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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Schlacht ist verloren. Ta-ta-ta!« trompeteten seine Lippen das Schlußsignal.
    Todesmut flutete ihm ins Herz. Sich festklammernd und balancierend, erklomm er das Geländer, schwankte, richtete sich dann zu voller Größe auf und schrie:
    »Lieber Tod als Schande!«
    Die Verfolger waren nur noch zwei Schritte entfernt. Schon sah Korotkow ausgestreckte Hände, schon schlug eine Flamme aus Unterhosers Mund. Der besonnte Abgrund lockte Korotkow so stark, daß ihm der Atem knapp wurde. Mit gellendem Siegesschrei sprang er in die Höhe. Sofort war ihm die Luft abgeschnitten. Undeutlich, sehr undeutlich, sah er etwas Graues mit schwarzen Löchern wie nach einer Explosion an sich vorbei aufwärts rasen. Dann sah er sehr deutlich das Graue hinunterfallen, er selbst aber sauste aufwärts in dem schmalen Spalt der Gasse, die nun über ihm war. Dann barst die blutige Sonne krachend in seinem Kopf, und er sah nichts mehr.
     
    1924

Die Abenteuer Tschitschikows

Poem in 10 Punkten mit Prolog und Epilog
    »Halt, halt, du Rindvieh!« schrie Tschitschikow und meinte Selifan.
    »Ich zieh dir eins mit meiner Plempe über!« schrie ein berittener Feldjäger, der ihnen im Galopp entgegenkam, ein Kerl mit ellenlangem Schnauzbart. »Mach die Augen auf, verf luchter Satansbraten — das ist ein kaiserlicher Wagen!«

Prolog
    Wunderlicher Traum. Im Reich der Schatten, über dessen Eingang ein Ewiges Lämpchen mit der Aufschrift »Tote Seelen« blinkt, hat ein ausgelassener Satan die Türen geöffnet. Das Totenreich gerät in Bewegung, eine endlose Reihe zieht heraus.
    Manilow im Schafpelz, auf großen Bären, Nosdrjow in einer fremden Equipage, Dershimorda auf einem Feuerwehrschlauch, Selifan, Petruschka, Fetinja …
    Und als letzter kommt er, Pawel Iwanowitsch Tschitschikow, in seiner berühmten Chaise.
    Und die ganze Schar bewegt sich gen Sowjetrußland, wo sich nun erstaunliche Begebenheiten zutragen. Was für welche, dazu folgen nun die Punkte …
     
    1 Nachdem Tschitschikow in Moskau aus seiner Chaise in ein Automobil umgestiegen war, sauste er durch die Moskauer Straßenklüfte und schmähte Gogol mit fürchterlichen Flüchen:
    »Unter beiden Augen sollen dem Satanskerl Beulen wachsen, so groß wie Heuschober! Hat der mir doch die Reputation dermaßen verdreckt und versaut, daß ich meine Nase nirgendwo mehr zeigen kann. Wenn jetzt rauskommt, daß ich Tschitschikow bin, feuern sie mich natürlich im Nu zu des Satans Großmutter! Und wenn sie mich bloß rausschmeißen, kann ich von Glück reden, verhüte Gott, daß ich in die Lubjanka zu sitzen komm. Alles Gogols Schuld, da soll doch ihm und seiner ganzen Sippe …«
    Unter solcherlei Betrachtungen fuhr er in das Tor desselben Gasthauses, aus dem er hundert Jahre zuvor abgereist war.
    Hier war entschieden alles wie früher: Aus den Ritzen lugten Schaben, und es schienen ihrer noch mehr geworden, doch es gab auch ein paar kleine Veränderungen. So hing zum Beispiel statt des Schildes »Gasthaus« ein Plakat mit der Aufschrift »Wohnheim Nr. soundso«, und selbstverständlich war da so viel Dreck und Müll, daß selbst Gogol sich das nicht hätte vorstellen können.
    »Ein Zimmer!«
    »Bitte die Einweisung!«
    Der geniale Tschitschikow verlor keinen Moment die Fassung.
    »Den Verwalter!«
    Ei potz! Der Verwalter war ein alter Bekannter: der Onkel Lyssy Pimen, der früher die »Akulka« betrieben hatte und jetzt in der Twerskaja ein Café auf russischer Grundlage mit deutschen Ideen unterhielt: mit Nischen, Säften und natürlich Prostituierten. Gast und Verwalter wechselten den Begrüßungskuß und tuschelten, und schon war die Sache auch ohne Einweisung in Butter.
    Tschitschikow verspeiste, was Gott bescherte, und sauste los, um sich auf einem Posten zu etablieren.
     
    2 Er suchte alle Welt auf und bezauberte jedermann mit seiner ein wenig seitlichen Verbeugung sowie mit seiner enormen Belesenheit, durch die er sich schon immer ausgezeichnet hatte.
    »Füllen Sie den Fragebogen aus!«
    Sie gaben ihm das Formular, fast einen Meter lang, darin wimmelte es von heimtückischen Fragen: woher, wo gewesen, warum?
    Tschitschikow saß keine fünf Minuten darüber, dann hatte er alles ausgefüllt. Nur seine Hand zitterte ein wenig, als er den Bogen abgab.
    So, dachte er, jetzt werden sie ihn lesen und sehen, was ich für ein Schatz bin, und dann …
    Aber es passierte rein gar nichts.
    Erstens las den Fragebogen kein Mensch, zweitens geriet er einem Fräulein in die Hände, einer

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