Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
diskret zu entsorgen hat, wirft man ihn gleich in den Main – und dann auf Nimmerwiedersehen, so würde ich das zumindest erledigen.«
»Aha, interessant, sprich nur weiter«, kommentierte Julia mit einem Grinsen. »Aber mal im Ernst. Ich stimme diesem Gedanken vorbehaltlich zu, solange wir noch nichts Konkretes haben. Die Idee mit den rivalisierenden Banden passt ja sogar doppelt gut, wie mir gerade auffällt.«
»Inwiefern?«, fragte Hellmer, und auch Berger kniff seine Augen neugierig zusammen und hob das Kinn.
»Na, wegen Brandt und mir«, sagte Julia schnell. »Ausgerechnet ich als Zugereiste muss euch das erklären. Im Moment hängen zwei Reviere an dem Fall, Frankfurt und Offenbach, mehr Rivalität kann man sich wohl kaum vorstellen, oder?«
Sonntag, 11:35 Uhr
P olizeipräsidium Offenbach.
Bernhard Spitzer rollte zwei Bleistifte zwischen seinen Fingern, während er mit zusammengekniffenen Augen der blechernen Stimme lauschte, die aus dem Telefon klang. Peter Brandt, sein Freund, mit dem er schon vor Jahrzehnten die Polizeiakademie besucht hatte, saß ihm gegenüber und hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Es sah so aus, als würde er jeden Moment die Füße auf den Schreibtisch heben, aber dieser Schein trog natürlich.
Auch Brandt richtete seine Konzentration voll und ganz auf die von leichtem Rauschen und Knacksen begleitete Frauenstimme, die ihm nur allzu vertraut war. Andrea Sievers hielt gerade einen ihrer medizinischen Monologe, doch selbst dieser Materie verlieh sie einen sinnlichen Klang. Es war nicht so, dass Brandt ihr noch immer nachtrauerte, auch wenn er manchmal das Gefühl hatte, dass Bernhard ihm das insgeheim unterstellte. Das verunsicherte Brandt, denn wenn sein Chef solche Gedanken hegte, taten dies vielleicht auch andere. Elvira zum Beispiel, Peter Brandts derzeitige Partnerin, mit der er praktisch noch während der Trennungsphase von Andrea zusammengekommen war.
»Es bleibt also ganz klar festzuhalten, dass der Mann noch lebte, als er zu brennen begann«, schloss die Rechtsmedizinerin ihre Analyse.
Brandt richtete sich ruckartig auf. »Wie bitte? Ist das sicher?«
»Wenn ich’s doch sage«, erwiderte Andrea ein wenig pikiert. »Er hat Rauch eingeatmet, nicht Unmengen davon, aber die Rückstände sind eindeutig. Die Beschädigung des Lungengewebes lässt dabei auch keinerlei Zweifel, dass es sich nicht etwa um Zigarettenrauch oder Holzkohlefeuer handeln könnte, nur, um das gleich klarzustellen.«
»Dann reden wir hier von einer Hinrichtung«, murmelte Brandt, noch nicht ganz sicher, wie er diese Erkenntnis bewerten sollte.
»Geht es denn noch präziser?«, erkundigte sich Spitzer. »Ich meine, ist der Mann an dem Qualm gestorben? Sie haben eben gesagt, es sei nicht viel.«
»Okay, zunächst zwei Fakten zu dem Rauch«, führte Andrea aus. »Die Zusammensetzung spricht dafür, dass Öl und Gummi verbrannt sind. Schmieriger schwarzer Qualm also, wie es die Feuerwehr bestätigt hat und wie er an Unfallstellen völlig normal ist. Reifen, Benzin, Öl – so heizt selbst der abgedrehteste Typ keinen Grill an. Viel wichtiger ist aber die Temperatur. Die Atemwege sind förmlich geräuchert, durchgegart, ich würde es euch ja einfach mal zeigen, aber es ist nicht unbedingt appetitlich. Die eingeatmete Luft war demnach nicht nur giftig, sondern vor allem unglaublich heiß. Da ist bis in die letzte Spitze der Lungenflügel alles verschmort. Ich erzähle da sicher nichts Neues, wir waren ja alle schon bei mindestens einer betrieblichen Fortbildung zum Brandschutz. Brandtschutz«, sie kicherte kurz, aber niemand reagierte auf das Wortspiel, also fuhr sie fort: »Gut, also man weiß heutzutage in der Regel, dass bei einem Feuer nicht die äußeren Verbrennungen, sondern meist die Inhalation des Rauchs – sei es nun wegen des Giftes oder der Temperatur – tödlich ist. Das hat sich von den Scheiterhaufen bis zum Wohnungsbrand nicht geändert.«
»Prima«, unterbrach Peter sie ungeduldig, »und jetzt kommst du mal bitte zum Kern der Sache und verrätst uns, ob nun letzten Endes der Rauch oder die Flammen die Todesursache waren.«
»Herrje, immer wenn man mal ein wenig Eifer entwickelt«, seufzte Andrea. »Ich hatte noch so schöne Anmerkungen in petto, aber meinetwegen. Gestorben wäre er in jedem Fall, ich kann das nicht prozentual gewichten. Wenn ich darauf wetten müsste, würde ich sagen, dass er relativ schnell gestorben ist, sonst hätte er im Todeskampf weitaus mehr
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