht – außer der selbstverständlich notwendigen thermischen Energie, die von dem Fusionsmeiler der Scheuning-Baureihe geliefert wurde.
Bereits im Steigflug erreichten wir die zehnfache Schallgeschwindigkeit. Als der Pilot in fünfzig Kilometern Höhe auf Horizontalkurs ging, betrug unsere Reisefahrt Mach-15.
Die Henderwon-Insel, ein Pazifik-Eiland nahe dem südlichen Wendekreis, war
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