Teufel - Thriller
schaute heraus. Das Gesicht des Messerschmiedes war knallrot.
»Was ist denn hier los?«, lachte Sina und sprang aus dem Sattel. Benjamin erinnerte ihn an einen Schokomuffin mit einer Piemontkirsche als Verzierung. Dann erst bemerkte Sina die abgeschnittenen grauen Haare, die überall um den Freund herum auf dem Boden lagen.
»Siehst du das nicht?«, fragte Benjamin. »Der alte Bock wird geschoren.«
»Schneidet die Post jetzt auch die Haare ihrer Stammkunden?«, gluckste Georg angesichts des gequälten Ausdrucks des alten Einsiedlers.
»Post! Wenn es nur so wäre!«, knurrte der Messerschmied. »Warte nur, bis dir die übereifrige Schäferin auch auf den Pelz rückt.«
Der Wissenschaftler fuhr sich demonstrativ über seine Kurzhaarfrisur. »Tja, da ist jetzt nicht mehr viel übrig, das man zu Wolle spinnen könnte. Schade eigentlich, denn gegen ein kleines Schäferspiel mit einer lieblichen Hirtin hätte ich jetzt gar nichts einzuwenden.«
»Pah!«, rief Benjamin aus. »Die Hirtin ist weder lieblich noch für ein amouröses Abenteuer zu haben, glaube mir.« Der Schmied streckte seine Rechte unter dem Plastikumhang hervor und schüttelte Georg die Hand. »Du weißt ja gar nicht, was ich leide!« Der Messerschmied schielte zur Tür hinüber, beugte sich zu Georg und flüsterte: »Wenn du gekommen bist, um meinen Selbstgebrannten zu kosten, vergiss es einfach. Sie wird es mir nicht erlauben…«
Aus dem Haus wurden Schritte hörbar, Benjamin zuckte leicht zusammen und sagte dann lauter: »Also, alter Raubritter, was führt dich her? Den Zehent zahle ich dir nicht. Die Zeiten sind vorbei!«
»Das ist Revolution!«, stieg Georg auf den Scherz ein und lugte dabei verstohlen zur Tür hinüber, wo er das Erscheinen einer leibhaftigen Furie erwartete. »Sitzt auf meinem Land, an meinem Bach, stiehlt meine Fische und will nicht zahlen! Dir werde ich geben!«
Anstelle der erwarteten rundlichen Alten im Arbeitskittel trat in diesem Moment eine junge Frau in T-Shirt und kurzer Hose aus dem Haus. Sie fingerte mit zusammengekniffenen Augen an einem Haarschneider herum.
Sina zog die Brauen nach oben und warf dem Einsiedler einen anerkennenden Blick zu. Aber der Schmied schüttelte nur energisch den Kopf.
»Deine Haare sind die reinsten Borsten, Onkel Benjamin!«, sagte die Frau, ohne aufzublicken. »Der ganze Scherkopf war verklemmt. Zum Glück sind wir fast fertig.« Sie wollte sich wieder ans Werk machen, da sah sie Georg, erschrak und machte sofort kehrt. Während sie davonhuschte, rief sie vorwurfsvoll: »Onkel Benjamin! Warum hast du mich nicht gewarnt, dass Besuch da ist? Da muss ich mir doch etwas überziehen!«
Georg schaute verständnislos zu seinem Freund. »Etwas überziehen? Wieso, um Gottes willen? Wir sind ja nicht in der Kärntner Straße.«
Benjamin verdrehte die Augen. »Ach, du hast ja keine Ahnung…«, meinte er. »Das war… ist… meine Nichte Barbara, die jüngste Tochter meines Bruders. Sie bemuttert mich jetzt schon seit Wochen. Sie hat es sich nicht ausreden lassen, hierherzukommen und mir nach meinem Schlaganfall etwas unter die Arme zu greifen.«
»Du hattest einen Schlaganfall?« Georg sah Benjamin überrascht an. »Wann denn? Und warum hast du mir nichts gesagt? Du hättest mich jederzeit anrufen können!«
»Ach was, du kommst mir vor wie mein Arzt, jetzt mach nicht so ein Theater wegen der Kleinigkeit, ich bin ja noch da«, ärgerte sich der Messerschmied. »Du hast Besseres zu tun, als einem alten Waldschrat das Händchen zu halten.«
»Kleinigkeit, dass ich nicht lache!«, ertönte plötzlich eine energische Stimme von der Haustür her. Barbara war wieder zurück, und Georg traute seinen Augen kaum. Sie trug die klassische schwarz-weiße Ordenstracht einer Nonne.
Benjamin warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu. »Ich wollte es dir ja sagen, aber…«
»Was wolltest du ihm ja sagen, Onkel Benjamin? Dass dein Schlaganfall keine Kleinigkeit war?« Sie trat zu dem noch immer sprachlosen Sina und streckte ihm ihre Hand entgegen. »Der alte Sturkopf ist fast vier Wochen im Spital gelegen. Er konnte nur klare Süppchen und Früchtetee aus Schnabeltassen zu sich nehmen. Und da hätte ich nicht herkommen sollen?« Sie funkelte den Besuch an und lächelte zugleich. »Mein Name ist Barbara Buchegger, und wenn mich nicht alles täuscht, dann sind Sie Professor Sina, von dem mein Onkel mir schon so viel erzählt hat.«
»Sina genügt, danke«, sagte Georg, nachdem er sich von seiner
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