Teufels-Friedhof
Kind, und das ist verdammt viel, wenn du mal darüber nachdenkst.«
Vivian konnte dem Blick ihres Vaters nicht standhalten. Sie senkte die Lider und schaute zu Boden. Daß dabei ein Kloß in ihrer Kehle steckte, wußte nur sie.
»Kommst du nun?«
»Ja, morgen.«
»Es geht mich ja nichts an, du bist erwachsen, aber darf ich trotzdem erfahren, wo du heute hinfährst? Nur für den Fall, daß etwas passiert.«
»In die Disco.«
»Wie heißt die?«
»Das braucht dein Alter nicht zu wissen, er…« Heinz verstummte, weil ihn Golombek nur anschaute. Und dessen Blick versprach nichts Gutes.
»Satanstreff, Vater.«
»Wie bitte?«
Vivian wiederholte den Namen und sah das Nicken ihres alten Herrn.
»Ist gut, Kind.«
»Können wir endlich los?«
»Meinetwegen fahrt. Und noch etwas, Vivian. Gib auf dich acht. Ich möchtedich nämlich nicht verlieren.«
»Klar, Vater, ich komme schon durch.« Sie fügte noch etwas hinzu, diese Worte abergingen im Knattern des Mopedmotors unter. Gruftie-Heino fuhr noch einige Meter über den Bürgersteig, bevor er über den Randstein hinweg auf die Fahrbahn rollte und — eine Abgaswolke hinter sich herziehend — die Straße hochfuhr.
Nachdenklich ging Rudi Golombek zu seinem Wagen zurück. Er setzte sich hinter das Steuer und blieb einige Minuten hocken. In seinem Innern hatte sich das Gefühl der Angst verstärkt. Es lag nicht allein an der plötzlichen Krankheit seiner Frau, er fürchtete auch um seine Tochter, die ihm immer mehr entglitten war und sich jetzt in Kreisen herumtrieb, die er nicht gutheißen konnte.
Satanstreff hieß die Disco!
Golombek nickte. Diesen Namen hatte er sich gut gemerkt, verdammt gut sogar. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte er einer dieser Discos einen Besuch abgestattet.
Das würde sich ändern…
***
Ich wußte, wo das Dortmunder Polizeipräsidium lag und fand es auf Anhieb.
Suko und ich waren in Düsseldorf gelandet, mein Freund hatte sich wieder durchgesetzt und sich einen kleinen BMW als Leihwagen besorgt. Ich ließ ihn fahren und freute mich eigentlich auf Dortmund, denn diese Stadt war mir von Beginn an sympathisch gewesen. Wieder war es Winter, wie bei meinem ersten Fall in dieser Stadt, aber wir hatten Glück, die Autobahnen waren trocken.
Ich erklärte Suko den Weg. Wir hatten uns zuvor mit den Dortmunder Kollegen in Verbindung gesetzt und waren verabredet mit einem gewissen Kommissar Jörg Berger, der angeblich etwas über die Blut importe wußte und auch darüber, was mit ihnen geschah. Nun ja, es war noch alles sehr vage, als Suko den BMW auf dem Hof des Polizeipräsidiums stoppte, ausstieg und als erster in Richtung Anmeldung lief, wobei er mir dort den Vortritt ließ. Der Mann hinter der Scheibe lächelte und schaute mich fragend an. Ich erklärte ihm, wer wir waren. Er nickte und griff zum Telefonhörer, bevor er uns um einen Moment Geduld bat.
Es war früher Nachmittag, und ich hoffte, daß der Kollege nicht gerade in der Mittagspause war.
Das war er nicht, denn man erklärte uns, wo wir hochzufahren hätten und in welches Zimmer wir zu gehen hatten.
Vier Minuten später klopften wir an und hörten das laut gesprochene
»Herein«.
Kommissar Jörg Berger hätte bei den älteren Menschen kein Vertrauen hinterlassen, so wie er aussah. Pullover, Cordhose,, braunes, ziemlich langes Haar, ein etwas jungenhaftes Grinsen und eine Lederjacke, die über der Stuhllehne hing. So ging er schon fast als Rocker durch, auch was seine Stiefel anbetraf.
»Herzlich willkommen!« Er sprang hinter seinem mit Papieren beladenen Schreibtisch hervor und reichte uns die Hand. »Toll, daß ihr so schnell gekommen seid.«
»Man tut, was man kann«, sagte ich und nahm nach Suko auf einem der beiden Besucherstühle Platz.
»Kaffee?« fragte der Dortmunder Kollege.
Ich nickte. »Wäre nicht schlecht.«
Berger grinste breit. »Dann warten Sie mal ab, bis ich mit den beiden Bechern zurückkehre.«
»Automatenbrühe?«
»Was sonst?«
»Ich verzichte«, sagte Suko. »Die schmeckt wie ein Laternenpfahl ganz unten.«
»Weshalb soll es Ihnen besser gehen als uns?« fragte ich. Auch beim Yard werden die Automaten immer mehr.
Berger winkte ab. »Solange man uns nicht ersetzt, läßt sich das noch ertragen.«
Wir warteten auf ihn. Das Büro war ebenso spartanisch eingerichtet wie unsere Bude beim Yard. Wenn man hier saß, konnte man nichts anderes tun, als zu arbeiten. Heizungen konnte man wohl in keinem Polizeibüro der Welt richtig einstellen. Auch
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