Teufels-Friedhof
hinein werden wir schon kommen. Nur werden wir Fremdkörper bleiben, das bekommen wir auch zu spüren. Es wird niemand da sein, der mit uns spricht. Man wird uns nicht zur Kenntnis nehmen, wir werden Luft für die normalen Gäste sein.«
»Aber nicht für den roten Teufel«, sagte ich. »Dem möchte ich gern Fragen stellen.«
»Das können Sie.« Berger lächelte. »Eigentlich ist es nicht so ungewöhnlich, daß er sich das Blut aus London schicken läßt. Wie ich hörte, soll er sich vor einigen Monaten in der Londoner Gruftie-Szene herumgetrieben haben. Er jedenfalls hat damit noch groß angegeben und steht damit bei den übrigen Grufties hoch im Kurs.«
Ich schlug meine rechte Handfläche klatschend auf den Oberschenkel.
»Wir werden sehen. Wann, schätzen Sie, sollen wir uns treffen?«
Berger hob die Schultern. »Ich hole Sie um zwanzig Uhr von Ihrem Hotel ab. Wo wohnen Sie?«
»Im Römischen Kaiser.«
»Das beste Hotel mit…«
»Und zentral gelegen.«
»Stimmt.«
Wir verabschiedeten uns per Handschlag. Berger grinste und deutete auf den restlichen Kaffee. »Wollen Sie den noch trinken?«
»Bestimmt nicht. Ich weiß, daß es in der Nähe des Hotels ein Mövenpick-Restaurant gibt, dort bekomme ich besseren Kaffee und nicht nur das. Auch das Essen ist super.«
»Gut, dann bis um zwanzig Uhr.«
Suko und ich traten wieder hinaus in die Kälte, die noch zugenommen hatte, da die Sonne dabei war, sich allmählich zu verabschieden mit einem knalligen Abendrot.
Noch vor dem Berufsverkehr kamen wir weg, bogen am Dortmunder Stadltheater rechts ab und rollten auf der vierspurigen Straße weiter bis zu einer großen Kreuzung.
Auch die Stadt Dortmund zeigte einen weihnachtlichen Schmuck. Wie überall waren die Menschen unterwegs, ich sah das Schild ›Willkommen auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt‹, hütete mich aber davor, mich in dieses Gewühl zu stürzen, obwohl ich bei dem Gedanken daran schon Hunger auf eine leckere Currywurst bekam.
Da Suko den Markt unbedingt sehen und ebenfalls eine Wurst essen wollte, gab ich seinem Drängen nach. Das Gepäck hatten wir in den Zimmern abgestellt, schlenderten die paar Schritte zum Weihnachtsmarkt hin und wurden vom Gewühl verschluckt. Ich aß eine Currywurst und dann noch eine. Suko hielt mit. Beobachtet wurden wir von den Verkäuferinnen, die sich freuten, daß es uns schmeckte. Während wir gemütlich aßen, schoben sich kreischende und laut erzählende Menschenmassen durch die Gassen. Von laut und süßlich klingender Weihnachtsmusik wurde die Geräuschkulisse überlagert.
»Das ist ein Gegensatz«, sagte Suko und ließ die Schale in einem Abfalleimer verschwinden, wobei er gegen die Fassade des direkt hinter uns liegenden großen Kaufhauses schaute. »Hier die weihnachtliche Musik und auf der anderen Seite die Totenfeiern der Grufties in der Disco.«
»Was willst du machen? Die Welt besteht eben aus Gegensätzen.«
»Richtig. Mein Gegensatz ist vorbei. Oder hast du noch Hunger, John?«
»Nicht direkt. Nur sage ich bei einer Tasse Kaffee nicht nein. Los, die Zeit haben wir noch.«
Das Lokal hatte seinen alten Charakter trotz eines Umbaus bewahrt. Der Wintergarten-Anbau war von der Fußgängerzone gut zu sehen. Wir fanden dort noch einen freien Tisch und kamen uns vor wie zwei Touristen. An den Fall dachten wir beide nicht. Wir wurden sehr nett und zuvorkommend bedient. Es herrschte eine wunderbare Atmosphäre, und auch der cremige Kaffee aus den hohen Tassen schmeckte uns beiden. Selbst Suko hatte keinen Tee bestellt.
»Am liebsten würde ich hier hockenbleiben«, sagte er.
»Frag mich mal.«
Er grinste. »Sollen wir?«
»Ja, wenn alles vorbei ist…«
Gruftie-Heino und Gruftie-Vivian waren nicht die ersten, die den Satanstreff erreichten, denn an der Außenwand der Disco standen schon zahlreiche Fahrräder, Mopeds und noch stärkere Maschinen, allerdings kaum Autos, und wenn, dann waren es zumeist alte Kisten, die einen nächsten TÜV-Termin wohl kaum überstehen würden.
Die Disco lag nicht direkt in einem Wohngebiet, sondern fast auf freiem Feld. Im Hintergrund stand, aufgestellt wie eine Kulisse, die alte Zeche mit ihrem hohen Förderturm, der schon jetzt zu einem Denkmal der Industriegesellschaft geworden war.
Heinz kurvte über den Bürgersteig, weil er noch eine freie Stelle finden wollte. Er fand sie nahe einer Laterne. Dort stellte er sein Zweirad ab.
»Wurde auch Zeit!« beschwerte sich das Mädchen. »Ich bin schon durchgefroren bis aufs
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