Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)
Knopf. Irgendwo klingelte es. Die Korridortür ging auf.
»Sina«, rief der Professor. »Trag das Essen auf. Sie gestatten, meine Herren?«
Die vier verließen schweigend das Arbeitszimmer, durchquerten schweigend das Sprechzimmer und die Diele, dann fiel hinter ihnen schwer und schallend die Wohnungstür ins Schloß.
Der Hund stellte sich auf die Hinterpfoten und vollführte vor dem Professor einen rituellen Tanz.
3
Auf den mit paradiesischen Blumen bemalten Tellern, die einen breiten schwarzen Rand hatten, hauchdünne Lachsscheiben und marinierter Aal. Auf einem schweren Brett ein Stück tränender Käse. In einem Silbernapf, mit Schnee umlegt, Kaviar. Zwischen den Tellern ein paar schlanke Gläser und drei Kristallkaraffen mit Wodka verschiedener Farbe. Alle diese Dinge befanden sich auf einem Marmortischchen, gemütlich herangerückt an das mächtige geschnitzte Eichenbüfett, das gläserne und silberne Lichtbündel versprühte. Mitten im Zimmer stand schwer wie eine Grabplatte ein Tisch, mit einem weißen Tafeltuch bedeckt, darauf zwei Gedecke, Servietten, wie eine päpstliche Tiara gefaltet, und drei dunkle Flaschen.
Sina brachte eine zugedeckte Silberschüssel, in der es brodelte. Von der Schüssel ging ein Geruch aus, daß sich die Schnauze des Hundes im Nu mit Speichel füllte. Die Gärten der Semiramis! dachte er und klopfte mit dem Schwanz wie mit einem Knüppel aufs Parkett.
»Her damit«, befahl der Professor mit Raubtiermiene. »Doktor Bormental, ich bitte Sie, lassen Sie doch den Kaviar. Und wenn Sie einen guten Rat hören wollen, dann schenken Sie sich nicht englischen, sondern gewöhnlichen russischen Wodka ein.«
Der schöne Gebissene, schon ohne Kittel, in einem anständigen schwarzen Anzug, ruckte mit den breiten Schultern, griente höflich und schenkte klaren Wodka ein.
»Ist das der gepriesene neue?« fragte er.
»Ich bitte Sie, mein Bester«, antwortete der Hausherr. »Das ist Sprit. Darja Petrowna macht daraus hervorragenden Wodka.«
»Aber Filipp Filippowitsch, alle behaupten, der dreißigprozentige wäre ganz anständig.«
»Wodka muß vierzig Prozent haben und nicht dreißig, soviel erstens«, dozierte der Professor, »und zweitens, weiß Gott, was die da alles reintun. Wissen Sie denn, was denen so einfällt?«
»Alles nur Denkbare«, sagte der Gebissene überzeugt.
»Das meine ich auch«, fügte der Professor hinzu und kippte sich mit einem Ruck den Inhalt des Glases in den Hals. »Hm … Doktor Bormental, runter damit, und wenn Sie sagen, das wäre … bin ich Ihr Todfeind fürs ganze Leben. Von Sevilla bis Granada …«
Bei diesen Worten spießte er mit der breitgeschwungenen Silbergabel etwas auf, was wie ein kleines dunkles Brötchen aussah. Der Gebissene folgte seinem Beispiel. Die Augen des Professors leuchteten.
»Ist das schlecht?« fragte er kauend. »Ist das schlecht? Antworten Sie, geehrter Doktor.«
»Unvergleichlich«, antwortete der Gebissene aufrichtig.
»Das will ich meinen. Merken Sie sich, Iwan Arnoldowitsch, kalte Vorspeisen und Suppen essen zum Wodka nur die von den Bolschewiken übriggelassenen Gutsbesitzer. Jeder, der ein bißchen auf sich hält, gebraucht warme Vorspeisen. Und von allen warmen Moskauer Vorspeisen ist dies die beste. Früher wurde sie im Slawischen Basar hervorragend zubereitet. Da, nimm.«
»Wenn Sie dem Hund im Eßzimmer was geben«, sagte eine Frauenstimme, »kriegen den keine zehn Pferde mehr von hier weg.«
»Macht nichts. Der Ärmste ist ausgehungert.« Der Professor reichte dem Hund mit der Gabel einen Happen, den dieser mit der Geschicklichkeit eines Trickkünstlers entgegennahm, und warf die Gabel krachend in das Spülgefäß.
Dann stieg von den Tellern Dampf auf, der nach Krebsen duftete; der Hund saß im Schatten des Tischtuchs mit der Miene eines Postens, der das Pulvermagazin bewacht. Der Professor schob sich das Ende der steifen Serviette hinter den Kragen und predigte:
»Das Essen, Iwan Arnoldowitsch, ist eine verzwickte Sache. Man muß sich darauf verstehen, und stellen Sie sich vor, die meisten Menschen verstehen sich nicht darauf. Man muß nicht nur wissen, was man ißt, sondern auch wann und wie.« Der Professor schwenkte vielsagend den Löffel. »Und was man dabei spricht. Jawohl. Wenn Ihnen Ihre Verdauung am Herzen liegt, gebe ich Ihnen den guten Rat: Sprechen Sie bei Tisch nie vom Bolschewismus und von der Medizin. Und lesen Sie, gottbehüte, vor dem Essen nie sowjetische Zeitungen.«
»Hm … Aber
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