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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Registratorin, und die verfuhr mit ihm wie üblich: buchte ihn statt in die Eingänge in die Ausgänge und verkramte ihn dann sogleich irgendwo, so daß er spurlos verschwand.
    Tschitschikow grinste und begann sein Angestelltendasein.
     
    3 Von nun an ging es immer leichter. Tschitschikow sah sich zunächst mal um und entdeckte, überall, wo man auch hinspuckte, saß ein Bekannter. Er sauste in eine Behörde, wo Lebensmittelrationen ausgegeben werden sollten, und hörte:
    »Ich kenne euch Halunken: Ihr nehmt eine lebendige Katze und zieht sie ab und gebt sie frech als Ration aus! Ich will eine Hammellende mit Grütze. Die Froschschenkel, die ihr hier als Ration verteilt, die nehm ich nicht in den Mund, und wenn ihr sie mit Zuckerguß serviert, und eure verfaulten Heringe schon gar nicht!«
    Tschitschikow schaute hin – Sobakewitsch.
    Der war, kaum angekommen, als erstes eine Ration fordern gegangen. Und hatte sie gekriegt! Aß sie auf und verlangte Nachschlag. Kriegte. Zuwenig! Da kriegte er noch einen; er war ein einfacher Mann – sie gaben ihm Stoßarbeiterration. Zuwenig! Da gaben sie ihm eine Ration, die anderweitig reserviert war. Er verschlang sie und verlangte noch mehr. Und schlug Krach dabei! Beschimpfte alle als Christusverkäufer, behauptete, da sitze ein Spitzbube auf dem andern, und es gebe nur einen einzigen anständigen Kerl hier, den Schriftführer, aber auch der, wenn man’s bei Licht besehe, sei ein Schweinehund!
    Da gaben sie ihm die Ration für Akademiemitglieder.
    Tschitschikow hatte kaum gesehen, wie Sobakewitsch die Rationen vereinnahmte, schon etablierte er sich selbst. Natürlich ging er noch weiter als Sobakewitsch. Er empfing für sich selbst, für seine nicht existierende Frau nebst Kind, für Selifan, für Petruschka, für den bewußten Onkel, von welchem Betristschew zu erzählen pflegte, und für seine alte Mutter, die längst nicht mehr auf Erden weilte. Und alles Akademierationen. So kam es, daß man die Lebensmittel per Lastwagen bei ihm vorfuhr.
    Nachdem er solchermaßen die Ernährungsfrage gelöst hatte, zog er gegen andere Institutionen aus, um Stellungen zu erhalten.
    Als er einmal im Automobil den Kusnezki Most entlangfuhr, traf er Nosdrjow. Der teilte ihm als erstes mit, daß seine Uhr nebst Kette bereits futsch seien. Uhr und Kette waren tatsächlich nicht vorhanden. Aber Nosdrjow ließ nicht den Kopf hängen. Er erzählte, welches Glück er in der Lotterie gehabt habe, indem er einen Liter Öl, ein Lampenglas und Sohlen für Kinderschuhe gewann, später jedoch habe er kein Glück mehr gehabt und – Gemeinheit – noch sechshundert Millionen draufzahlen müssen. Dem Außenhandel habe er angeboten, eine Partie echter kaukasischer Dolche ins Ausland zu liefern. Das habe er auch getan. Und er würde einen Haufen Geld daran verdient haben, wenn nicht die Engländer, diese Schufte, angesichts der eingravierten Schrift »Meister Saweli Sibirjakow« sie für Ausschuß erklärt hätten.
    Nosdrjow schleppte Tschitschikow mit in sein Hotelzimmer und setzte ihm einen angeblich aus Frankreich erhaltenen herrlichen Kognak vor, der freilich intensiv nach Selbstgebranntem schmeckte.
    Zu guter Letzt verstieg er sich zu der Beteuerung, man habe ihm achthundert Arschin Stoff, ein blaues Automobil mit Goldleisten und eine Wohnraumeinweisung für ein Gebäude mit Säulen ausgefolgt.
    Als nun sein Schwager Mishujew Zweifel äußerte, beschimpfte er ihn, nannte ihn aber nicht Sofron, sondern einfach Schweinehund.
    Kurz und gut, Tschitschikow hatte ihn bald so satt, daß er nicht wußte, wie er von ihm wegkam.
    Aber Nosdrjows Flunkereien hatten ihn auf den Gedanken gebracht, sich gleichfalls auf den Außenhandel zu verlegen.
     
    4 Gesagt, getan. Wieder füllte er einen Fragebogen aus, begann zu agieren und zeigte sich in vollem Glanz. Er brachte Hammel mit doppeltem Vlies über die Grenze, dazwischen lagen Brabanter Spitzen; er schmuggelte Brillanten, versteckt in Rädern, Deichseln, Ohren und an sonstigen Stellen.
    Binnen kurzem sah er sich im Besitz von etwa fünfhundert Millionen Kapital.
    Aber er ließ nicht ab, er reichte an entsprechender Stelle ein Gesuch ein, daß er einen Betrieb pachten wolle, und malte in leuchtenden Farben aus, was für Vorteile dies dem Staat bringen werde.
    In der Behörde riß man Mund und Ohren auf, denn die Vorteile waren in der Tat kolossal. Man bat ihn, den Betrieb zu zeigen. Bitte sehr. Er liege am Twerskoi-Boulevard, genau gegenüber vom

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