Teufel - Thriller
wir beginnen, Major Goldmann? Nachdem Kommissar Berner die Meute von Pro Deo auf seine Spur gelockt hat…«
»Nur kein schlechtes Gewissen deswegen«, erwiderte Valerie, »Bernhard weiß schon, was er tut.« Sie holte die Tasche hervor, stellte sie auf den Schreibtisch und zog den Reißverschluss auf.
»Das hoffe ich für ihn«, murmelte Bertucci. »Nach dem nächtlichen Gespräch mit Oded Shapiro ist mir klar geworden, dass es Pro Deo um den verschwundenen Teil des Vatikanischen Geheimarchivs geht.« Der Advocatus Diaboli stand auf und ging nachdenklich zum Fenster. »Drei Menschen sind gestorben für ein Geheimnis, das vor zweihundert Jahren bei einer Flussüberquerung abhandenkam. Was die Informationen betrifft, haben wir mit dem Geheimdienst aufgeschlossen. Trotzdem sind wir noch keinen Schritt weiter. Wir haben drei Namen, die Pro Deo auch hat, woher auch immer. Wir wissen nichts über den Inhalt, über die Geschichte des Archivs nach jenem Überfall am Taro, nichts über seinen Verbleib.«
»Wir wissen auch nicht, für wen Pro Deo das Archiv sicherstellen soll«, meinte Valerie leise, die in der Tasche kramte. »Und Weinstein bringe ich bei nächster Gelegenheit um«, fügte sie murmelnd hinzu, »er konnte so gut wie gar nichts besorgen. Dieser Mann ist ein diplomatischer Blindgänger.«
»Wo sich das Archiv derzeit befindet, das soll der Geheimdienst in Österreich herausfinden«, meinte Bertucci unbeeindruckt, während er den Park vor dem Fenster der Botschaft betrachtete, in dem die ersten gelben Rosenknospen leuchteten. »Deswegen ist Caesarea da, die Einsatzgruppe. Aber die Folter des armen Priesters in Unterretzbach scheint sie auch keinen Schritt weitergebracht zu haben.«
Valerie machte die Sporttasche frustriert wieder zu. »Ich bin Ihrer Meinung, Eminenz, dass wir neben Pro Deo an der Startlinie zum letzten Rennen stehen. Jetzt wird es darauf ankommen, wer den besseren Parcours erwischt, die besten Berater hat und am Schluss die wenigsten Skrupel.«
»Dann haben wir schon verloren«, lächelte Bertucci dünn.
»Abwarten!«, gab Goldmann zurück und schob den Advocatus Diaboli sanft auf den Gang. »Im Ernstfall wenden wir uns an Ihren zweiten Chef.«
Universität Wien, Wien-Innere Stadt/Österreich
P rofessor DDr. Wilhelm Meitner, Leiter des Instituts für Geschichte an der Universität Wien und von seinen Studenten respektvoll »Wilhelm der Streitbare« genannt, war verzweifelt. Die Zahl der Prüfungen in diesem Jahr war sprungartig angestiegen, dafür war der Lehrkörper nach einer rapiden Diät, bedingt durch wissenschaftliche Forschungen und Auslandseinsätze, ausgedünnt. So hatte man zwei Termine auf einen Samstag legen müssen, was Meitner von vornherein als Anschlag auf sein geheiligtes Wochenende betrachtet hatte. Und dann noch diese ignorante, hilflose und unvorbereitete Doktorandin, die ihm den letzten Nerv raubte!
»Frau Kollegin!«, schnaubte er. »Um mich auf Ihr Niveau zu begeben, müsste ich mich flach auf den Boden legen. Was Ihnen fehlt, ist elementares Basiswissen, nicht der Streusel auf dem geschichtlichen Kuchen. Mir stellt sich die Frage, was Sie in den letzten Monaten an diesem Institut getan haben?«
Meitner drehte sich frustriert um und stürmte unter den mild erstaunten Blicken der Mitglieder des Kollegiums aus dem Prüfungszimmer. Der laute Knall der zufallenden Tür war Balsam für seine angegriffene Moral.
»Professor Meitner?« Eine Stimme ließ den Historiker herumfahren. Er wollte zu einem »Wer sagt das?« ansetzen, da erkannte er Valerie, und seine Laune besserte sich schlagartig.
»Ah, endlich ein Lichtblick in meinem düsteren Universitätsalltag«, lächelte er. »Was führt Sie in die manchmal gar nicht so erlauchten Hallen der Wissenschaft, Frau Goldmann?«
Meitner und Valerie hatten sich im vergangenen Jahr beim Empfang des Bundespräsidenten anlässlich der Ordensverleihung an Eddy Bogner in der Hofburg kennengelernt. Nachdem sie das Erbe ihres Großvaters angetreten hatte, war Goldmann fest entschlossen gewesen, einige wissenschaftliche Projekte zu unterstützen. Darunter hatten sich auch zwei befunden, an denen Meitner federführend beteiligt war.
»Ein Archiv, drei Namen und eine Blutspur durch halb Europa«, antwortete Valerie leise. »Darf ich vorstellen? Kardinal Paolo Bertucci aus Rom, Professor Wilhelm Meitner.«
»Dann kommen Sie besser in mein Büro«, meinte der Institutsvorstand, nachdem er Bertucci begrüßt hatte. »Und es wäre
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