Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)
erwähnt werden. Die Sache geht ziemlich in Ordnung.
11. Januar. Er hat sich mit der Hose abgefunden. Sagte einen langen lustigen Satz: »Gib ein Zigarettchen, und geh ins Bettchen.«
Das Fell auf dem Kopf ist dünn und seidig. Leicht mit Haaren zu verwechseln. Aber die Flecke auf dem Kopf sind geblieben. Heute ist der letzte Flaum von den Ohren abgegangen. Kolossaler Appetit. Ißt besonders gern Hering.
Um 17 Uhr ein Ereignis: Zum erstenmal sprach das Wesen Worte, nicht losgelöst von den Erscheinungen seiner Umgebung, sondern als Reaktion darauf. Nämlich als der Professor ihm befahl: »Wirf die Speisereste nicht auf den Fußboden«, antwortete er plötzlich: »Laß mich in Ruh’, du Lauseei.«
Der Professor war bestürzt, aber dann faßte er sich und sagte: »Wenn du dir noch einmal herausnimmst, mich oder den Doktor zu beschimpfen, kannst du was erleben.«
In diesem Moment photographierte ich Bello. Ich verbürge mich, daß er die Worte des Professors verstand. Ein düsterer Schatten überflog sein Gesicht. Er blickte unter gesenkten Brauen hervor ziemlich wütend, sagte aber nichts.
Hurra, er versteht!
12. Januar. Er steckt die Hände in die Hosentaschen. Wir versuchen, ihm das Fluchen abzugewöhnen.
Er pfeift »Hei, Äpfelchen«.
Nimmt am Gespräch teil.
Ich kann mich einiger Hypothesen nicht enthalten. Zum Teufel einstweilen mit der Verjüngung! Etwas anderes ist unvergleichlich wichtiger: Der beeindruckende Versuch von Prof. Preobrashenski hat eines der Geheimnisse des menschlichen Gehirns enthüllt. Von nun an darf die rätselhafte Funktion der Hypophyse, der Hirnanhangsdrüse, als geklärt gelten. Sie bestimmt das menschliche Aussehen. Ihre Hormone kann man als die wichtigsten des Organismus betrachten, es sind die Hormone des Aussehens. Ein neues Gebiet für die Wissenschaft: Ohne die Retorte des Faust wurde ein Homunkulus geschaffen. Das Skalpell des Chirurgen hat eine neue menschliche Einheit zum Leben erweckt. Prof. Preobrashenski, Sie sind ein Schöpfer.
(Klecks.)
Aber ich bin abgeschweift. Also, er nimmt am Gespräch teil. Nach meiner Mutmaßung ist es folgendermaßen: Die angewachsene Hypophyse hat im Hundegehirn das Sprachzentrum frei gemacht, und die Wörter strömen nur so. Ich glaube, wir haben ein zum Leben erwachtes entwickeltes Gehirn vor uns, nicht ein neugeschaffenes. Oh, wundersame Bestätigung der Evolutionstheorie! Oh, endlose Kette vom Hund bis zum Chemiker Mendelejew!
Und noch eine Hypothese von mir: Bellos Gehirn hat in der Hundeperiode seines Lebens eine Unmenge von Begriffen gespeichert. Sämtliche Wörter, mit denen er zu operieren begann, sind Gossenausdrücke, die er aufgeschnappt und in seinem Gehirn bewahrt hat. Wenn ich jetzt die Straße entlanggehe, beobachte ich mit heimlichem Entsetzen die Hunde. Weiß Gott, was sich in ihrem Gehirn verbirgt.
Bello hat gelesen. Gelesen (3 Ausrufezeichen). Ich habe es erraten. Durch den Fischladen. Er hat das Wort vom Ende her gelesen. Ich weiß sogar, wo die Lösung dieses Rätsels steckt: eine Unterbrechung der Sehnerven des Hundes.
Was sich in Moskau tut, ist für den menschlichen Verstand nicht zu fassen. Sieben Händler vom Sucharjowka-Markt sitzen wegen der Verbreitung von Gerüchten über den Weltuntergang, den die Bolschewiken heraufbeschworen hätten. Darja Petrowna sprach davon und nannte sogar das Datum: Am 28. November 1925, dem Tag des heiligen Märtyrers Stefan, werde die Erde gegen die Himmelsachse stoßen. Irgendwelche Spitzbuben halten Vorträge. Das ganze Theater haben wir mit dieser Hypophyse angerichtet, man möchte aus der Wohnung laufen. Ich bin auf Preobrashenskis Bitte zu ihm gezogen und schlafe mit Bello im Sprechzimmer. Das Untersuchungszimmer ist zum Sprechzimmer geworden. Schwonder hat recht behalten. Das Hauskomitee ist voller Schadenfreude. Die Schränke haben keine heile Scheibe mehr von seinem Herumspringen. Mühsam haben wir es ihm abgewöhnt.
Mit Filipp geht etwas Seltsames vor. Als ich ihm von meinen Hypothesen erzählte und von meiner Hoffnung, Bello zu einer psychisch hochstehenden Persönlichkeit zu entwickeln, brummte er und antwortete: »Meinen Sie?« Sein Ton klang drohend. Ob ich mich irre? Der Alte hat was vor. Während ich mich mit der Krankengeschichte herumplage, brütet er über der Geschichte des Mannes, dem wir die Hypophyse entnommen haben.
(Im Heft eingelegtes Blatt.)
Klim Grigorjewitsch Tschugunkin, 25 Jahre alt, unverheiratet. Parteilos, Sympathisant. Dreimal
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