Teufel - Thriller
geheimen Raum, drei Meter tief und circa 1,50 Meter breit. Direkt aus dem Fels gehauen und genau unter dem Sarkophag Heinrichs.« Scheugert zeigte auf die Gruft des deutschen Königs.
»Warum wird diese Kammer nirgends erwähnt?« Sina stemmte die Fäuste in die Hüften und schaute Regina ungläubig an.
»Das ist auch der Grund für die Leiter«, lächelte Scheugert. »Sehen Sie doch einfach selbst nach!« Sie packte einen Griff des geschmiedeten Gitters und zog es mit einem heftigen Ruck auf. Dann stellte sie vorsichtig die Füße der Aluleiter auf die Bruchstücke des königlichen Sarkophags und lud Sina mit einer Handbewegung ein, nach unten zu steigen.
Ein feuchter und modriger Geruch schlug dem Wissenschaftler entgegen. In den Ritzen und Ecken sah er dunkle, dicke Spinnen in ihre Wohnröhren flüchten. Ihre dichten Gespinste hafteten an allem, an den Sarkophagen, an den Wänden und auf dem Boden. In der Kammer war an aufrechtes Stehen nicht einmal zu denken. Sina musste in die Knie gehen und sich vornüberbeugen, um sich nicht den Kopf zu stoßen und in dem engen Raum voranzukommen. Er konnte sich nur mit Mühe bewegen.
Direkt vor seinem Kopf stand der verwitterte Metallsarg der Äbtissin in einer Nische. Erinnerungen an die Gruft unter dem Rennweg, an das Skelett Jauerlings stiegen in ihm auf, an hinterlistige Sporen und tödliche Atemwegserkrankungen. Doch diese einmalige Gelegenheit, in König Heinrichs Grab zu klettern, die konnte er sich keinesfalls entgehen lassen.
Der Boden war nicht aus Fels, wie es der Wissenschaftler erwartet hätte. Georg ging in die Knie und berührte die Holzbalken mit der flachen Hand. »Holz!«, rief er nach oben. »Der Boden ist aus Holz!«
»Darunter ist die Kammer, von der ich gesprochen habe. Sehen Sie nach!«, forderte Regina und trat näher an das offene Gitter, um Sina eine Taschenlampe zu reichen.
Georg versuchte, einen Blick nach unten durch eine der breiteren Ritzen zu erlangen. Aber statt in den steinernen Raum schaute er einer Spinne in die Augen. Beim Zurückzucken schlug er sich um ein Haar den Schädel an. Er leuchtete mit der Lampe zwischen den Bohlen durch, als Barbara eine kleine Digitalkamera aus ihrer Bauchtasche zog und sie ebenfalls nach unten reichte.
Optik und Blitz dicht über einem Spalt zwischen den Bohlen, drückte Georg den Auslöser. Gespannt wartete er auf das Bild am Display. Tatsächlich, unter ihm war eine rechteckige Kammer. Mit jedem Foto gab die verborgene Kammer ein weiteres ihrer Geheimnisse preis.
»Da unten gibt es eine Aussparung«, beschrieb Sina den Frauen, was er erkennen konnte. »Von Norden nach Süden, groß genug, um einen Sarg hineinzustellen. Und an der Westwand des Schachtes ist ein Brett oder so etwas. Sieht in meinen Augen aus wie eine ziemlich verwitterte Sitzbank. Gerade so, als ob man sich an den Sarkophag gesetzt hätte, um da unten im Felsen stille Andacht zu halten.«
Barbara fuhr ein eiskalter Schauer über den Rücken. Hatten Heinrich und seine Nachkommen etwa dort, in der Felsengruft, wirklich am Grab des Herrn gebetet? War es wahr, was der Zwerg behauptete? Sie fuhr herum und starrte in die Confessio hinunter. Der Corpus Christi hier, bewacht von zwölf Jungfrauen? Eine wiederkehrende Reminiszenz an die Frauen, die das leere Grab gefunden hatten? Die heilige Ursula von Köln, gestorben mit elf Jungfrauen, aus denen die Legende elftausend gemacht hatte… Und auch in ihrer Kirche ein Krug von Kana …
Die Nonne biss sich auf die Lippen. Sie wollte nicht mehr weiter denken und doch …
Hatten die drei Marien Petrus am Ostermorgen angelogen, den Leichnam wirklich in der Nacht fortgeschafft, wie Pilatus es befürchtet hatte? Diese drei waren es auch gewesen, die den Toten gewaschen und balsamiert, ihn zur letzten Ruhe gebettet hatten. Sie kannten das Grab. Und die römischen Wachen waren eingeschlafen, berichtete die Heilige Schrift …
»O Gott«, entfuhr es Buchegger und sie schlug beide Hände vors Gesicht. Der Boden unter ihren Füßen schien zu schwanken. Mit zittrigen Fingern tastete sie nach einer Säule und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.
»Eines ist klar«, freute sich Sina, als er wieder aus der Gruft kletterte. »Was auch immer da unten aufbewahrt wurde, es war so wertvoll, dass es Heinrich mit seinem eigenen Körper beschützte. Fast ist man versucht zu denken, der alte Spruch › Nur über meine Leiche ‹ käme von hier.«
Er wischte sich die Spinnweben aus dem Haar und streichelte
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