Teufel - Thriller
den Arm.
Der Mönch starrte ungläubig von der Visitenkarte auf den eleganten Herrn vor ihm und nickte schließlich hilfsbereit. »Ich werde Signore Raffaelli mitteilen, dass Sie da sind«, erklärte er, öffnete die Tür und machte eine einladende Armbewegung. »Wenn Sie so lange hier warten wollen, ich gebe ihm Bescheid. Ich fürchte jedoch, Sie kommen zu spät, Monsieur. Es waren heute am frühen Morgen schon ein paar Herren wegen des Mosaiks da. Sie sind gerade erst gegangen.«
»Danke vielmals«, erwiderte Ferrand und betrat den Vorraum des Hauses. »Wir werden ja sehen, ob mir das Glück nicht doch noch gewogen ist.« Er hatte sich also nicht geirrt. Es hatte sich schneller als erwartet herumgesprochen, dass Raffaellis Werk zum Verkauf stand.
Der Mönch versperrte umständlich die Pforte wieder und befestigte den klirrenden Schlüsselbund an seinem Gürtel. Mit einer kurzen Verbeugung entfernte er sich.
Der Abbé wartete, bis der Dominikaner verschwunden war, dann holte er eine kurzläufige Pistole aus seiner Innentasche. Der Franzose kontrollierte umsichtig Lauf und Mechanik, klappte den Blockverschluss der neuartigen Waffe hinauf und schaute nach, ob auch wirklich eine Metallpatrone im Lauf steckte. Dann verstaute er die Waffe wieder in seinem Rock. »Colonel Pauly, mit dieser Erfindung haben Sie der Welt keinen Dienst erwiesen… Sie machen es den Menschen fortan zu leicht, sich gegenseitig über den Haufen zu schießen«, murmelte Ferrand und fügte düster hinzu: »Was mich betrifft, so haben Sie mir das Leben keineswegs erleichtert. Ich hoffe, ich brauche dieses Teufelsding nicht.« Verstohlen zählte er die Patronen in seiner Jackentasche, um auf Nummer sicher zu gehen, falls die Männer überraschend zurückkämen.
Der Jesuit setzte ein unverbindliches Lächeln auf, als er Schritte im Gang hörte, die immer näher kamen. Ein rundlicher Mann um die sechzig eilte mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. Er hatte eine hohe Stirn und lange dünne Haarsträhnen, die ein aufgedunsenes, ovales Gesicht umrahmten. Dunkle Pupillen über dicken Tränensäcken glänzten wie in einem Fieberanfall.
»Signore Lecomtes, ich bin ja so untröstlich«, schmetterte Raffaelli aus voller Brust. Seine Stimme war ein satter Tenor. »Ich hatte Sie ganz vergessen, und nun ist mein Mosaik bereits verkauft.«
Ferrand war von der Nachricht und dem theatralischen Auftritt peinlich berührt. »Vor wenigen Tagen aber habt Ihr mir doch noch mitgeteilt, wie sehr Euch mein Angebot gefreut hat. Wie notwendig Ihr es hättet, Eure Kopie des Letzten Abendmahls verkaufen zu müssen.«
Raffaelli verzog leidend das Gesicht.
»War es nicht die Geldnot, die Euch zu dem Verkauf drängte?«, stieß Ferrand nach. »Habt Ihr mich nicht als Eure letzte Hoffnung bezeichnet, nun, da Euer Auftraggeber Napoleon in die Verbannung nach Elba geschickt wurde und niemand mehr das Cenacolo aus seinem Besitz haben wollte?« Ferrand musterte sein Gegenüber abschätzig von oben bis unten.
Raffaelli war der forschende Blick keineswegs unangenehm. Er lachte laut. »Ach, mein Freund, es war nur leider so, dass mir ein besseres Angebot gemacht wurde. Eines, das ich nicht ausschlagen konnte und wollte.«
»Von wem?«, erkundigte sich Ferrand distanziert.
»Von jemandem, der mich und meine Arbeit wirklich zu schätzen weiß.« Der Italiener rieb sich selbstzufrieden die Hände. »Er bezahlt mich fürstlich, und man schlägt ihm besser nichts ab. Seid nicht böse, werter Freund, aber seine Summe lässt Euer Angebot recht bescheiden wirken.«
»Mag sein«, erwiderte Ferrand ruhig. »Dann verratet mir doch, wer der glückliche neue Besitzer ist und wie viel er Euch dafür bezahlen wird.« Er wollte wissen, ob sein Verdacht berechtigt war. Kaiser Franz von Österreich interessierte sich für das Geheimnis, das hatte der Orden bereits befürchtet.
»Der Käufer möchte vorerst nicht genannt werden, Signore Lecomtes«, wich der Künstler aus. Mit funkelnden Augen begann er zu deklamieren: »Ich bin Giacomo Raffaelli! Ein gefeierter Mosaikkünstler, der Miniaturmosaike auf Juwelen eingeführt hat. Mich hat Napoleon für diese Arbeit ausgewählt! Acht Jahre lang habe ich an diesem meinem Opus magnum gearbeitet. Ich kenne meinen Preis!«
Wozu dieser Ausbruch? Hatte er Publikum? Unweigerlich sah sich Ferrand um, konnte aber niemanden entdecken. Mögliche Zeugen verkomplizierten die Lage unnötig, sagte sich der Abbé, entschlossen, den Künstler aus dem Kloster auf
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