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Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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angeklagt und freigelassen: das erstemal aus Mangel an Beweisen, das zweitemal wegen seiner Abstammung, beim drittenmal verurteilt zu 15 Jahren Katorga auf Bewährung. Diebstähle. Beruf – Spielen auf der Balalaika in Spelunken.
    Von kleinem Wuchs, schlecht gebaut. Leber vergrößert (Alkohol).
    Todesursache – ein Messerstich ins Herz in einer Bierkneipe (»Zum Stoppschild« beim Preobrashenskaja-Tor).
     
    Der Alte brütet fortwährend über Klims Krankheit. Ich begreife nicht, was er will. Er knurrt was in der Richtung, daß er es versäumt habe, in der Pathologie den Leichnam Klims zu untersuchen. Was er will, ich begreife es nicht. Ist es nicht ganz egal, von wem die Hypophyse stammt?
    17. Januar. Ich habe ein paar Tage nichts notiert, ich hatte Grippe. In dieser Zeit hat sich sein Aussehen endgültig herausgebildet.
ein vollkommener Mensch dem Körperbau nach;
Gewicht etwa 1 Zentner;
kleiner Wuchs;
kleiner Kopf;
hat zu rauchen begonnen;
ißt menschliche Nahrung;
kleidet sich selbständig an;
führt mühelos ein Gespräch.
    So ist das mit der Hypophyse (Klecks).
     
    Damit beende ich die Krankengeschichte. Wir haben einen neuen Organismus vor uns, der muß von Anfang an beobachtet werden.
    Anlagen: Stenogramme seiner Rede, phonographische Aufzeichnungen, photographische Aufnahmen.
    Unterschrift: Assistent von Professor F. F. Preobrashenski
    Doktor Bormental

6
    Ein Spätnachmittag. Ende Januar. Es war die Zeit vor dem Essen und der Sprechstunde. Am Rahmen der Sprechzimmertür hing ein Blatt Papier, auf dem von der Hand des Professors geschrieben stand:
    »Ich verbiete, in der Wohnung Sonnenblumenkerne zu knabbern.
    F. F. Preobrashenski«
    Mit Blaustift hatte Bormental in keksgroßen Buchstaben dazugeschrieben:
    »Das Spielen von Musikinstrumenten ist von 5 bis 7 Uhr verboten.«
    Dann folgte eine Notiz von Sina:
    »Wenn Sie zurückkommen, sagen Sie dem Professor: Ich weiß nicht, wo er hingegangen ist. Fjodor meint, mit Schwonder.«
    Von der Hand des Professors:
    »Muß ich noch hundert Jahre auf den Glaser warten?«
    Von der Hand Darja Petrownas (in Druckbuchstaben):
    »Sina ist einkaufen gegangen, sie sagt, sie bringt ihn mit.«
    Im Eßzimmer erzeugte die Lampe mit dem roten Schirm eine abendliche Stimmung. Die Lichtstrahlen aus dem Büfett brachen sich in der Mitte, denn die Spiegelscheiben waren über Kreuz mit Papierstreifen beklebt. Der Professor saß über den Tisch gebeugt, in eine aufgeschlagene Zeitung vertieft. Blitze verzerrten sein Gesicht, und durch die Zähne rieselten abgerissen geknurrte Wortstummel. Er las eine Notiz:
    »Es besteht kein Zweifel, daß es sich um seinen ungesetzlich geborenen Sohn handelt (wie man in der verfaulten bürgerlichen Gesellschaft sagte). So also amüsiert sich unsere pseudogelehrte Bourgeoisie! Sieben Zimmer hat so was, bis eines Tages das blitzende Schwert der Gerechtigkeit wie ein roter Strahl funkelt.
    Schw…r«
    Sehr beharrlich, mit verwegener Geschicklichkeit wurde zwei Wände weiter auf einer Balalaika geklimpert, und die Töne einer pfiffigen Variation von »Scheint der Mond« vermengten sich im Kopf des Professors mit den Worten der Zeitungsnotiz zu einem widerwärtigen Brei. Nachdem er zu Ende gelesen hatte, spuckte er sich trocken über die Schulter und trällerte mechanisch durch die Zähne:
    »Schei-heint der Mond … schei-heint der Mond … schei-heint der Mond … Pfui Teufel, man wird die verfluchte Melodie nicht los!«
    Er läutete. Sinas Gesicht schob sich durch die Portiere. »Sag ihm, es ist siebzehn Uhr, er soll aufhören und bitte zu mir kommen.«
    Der Professor saß im Sessel am Tisch. Zwischen den Fingern der linken Hand ragte ein brauner Zigarrenstummel. Bei der Portiere stand, an den Türrahmen gelehnt und ein Bein übers andere geschlagen, ein Mann von kleinem Wuchs und unsympathischem Aussehen. Störrige Haare standen ungleichmäßig auf seinem Kopf wie Gestrüpp auf einem gerodeten Feld. Flaum bedeckte das unrasierte Gesicht. Die Stirn verblüffte durch ihre geringe Höhe. Fast unmittelbar über den struppigen schwarzen Augenbrauen begann die dichte Bürste.
    Das Jackett, unter der linken Achsel aufgerissen, war mit Strohhalmen besät, die gestreifte Hose war über dem rechten Knie durchgescheuert und über dem linken mit lila Farbe beschmiert. Um den Hals trug der Mann einen giftblauen Schlips mit einem falschen Rubin. Die Farbe des Schlipses war so schreiend, daß der Professor, wenn er dann und wann die müden Augen schloß, in

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