Teufel ohne Gnade Kommissar Mor
Lister war in seinem Element. Wortlos und verbissen drehte er an seinem Spezialdietrich herum. Lamelle um Lamelle hakte sich im Schloß ein.
Noch einmal überprüfte er sämtliche Scheibchen am Griff seines Universalschlüssels.
„Jetzt Nat!" murmelte er. „Jetzt ist es soweit!" Eine halbe Umdrehung seines Handgelenks. Ein leises Knacken — und die Tür stand offen.
„Mensch, Mike", hauchte Nat Fraeser anerkennend. „Du bist eine Kanone!"
„Red nicht soviel, — Go advance!"
Sie betraten das Haus und tappten auf leisen Sohlen durch einen breiten Gang.
„Mike, gib die Lampe her!" raunte Nat Fraeser leise. „Ich weiß nicht, wie es von hier aus weiter geht."
Mike Lister reichte ihm eine Stablampe, und mit Hilfe eines dünnen Lichtstrahles gelangten sie unangefochten an Belinda Craffields Etagentür. An ihr vollzog Mike Lister die gleiche Prozedur. Wieder gab es ein leichtes Knacken, und der Weg zu den Räumen der Frau war frei. Mit angehaltenem Atem lauschten sie in die Diele der Wohnung hinein. War die Gesuchte anwesend? Ein regelmäßiges Ein- und Ausatmen zeugte davon, daß irgendwo ein Mensch in tiefem und schwerelosem Schlaf lag. Woher diese Laute kamen, konnten sie noch nicht ausmachen. Kamen sie aus dem Schlafzimmer Belinda Craffields, war sie doch in der Wohnung? Oder drangen die Laute durch die Wand aus dem Nebenappartement herüber? Die beiden Gangster glaubten an das erstere. Sie sahen sich schon am Ziel. Da geschah es! Mike Lister hatte ein etwa dreißig Zentimeter langes Röhrchen an die Lippen gesetzt. Noch befand sich an beiden Enden des Röhrchens ein Verschluß, der den Inhalt, ein gräuliches Pulver, an einem vorzeitigen Entweichen hinderte. Es war ein schnellwirkendes Betäubungsmittel, das Mike Lister in den Raum des Opfers zu blasen gedachte, um so das Opfer widerstandslos zu machen, um es dann geräuschlos abtransportieren zu können.
Katzenhaft schlängelte er sich durch den Salon. Die dicken Teppiche verschluckten jeden Laut. Instinktiv fand er die richtige Tür zum Schlafzimmer. Schon wollte er sein Werk beginnen, da hörte er ein feines Schaben im Treppenhaus.
„Eh, was war das?" entfuhr es ihm.
„Da ist jemand", zischte der an der Salontür stehende Nat Fraeser zurück.
„Meinst du?" zweifelte Mike Lister noch einen Moment und lauschte mit angespannten Sinnen zur Etagentür hin.
Wieder war ein kaum vernehmbares Schleifen im Treppenhaus zu hören. Diesmal hörte es sich schon weiter entfernt an. „Nat, sieh' doch mal nach", raunte der nervös gewordene Mike Lister mit leiser Stimme.
„Well! — Blas du inzwischen das Schlafpulver durchs Schlüsselloch."
Leise und unendlich langsam drückte sich Nat Fraeser durch die Etagentür. Ein paar Sekunden blieb er am obersten Treppenabsatz stehen und versuchte mit zusammengekniffenen Augen die Finsternis zu durchbohren. — Vergebens! —
Zoll um Zoll schob er sich die Stufen hinab. Keinen Laut verursachte er dabei.
Irgendwie fühlte er die Nähe einer ständig wachsenden, drohenden Gefahr. Aber aus welcher Richtung kam diese Gefahr? Nat Fraeser hatte sich bis auf zwei Meter der zum Garten führenden Außentür genähert, als ein frischer Luftzug sein erhitztes Gesicht traf. Im Dunkelgrau des halbgeöffneten Türrahmens erschien die Gestalt eines Mannes. Geräuschlos schob sie sich über die Schwelle und zog die Tür bis auf einen kleinen Spalt hinter sich zu. ,Was nun?' dachte Nat Fraeser gehetzt.
Kann ich es riskieren, meinen Bleispucker in Tätigkeit zu setzen und diesen verfluchten Spitzel auszulöschen? — Blödsinn!' gestand er sich in Anbetracht des dadurch verursachten Lärms der Waffe ein und handelte anders. Seine Finger umspannten den kalten Stahl des Revolverlaufes. Mit diesem Schlagzeug bewaffnet huschte er ins Freie. Kaum schlug ihm der feuchte Nebel entgegen, da sah er auch schon die Gestalt des nächtlichen Schleichers vor sich. Seine Hand zuckte hoch, und da er jetzt das Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte, kam die abweh rende Reflexbewegung des Angegriffenen um Bruchteile von Sekunden zu spät.
Zwar versuchte der Mann noch wegzutauchen, aber gerade dadurch traf ihn der Schlag des Gangsters genau hinter dem rechten Ohr. Röchelnd brach er zusammen und rollte sich auf dem nassen Boden, wo er liegenblieb. Nat Fraeser wollte sich soeben die schweißnasse Stirn abwischen, als ein neuer Schreck durch seine Glieder jagte. Verstört vernahm er das Abbremsen zweier Wagen vor dem Hause. Eine Stimme gab
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