Teufels Küche
Warum nicht auf der Stelle? Dann haben wir es hinter uns.«
»Morgen früh«, sagte der Hauptmann. »Alles muß genauso erfolgen, wie es befohlen wurde. Es ist ein besonders delikater Fall.«
Major Torres grunzte. »Hinrichtungen sind nie delikat.« Er musterte Citron. »Ist er reich?«
»Nein«, sagte der Hauptmann.
»Wichtig?«
»Er ist ein überführter Spion. Mehr brauchen Sie nicht zu wissen.«
Wieder grunzte Major Torres. »Wenn er weder reich noch wichtig ist, sollten wir ihn sofort erschießen.«
»Sie haben Ihre Befehle, Major«, sagte der Hauptmann.
Torres ignorierte den Hauptmann und sah Citron prüfend an. »Nun, Spion, was haben Sie zu sagen?«
»Ich habe nicht den Wunsch, erschossen zu werden.«
»Sie sprechen sehr gut Spanisch.«
»Vielen Dank.«
»Haben Sie Geld?«
»Keins.«
»Wenn Sie Geld hätten, könnten Sie sich eine gute letzte Mahlzeit bestellen.«
»Ich habe kein Geld.«
»Dann werden Sie essen, was die anderen auch essen.« Major Torres drückte auf einen Knopf auf seinem Schreibtisch. Ein Wärter kam. Der junge Leutnant stand auf und schloß Citrons Handschellen auf. Der Wärter sah Major Torres fragend an.
»Er wird morgen früh erschossen«, sagte Torres. »Bringen Sie ihn in eine ordentliche Zelle.«
Der Wärter nickte, ergriff Citron am linken Arm und führte ihn fort.
Die Zelle lag auf der dem Ozean zugewandten Seite des Gefängnisses. Hoch oben befand sich ein vergittertes Fenster. Die Zelle war klein, nicht größer als 1,60 mal 2,10. Sie wurde durch eine einzelne Birne beleuchtet und enthielt einen Plastikeimer, einen Tonkrug mit Wasser und eine flache Steinpritsche. Auf der Pritsche lag eine zusammengefaltete Decke.
»Ich kann Ihnen Zigaretten und Essen und auch Schnaps verkaufen, wenn Sie Geld haben«, sagte der Wärter.
»Ich habe kein Geld«, antwortete Citron. »Was ich hatte, wurde mir abgenommen.«
Der Wärter zuckte mit den Achseln, zog die Zellentür zu und schloß sie ab. Die Tür bestand aus Eisenstangen. Citron sah sich in der Zelle um und setzte sich auf die steinerne Pritsche. Er blieb dort annähernd eine Stunde sitzen und starrte vor sich auf den Boden, den Kopf gesenkt, die Arme auf die Knie gestützt, dachte an vergangene Fehler, alte Lieben, nicht eingeschlagene Wege und an die abschließende Demütigung, die er zu erdulden hatte, den Tod. Danach gab es keine Überraschungen mehr. Er sprach sich selbst von allen Sünden frei, falls es Sünden gewesen waren, vergab beinahe, wenn auch nicht ganz, seinen Feinden, stand auf und urinierte in den Plastikeimer. Als er damit fertig war, setzte er sich wieder auf die Steinpritsche und zog seinen rechten Schuh aus. Dann rollte er die Socke herunter und streifte die goldene Rolex von seinem Fußknöchel. Er versteckte die Uhr in dem Plastikeimer. Er wußte, dort würde sie sicher sein, jedenfalls für eine Weile.
Das Büro war groß genug, um darin auf und ab zu gehen. Es gehörte dem Chargé d’affaires der amerikanischen Botschaft, der hinter seinem Teakschreibtisch saß und den Mann in dem dreiteiligen blauen Nadelstreifenanzug beobachtete, der dort auf und ab schritt, während er schmeichelte, flehte und sogar drohte.
Der Chargé d’affaires war Neal Rink. Er war neunundfünfzig Jahre alt und hatte es soweit gebracht, wie er es im auswärtigen Dienst der Vereinigten Staaten bringen konnte. Drohungen, selbst Drohungen von einem so gewieften Tausendsassa wie diesem Draper Haere, berührten ihn nicht mehr. Vor zehn Jahren, dachte er, wärst du vielleicht gehüpft; vor fünfzehn Jahren wärst du gesprungen. Jetzt lächelte er, lehnte sich in seinem Sessel zurück und sagte: »Jetzt sind wir also schon so weit, ja?«
Haere hielt in seinem Auf und Ab inne und sah Rink an. »Wie weit?«
»Bei Drohungen.«
»Ich habe Ihnen nicht gedroht, Mr. Rink. Ich habe lediglich –«
Immer noch lächelnd unterbrach Rink. »Sie drohen mir, Mr. Haere. Sie haben mir mit verschiedenen Mitgliedern des Senatsausschusses für Auswärtige Beziehungen gedroht, mit einer Schar Kongreßabgeordneter, die Sie anscheinend in Ihrer Tasche haben, mit einer Kreuzigung sowohl in der New York Times als auch in der Washington Post und mit Ungnade, Schande und möglichem Bankrott.«
Rink griff in seine unterste Schublade und brachte eine Flasche J & B Scotch Whisky zum Vorschein. »Ich sollte Ihnen wohl erklären, daß ich eine reiche Frau habe, daß ich in genau zwei Monaten und neun Tagen aus der Quasselfabrik
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