Teufel - Thriller
Jesus auferstanden war.«
Georgs Blick wurde von einem rot gefassten Kapitell gebannt. Es zeigte eine Teufelsfratze, aus deren Mund zwei Schlangen als Zungen krochen. »Der spricht mit gespaltener Zunge…«, murmelte Sina und fuhr sich über den Bart.
»Ja, so könnte man sagen.« Scheugert hatte sich neben den Wissenschaftler gestellt. »Der Teufel ist hier unten als Verbreiter von Irrlehren dargestellt. Aber die Macht Gottes hält ihn im Zaum.«
Das habe ich so, oder so ähnlich, auch schon in Schöngrabern gesehen, schloss Georg und fuhr langsam mit den Fingerspitzen über das aufgerissene Maul des Satans, aus dem sich die Schlangen wanden.
»Wahrscheinlich, um falschen Lehrmeinungen das Fundament zu entziehen, schenkte der Papst der kaiserlichen Familie ein Buch der vier Evangelien. Vielleicht auch, um den orthodoxen Glauben Theophanus und ihren Einfluss auf den jungen Kaiser einzudämmen«, erzählte die Fremdenführerin. »Zum Osterfest im Jahr 1000 jedenfalls wurde das Otto-Adelheid-Evangeliar, so heißt das Werk, vermutlich zum ersten Mal benutzt. Wahrscheinlich sogar von Otto III., dem Sohn Theophanus. Dieses Evangeliar ist endlich, nach seiner unglaublichen Odyssee in den 40er-Jahren von Texas über ganz Europa, wieder in den Domschatz von Quedlinburg heimgekehrt. Es ist ein überaus kostbares Buch, denn die lateinische Handschrift wurde mit einem goldenen Einband versehen. Darauf sind vier Elfenbeinschnitzereien: Jesu Geburt, Taufe, Kreuzigung und Kreuzabnahme.«
»Keine Auferstehung?«, fragte Barbara.
»Nein. Keine Auferstehung.« Scheugert schüttelte den Kopf.
»Was ist das hier hinten? Dieses Loch?« Buchegger stand am Rande einer halbrunden Vertiefung im Boden hinter dem Grab Heinrichs I. In die Rückwände des ehemaligen Kapellenraumes, jetzt ohne Decke, waren zwölf Nischen eingelassen. Zwölf Sitzgelegenheiten, reich mit Stuck und Gips verziert.
»Das ist die ehemalige Confessio.« Die Museumsbedienstete stellte sich an den Rand gegenüber und deutete mit dem Finger nach unten. »Dies war zur Zeit der Ottonen das kultische Herz des Damenstiftes. Hier war der Reliquienschrein aufgestellt.«
»Confessio bedeutet so viel wie › ich bekenne ‹ «, sagte Sina. »Was bekannte man hier? Seinen Glauben?«
»Ohne Zweifel.« Scheugert ging in die Hocke. »In der Mitte, so nimmt man an, war einmal ein Pfeiler, der das Gewölbe getragen hat. Die drei Nischen vorne werden links von Königin Mathilde, der Frau Heinrichs, von ihm selbst in der Mitte und rechts von ihrer Enkelin Mathilde I., Äbtissin des Damenstiftes, quasi verschlossen. Das heißt, von ihren Sarkophagen, die exakt in die Nischen passen.«
»Ein Sitzplatz auf Lebenszeit sozusagen«, murmelte der Wissenschaftler. »Somit haben wir unter den beiden Gittern hier vorne in der Mitte Heinrich, daneben seine Frau und seine Enkelin. Richtig?«
»Die Gitter über der Grablege hat Himmler anbringen lassen. Die Grüfte waren früher mit Steinplatten verschlossen.« Scheugert zeigte auf etwas, das aussah wie eine zu niedrige Parkbank aus Stein. »Von Heinrichs ursprünglichem Sarkophag sind nur mehr diese Bruchstücke erhalten. Himmler hat ihm einen neuen machen lassen. Er ist oben in der Ausstellung zu sehen.«
»Nur gefunden hat er den König nicht, wie ich hörte.« Georg betrachtete ein wenig skeptisch die Reste des steinernen Sarges. »Der Körper Heinrichs gilt seit dem 18. Jahrhundert als verschollen.«
»Nicht ganz, Professor.« Regina Scheugert trat näher an ihn heran. »Es ist nicht viel bekannt darüber, aber angeblich hat der Leiter der Ausgrabungen, Hermann Wäscher, 1937 seinen Assistenten anvertraut, er habe Heinrich gefunden. Zumindest fand er einen Schädel mit Hasenfellkappe, den er in den fraglichen Zeitraum datierte. Dann versteckte er diesen Fund hier irgendwo in der Krypta, damit er Himmler nicht in die Finger fiel.« Sie deutete mit gestrecktem Arm über die Krypta. »Keiner seiner Assistenten hat diesen Toten mit der Hasenfellkappe jemals wieder gesucht, und das, obwohl in Wäschers Tagebüchern klare Hinweise enthalten sein sollen, wo er den Toten versteckt hat. Aber da Himmler keinen Rückschlag vertragen konnte, legte er einfach ein anderes, mittelalterliches Skelett in den neuen Sarkophag für Heinrich I. und behauptete, es sei tatsächlich Heinrich.«
»Vielleicht den Toten aus dem Kopfnischengrab?«, mutmaßte Barbara.
»Möglich«, brummte Sina. »Was hat Wäscher hier unten sonst noch gefunden?«
»Einen
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