Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)
mit einer kombinierten Verpflanzung von Hoden und Hypophyse die Frage zu klären, ob die Hypophyse anwächst und wie sie sich im weitern auf die Verjüngung des menschlichen Organismus auswirkt.
Es operierte Prof. F. F. Preobrashenski.
Es assistierte Dr. I. A. Bormental.
In der Nacht nach der Operation wiederholtes gefährliches Absinken des Pulses. Wir erwarten letalen Ausgang. Gewaltige Dosen Kampfer nach Preobrashenski.
24. Dezember. Morgens Besserung. Atmung doppelt beschleunigt, Temperatur 42. Kampfer, Koffein subkutan.
25. Dezember. Erneute Verschlechterung. Puls kaum tastbar. Erkalten der Extremitäten, Pupillen ohne Reaktion. Adrenalin ins Herz, Kampfer nach Preobrashenski, physiologische Lösung intravenös.
26. Dezember. Geringe Besserung. Puls 180, Atmung 92, Temperatur 41. Kampfer, Ernährung durch Klistier.
27. Dezember. Puls 152, Atmung 50, Temperatur 39,8, Pupillen reagieren. Kampfer subkutan.
28. Dezember. Deutliche Besserung. Mittags plötzlicher Schweißausbruch, Temperatur 37,0. Operationswunden unverändert. Anlegen eines Verbandes. Beginnender Appetit. Flüssige Nahrung.
29. Dezember. Plötzlicher Haarausfall auf der Stirn und an den Rumpfseiten. Zur Konsultation gebeten: der Lehrstuhlleiter für Hautkrankheiten Professor Wassili Wassiljewitsch Bundarew und der Direktor des Moskauer Musterinstituts für Veterinärmedizin. Sie anerkennen den Fall als in der Literatur bislang nicht beschrieben. Keine Diagnose gestellt. Temperatur normal.
(Aufzeichnungen mit Bleistift.)
Am Abend zum erstenmal gebellt (20.15 Uhr). Auffallend eine starke Veränderung des Timbres und ein tieferer Ton. Der Hund bellt nicht »wau, wau«, sondern »a-o«, was entfernt an Stöhnen erinnert.
30. Dezember. Der Haarausfall nimmt den Charakter einer allgemeinen Verkahlung an. Das Wiegen ergab ein überraschendes Resultat – 30 kg durch Wachstum (Verlängerung) der Knochen. Der Hund liegt nach wie vor.
31. Dezember. Kolossaler Appetit.
(Im Heft ein Klecks. Nach dem Klecks mit eiliger Schrift.)
Um 12.12 Uhr bellte der Hund deutlich »nedal«.
(Im Heft eine Pause und dann, offenbar vor Aufregung irrtümlich):
1. Dezember (durchgestrichen und korrigiert) 1. Januar 1925. Morgens photographiert. Er bellt deutlich »nedal«, wiederholt das Wort laut und offenbar freudig. Um 15 Uhr (mit Großbuchstaben) lachte er, worauf das Stubenmädchen Sina in Ohnmacht fiel.
Am Abend sprach er achtmal nacheinander das Wort »nedal-schif«, »nedal«.
(Schräg mit Bleistift): Der Professor entschlüsselte das Wort »nedal-schif«, es bedeutet »Fischladen«. Ungeheuerlich.
2. Januar. Beim Lächeln photographiert, mit Magnesiumblitz.
Vom Bett aufgestanden, hielt sich eine halbe Stunde lang auf den Hinterpfoten. Fast so groß wie ich.
(Im Heft ein eingelegtes Blatt.)
Die russische Wissenschaft hätte beinahe einen schweren Verlust erlitten.
Krankengeschichte von Professor F. F. Preobrashenski.
Um 1.13 Uhr fiel Prof. Preobrashenski in tiefe Ohnmacht. Beim Sturz stieß er mit dem Kopf gegen ein Stuhlbein.
Baldrian.
In meinem und Sinas Beisein hatte der Hund (wenn man ihn noch Hund nennen kann) Prof. Preobrashenski mit säuischen Ausdrücken beschimpft.
(Pause in den Aufzeichnungen.)
6. Januar. (Teils mit Bleistift, teils mit lila Tinte.)
Heute ist ihm der Schwanz abgefallen, er sagte deutlich »Kneipe«. Der Phonograph ist eingeschaltet. Weiß der Teufel, was das zu bedeuten hat.
Ich bin durcheinander.
Die Sprechstunde des Professors fällt aus. Seit 17 Uhr hört man aus dem Untersuchungszimmer, wo dieses Wesen umhergeht, deutlich gemeines Fluchen und die Worte »noch einen Doppelten«.
7. Januar. Er spricht schon sehr viele Wörter: »Kutscher«, »Alles besetzt«, »Abendzeitung«, »Ein schönes Geschenk für die Kinder« sowie sämtliche Schimpfwörter, die der russische Wortschatz nur kennt.
Er sieht sonderbar aus. Fell hat er nur noch auf dem Kopf, am Kinn und auf der Brust. Seine Haut ist wabbelig. Im Bereich der Geschlechtsorgane entwickelt er sich zum Mann. Der Schädel hat sich deutlich vergrößert. Die Stirn ist schräg, niedrig.
Bei Gott, ich werde verrückt!
Der Professor fühlt sich noch immer schlecht. Die Beobachtungen nehme größtenteils ich vor. (Phonograph, Photographien.)
Die Stadt schwirrt von Gerüchten.
Die Folgen sind nicht abzusehen. Heute war die Gasse den ganzen Tag voll von Nichtstuern und alten Frauen. Auch jetzt noch stehen Gaffer vor den Fenstern.
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