Teufel - Thriller
auf ein Bier oder einen Kaffee in den frühen Morgenstunden? Nach langer Suche war Berner endlich auf ein passendes Lokal gestoßen, als das Café Prindl in den 80erJahren zu einem Nachtcafé mutierte und Berner damit ein zweites Zuhause gefunden hatte, das ihn in den langen Nächten beherbergte und verpflegte.
So wurde es zur Tradition, späte Fälle im Prindl ausklingen zu lassen. Berner hatte das Lokal ins Herz geschlossen, weil man ihn in Ruhe ließ und ihm ohne besondere Aufforderung sein Bier zu zapfen anfing, wann immer er gerade durch die Tür kam.
Außer es war Frühstückszeit, wie jetzt.
Kommentarlos legte der Kellner die Karte auf den Tisch, stellte den Kaffee daneben und eilte schon wieder weiter.
»Volles Programm?«, fragte Berner, und Wagner nickte.
»Wer weiß, wann wir wieder Zeit zum Essen haben«, gab er zurück und beobachtete die übrigen Gäste. Wie Berner mochte auch er die Atmosphäre des Cafés, die Mischung aus Anrainern und Nachtschwärmern, dubiosen Elementen und Taxifahrern, Huren und Polizisten, jungen Müttern und alten Paaren, die bei einem Glas Wasser stundenlang Zeitung lasen. Die Einrichtung des Prindl mit seinen roten und rosa Farben und den ovalen Formen zitierte unverblümt die 50er-Jahre. Alle hier schienen das zu schätzen.
Ein Lehrling der nebenan liegenden Bäckerei brachte ein großes Backblech mit Cremeschnitten herein. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts war die heutige Backstube das stadtbekannte »Mathilden-Kino« gewesen, das jedoch die Rezession der 30er-Jahre nicht überlebt hatte.
»Und eine Cremeschnitte«, ergänzte Wagner lächelnd. Dann stieß er Berner an. »Ach, wen haben wir denn da? Schauen Sie zum Eingang, Herr Kommissar. Den Herrn kennen wir doch!«
Winkend und lächelnd wie ein Filmstar betrat Eddy Bogner das Lokal.
»Seit ihm der Bundespräsident den Orden an die breite Brust geheftet hat, hat Eddy nicht aufgehört, zu strahlen wie ein Pfingstochse«, brummte Berner. Bogner hatte im vergangenen Jahr nach der gelungenen Entschärfung von vier Senfgasgranaten-Depots den Orden für Verdienste um die Republik Österreich erhalten. Seitdem wurde sein Bekanntheitsgrad in Wien nur mehr von wenigen Prominenten übertroffen.
Der Exringer hatte Wagner und Berner bereits erspäht und rollte auf den Stammtisch zu.
»Dieser Tisch ist wegen Überfüllung geschlossen«, begrüßte ihn Berner, »ich muss mir ein neues Café suchen. Erst die Presse, jetzt die Prominenz, kein Mensch kann so in Ruhe frühstücken!«
»Erst wenn ich hier sitze, wird es voll«, gab Eddy ungerührt zurück und begrüßte augenzwinkernd Paul. Dann wandte er sich zu Berner. »Ich habe Ihren geballten Charme vermisst, Herr Kommissar. Waren Sie auf Reisen?«
»… und bin zu früh wieder nach Hause zurückgekommen«, vollendete Berner den Satz und verzog das Gesicht. »Burgi hat sich eine Bruchbude im nördlichen Weinviertel andrehen lassen und mich zu den Aufräumungsarbeiten eingeladen.«
»Dann sind allerdings ein paar Dinge dazwischengekommen, wie ich gehört und gelesen habe«, warf Eddy ein. »Zwei Tote im Kriegerdenkmal, eine Leiche im Kirchturm und als Draufgabe ein Selbstmord.«
Berner und Wagner schwelgten in ihrem ausgiebigen Frühstück und nickten deshalb nur mit vollem Mund. Sie wunderten sich schon lange nicht mehr über Eddys Netzwerk.
Bogner nippte an seinem Espresso und lehnte sich vor. »Gestern Abend ist in der Kirche von Schöngrabern ein Beichtstuhl in Brand geraten. Dummerweise war der Pfarrer noch drin. Brandbeschleuniger, wie die Untersuchungen ergaben. Jemand beförderte Hochwürden auf dem schnellsten Weg durch die Flammen in den Himmel.«
»Ein religiöser Abgang mit Stil«, warf Berner ein.
Paul legte die Gabel zur Seite und zog einen Notizblock aus der Tasche. »Wo war das genau?«, erkundigte er sich.
»Schöngrabern, nicht allzu weit von Unterretzbach entfernt«, antwortete Eddy.
»Hast du schon etwas von Georg gehört?«, erkundigte sich der Reporter, während er sich Notizen machte. »Sein Vater sucht ihn doch wegen diesem Einbruch im Museum für Völkerkunde und dem seltsamen Zettel.«
Bogner schüttelte den Kopf. »Nein, nichts Neues. Der Herr Professor ist verschollen. Auch von Valerie Goldmann hab ich schon lange keine Neuigkeiten auf meinem Anrufbeantworter gefunden. Wo treibt die sich herum?«
Wagner zuckte mit den Schultern. »Seit Wochen irgendwo auf der Welt unterwegs. Nach der Erbschaft hält es sie nie länger als ein paar Tage an
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