Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)
Smolensker Markt einen Berg Wurstabfälle für achtzehn Kopeken kaufte, genügte es, an die Mahlzeiten um sieben Uhr abends im Eßzimmer zu denken, an denen der Hund trotz der Proteste der eleganten Sina teilnahm. Während dieser Mahlzeiten erwarb der Professor endgültig den Titel einer Gottheit. Der Hund stellte sich auf die Hinterpfoten und kaute an dessen Jackett, er kannte inzwischen das Klingelzeichen des Professors, zwei volltönende, abgehackte, herrische Stöße, dann sauste er bellend in die Diele, um ihn zu begrüßen. Der Hausherr trat ein, auf seinem schwarzbraunen Fuchspelz glitzerten Millionen Schneestäubchen, er duftete nach Mandarinen, Zigarren, Parfüm, Zitronen, Benzin, Eau de Cologne und Tuch, und seine Stimme schallte wie eine Kommandotrompete durch die ganze Wohnung.
»Warum hast du Strolch die Eule zerrissen? Was hat sie dir getan? Hat sie dir was getan? will ich wissen. Warum hast du Professor Metschnikow zerschlagen?«
»Filipp Filippowitsch, er müßte wenigstens einmal die Peitsche kriegen«, sagte Sina entrüstet. »Sonst wird er noch ganz übermütig. Sehen Sie bloß, was er mit Ihren Galoschen gemacht hat.«
»Man darf niemanden schlagen«, sagte der Professor erregt, »merk dir das ein für allemal. Einen Menschen und ein Tier kann man nur mit Zureden beeinflussen. Habt ihr ihm heute Fleisch gegeben?«
»Mein Gott, er hat das ganze Haus leergefressen. Wie können Sie fragen, Filipp Filippowitsch. Ich staune nur, daß er nicht platzt.«
»Möge es ihm bekommen … Was hat dir die Eule getan, du Rowdy?«
»Huuuuuh!« winselte der Hund, kroch auf dem Bauch, kehrte die Pfoten nach außen.
Dann wurde er mit Geschrei im Genick gepackt und durch das Sprechzimmer ins Arbeitszimmer geschleift. Der Hund heulte, schnappte um sich, krallte sich in den Teppich, ritt auf dem Hinterteil wie im Zirkus. Im Arbeitszimmer auf dem Teppich lag die glasäugige Eule mit aufgerissenem Bauch, aus dem nach Mottenpulver riechende rote Lappen quollen. Auf dem Tisch lag das zertrümmerte Porträt.
»Ich habe mit Absicht noch nicht aufgeräumt, damit Sie sich das ansehen können«, meldete Sina verärgert. »Auf den Tisch ist er gesprungen, der Halunke! Und am Schwanz hat er sie gepackt! Ehe ich mich’s versah, hatte er sie schon zerrupft. Stoßen Sie ihn mit der Schnauze gegen die Eule, Filipp Filippowitsch, damit er lernt, was es heißt, Sachen zu verderben.«
Nun begann Geheul. Der Hund, der sich an den Teppich preßte, wurde mit der Schnauze gegen die Eule gestukt, dabei vergoß er bittere Tränen und dachte: Schlagt mich, nur jagt mich nicht aus der Wohnung.
»Bring die Eule heute noch zum Ausstopfen. Außerdem, hier hast du acht Rubel, dazu sechzehn Kopeken für die Straßenbahn, fahr zu Muir und kauf ihm ein gutes Halsband mit Kette.«
Tags darauf wurde dem Hund ein breites blankes Halsband angelegt. Als er sich im Spiegel beschaute, war er anfangs sehr verdrossen, kniff den Schwanz ein und ging ins Badezimmer, um das Halsband an der Truhe oder an einer Kiste abzustreifen. Sehr bald erkannte er jedoch, daß er einfach blöd war. Sina führte ihn an der Kette in der Obuchow-Gasse spazieren. Der Hund ging wie ein Häftling und brannte vor Scham, aber als sie durch die Pretschistenka zur Christus-Kirche gelangten, wußte er schon bestens, was ein Halsband im Leben bedeutet. In den Augen aller anderen Hunde war rasender Neid, und bei der Mjortwy-Gasse kläffte ihn ein schlaksiger Hofhund mit abgehacktem Schwanz an und beschimpfte ihn »herrschaftliches Luder« und »Lakai«. Als sie die Straßenbahnschienen überquerten, sah der Milizionär das Halsband mit Respekt und Vergnügen, und als sie nach Hause zurückkehrten, geschah etwas nie Dagewesenes: Der Portier Fjodor öffnete eigenhändig die Haustür, ließ Bello hinein und bemerkte dabei zu Sina:
»Hei, was für einen Zottelhund Filipp Filippowitsch sich angeschafft hat. So was von fett.«
»Und ob, er frißt ja auch für sechs«, erklärte die schöne und vom Frost gerötete Sina.
Ein Halsband ist wie eine Aktentasche, witzelte der Hund in Gedanken und begab sich, das Hinterteil schwenkend, in die Beletage wie ein feiner Herr.
Nachdem der Hund das Halsband solchermaßen gewürdigt hatte, machte er seine erste Visite in der Hauptabteilung des Paradieses, wo ihm der Zutritt strengstens verboten was, nämlich im Reich der Köchin Darja Petrowna. Die ganze Wohnung war nicht so viel wert wie zwei Fußbreit von Darjas Reich. Den ganzen Tag über
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