Teufel - Thriller
Reliquienkapelle?«
Diese dachte kurz nach. »Die Abgänge zu diesen unterirdischen Kirchen befinden sich normalerweise vor dem Altarraum.«
Georg strich mit den Fingerspitzen über den ausgehängten Grabungsplan. Genau an dieser Stelle befand sich das betonierte Fundament der Funkmessanlage.
Bei den romanischen Kirchen in Deutschland war es ganz genauso, erinnerte sich Sina an seine letzten Studienreisen. Daran mussten sich die Nazis orientiert haben, als sie den ersten Spatenstich hier oben gesetzt hatten. Sie trieben wahrscheinlich einen Schacht vom Bodenniveau der barocken Kirche in das Innere des Berges.
Das untermauert die Existenz einer verschollenen Reliquie selbst hier, musste sich Georg widerwillig eingestehen. Sowohl Joseph II. als auch die Nationalsozialisten hatten gezielt danach gesucht. Sie hatten ein unverdächtiges Bauunternehmen mit den entsprechenden Erdbewegungen für das Fundament beauftragt und so, ohne Verdacht zu erregen, den Untergrund an den vielversprechendsten Plätzen durchsucht.
Joseph II. wiederum hatte, entgegen seiner aufklärerischen Philosophie, an bestimmten Orten Kirchen gebaut. Als er nichts gefunden hatte, ließ er sie wieder alle abreißen. Die Wehrmacht baute an derselben Stelle eine Funkmessanlage und richtete ein militärisches Sperrgebiet ringsum ein. Und wenn ich es recht bedenke, durchfuhr es den Wissenschaftler eiskalt, dann machten es die Kuenringer auch nicht anders. Sie bauten in Hecimanneswisa eine Burg, vorgeblich um ihrem Geschlecht einen Namen zu geben …
Offensichtlich hatte aber keiner von ihnen gefunden, wonach er gesucht hatte. Alle waren sie unverrichteter Dinge wieder abgezogen. Mit einer energischen Handbewegung strich Sina seine Skizzen wieder durch. Worum es sich auch immer gehandelt hatte, es war schon lange nicht mehr in Niederösterreich, war längst fortgeschafft worden.
Aber wohin?
Diese Suche glich jener nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen. Europa war groß, Joseph II. und vielleicht sogar die Nazis waren gescheitert. Aber – und bei dem Gedanken erschien ein zufriedenes Lächeln auf seinem Gesicht – er hatte, worauf alle anderen vor ihm nicht zurückgreifen konnten: den Rebus des Zwerges mit dem Sternenweg. Und sobald er herausgefunden hatte, wer in Kühnring für die Zwietracht verantwortlich gewesen war, dann würde es auch klar sein, von wem die Reliquie stammte, die man vor fast tausend Jahren versteckt und seitdem vergeblich gesucht hatte. Jauerlings Weg der Erkenntnis würde ihn direkt dahin führen, wo die Reliquie vor Hunderten von Jahren verschwunden war, davon war Georg überzeugt.
Er steckte seinen Collegeblock wieder ein und schaute sich nach Barbara um. Diese Gedanken waren nichts für sie, davon war Georg überzeugt.
Tschak stellte plötzlich die Nackenhaare auf und knurrte.
»Was ist nun schon wieder?« Sina schaute verwundert auf den kleinen Hund hinunter, der die Zähne fletschte. Im gleichen Moment zupfte Barbara Georg am Ärmel und wies mit weit aufgerissenen Augen hinter ihn.
Georg fuhr herum. Zwei große Rottweiler standen in einiger Entfernung und schauten unverwandt zu ihnen herüber.
»Ach, du Scheiße!«, entfuhr es Sina. Tschak begann laut zu bellen und zerrte an der Leine. Die beiden Kampfhunde senkten ihre Köpfe und legten die Ohren an.
Georg ging langsam in die Knie und ließ die beiden Rottweiler nicht aus den Augen. Dann hielt er Tschak das Maul zu. »Ruhig, ganz ruhig. Das sind die großen Jungs, die fressen dich zum Frühstück«, flüsterte er.
Die Hunde standen unbeweglich. Niemand war zu sehen.
»Wem gehören die verdammten Viecher?«, fluchte Sina leise und sah sich nach möglichen Besitzern um.
»Vielleicht wildernde Hunde«, murmelte Barbara, die sich nicht zu bewegen traute. »Sie tragen jedenfalls kein Halsband.«
Tschak wollte sich nicht beruhigen. Er bellte und knurrte die beiden Rottweiler an. Da geschah es: Noch bevor Georg reagieren konnte, sprangen die Kampfhunde los.
»Lauf!«, schrie Barbara und stürmte in Richtung Kapelle. Aber Georg brauchte keine Aufforderung. Er war bereits unterwegs.
Die beiden Hunde teilten sich auf. Einer folgte Georg, der andere Barbara. Der Sprint war ungleich und rasch zu Ende. Doch kurz bevor der Kampfhund die Nonne erreichte, blieb sie stehen, riss aus ihrer Handtasche eine kleine Spraydose heraus. Die Ladung Pfefferspray traf den Hund unvorbereitet. Winselnd ging er zu Boden und begann hektisch Schnauze und Augen im feuchten Gras zu
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