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Teufelsberg: Roman (German Edition)

Teufelsberg: Roman (German Edition)

Titel: Teufelsberg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Dannenberg
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hielten zwei Männer Annika fest, und vier andere rollten ein Fixierbett herbei, auf dem weiße Schlaufen mit schwarzen Knöpfen lagen.
    »Frau Fechner, es tut mit leid«, sagte Neef. »Wir müssen Sie fixieren.«
    »Nein«, schrie Annika. »Nicht auf die Matte! Nicht auf die Matte!«
    »Sie sind selbstgefährdet und fremdgefährdend. Sie tun ja den Leuten weh, wenn Sie so toben, und auch sich selbst. Wenn Sie nicht kooperieren und sich freiwillig aufs Fixierbett legen, müssen wir Sie zwingen. Es ist zu Ihrem Schutz.«
    »Nicht auf die Matte! Nicht auf die Matte!«
    »Ich gebe Ihnen noch dreißig Sekunden. Sie können immer noch kooperieren.«
    »Nicht auf die Matte! Nicht auf die Matte!«
    »Noch zehn Sekunden.«
    »Nicht auf die Matte! Nicht auf die Matte!«
    Die Pfleger packten Annika, hoben sie hoch und drückten sie aufs Bett, sie trat, schlug und biss, zwei Pfleger setzten sich mit den Knien auf Annikas Schenkel, Neef drückte ihren Kopf auf die Matratze, und als sie sich schüttelte, umfasste er ihren Hals. Sein Gesicht war leer. Sie spuckte, bis ihr jemand ein Handtuch über den Mund spannte. Vier andere Pfleger pressten Annikas Arme nach unten, und nach kurzer Zeit war sie gefesselt. Ihre Hand- und Fußgelenke steckten in weißen Schlaufen, sie trug einen Bauchgurt. Als Letztes schloss einer den Brustgurt, dann wurde ihr Bett in den Flur geschoben.
    Die Pfleger scherzten. »Das mit den Stiefeln war wie in der Ausbildung«, sagte einer. »Die Schlaufen müssen immer ums Gelenk, nicht um den Stiefelschaft. Gut, dass ich damals aufgepasst habe.«
    »Streber«, sagte ein anderer. »Mist, ich habe mein Essen noch nicht abgeholt. Hoffentlich haben die es nicht schon entsorgt.«
    Annika sah in die Milchblasen an der Decke, die Räume schäumten, sie schrie. Die wilde Kapusta ging ein Stück mit.
    »Baby, es wird wieder gut«, sagte sie. »Du schminkst dich toll, du hast Stil. Glaub mir, es wird wieder gut.«
    Der Isolierraum war schon besetzt, darum brachte man Annika in ein Zimmer, in dem schon ein anderer Patient auf einem Fixierbett lag. Sie sah ihn kurz, sein Gesicht ähnelte einer eingeschrumpelten Kartoffel, dann wurde sie hinter einen Paravent geschoben. Er bestand aus blauem, gesprenkeltem Plastik und hatte graue Rollfüße.
    Annika schrie.
    »Mädchen«, hörte sie den anderen Patienten hinter der Wand sagen, »ich gebe dir einen guten Rat. Lass dir nicht anmerken, was du an Wut und Verzweiflung in dir hast. Je ruhiger du dich gibst, umso eher lassen die dich frei. Du musst das alles unterdrücken, verstehst du?«
    Annika nickte, obwohl sie wusste, dass er sie nicht sah. Bald begannen ihre Handgelenke zu schmerzen.
    »Könnten Sie bitte meine Handfesseln lockern?«, fragte sie die Schwester, die zur Überwachung dabeisaß. »Mir tun die Arme weh bis in die Schultern.«
    »Da müssen Sie warten, bis der Arzt kommt«, sagte die Schwester.
    »Wann kommt er denn?«
    »Weiß nicht, er hat im Haus zu tun.«
    »Können Sie ihn bitte rufen? Ich kann die Schmerzen nicht ertragen.«
    »Das geht jetzt nicht«, sagte die Schwester.
    Annika begann zu weinen. »Können Sie mir mein Handy ans Ohr halten? Ich möchte meine Mutter anrufen.«
    »Das geht jetzt nicht«, sagte die Schwester.
    Der Mann hinter dem blauen Paravent begann zu stöhnen. »Es ist mir sehr peinlich, aber ich muss kacken.«
    »Gut, ich bringe die Bettpfanne«, sagte die Schwester. »Und ich mache das Fenster auf.«
    Sie verschwand hinter dem Paravent. Annika hörte eine lange Stille, dann die Furzgeräusche des Mannes.
    »Entschuldigung«, sagte der Mann. »Es ist mir so peinlich, und das vor der jungen Dame. Entschuldigung. Entschuldigung.«
    »Fertig?«, fragte die Schwester.
    »Ja. Aber mein After ist noch schmutzig.«
    »Ich putze Sie ja schon ab«, sagte die Schwester. »So, das hätten wir.«
    Danach blieb es eine Weile ruhig.
    Irgendwann begann Annikas Blase zu schmerzen.
    »Schwester, ich muss mal«, sagte sie, »darf ich auf die Toilette gehen?«
    »Das geht jetzt nicht«, sagte die Schwester. »Ich bringe den Schieber.«
    Sie trug eine Schüssel an Annikas Bett, die einer flachen Suppenterrine ähnelte.
    »So, heben Sie mal den Popo an, ich ziehe Ihnen die Hose runter, und Sie kriegen ein Handtuch drunter, falls was daneben geht. Achtung, jetzt kommt der Schieber.«
    Sie schob Annika das kalte Metall unter. Annika weinte.
    »Darf ich nicht lieber auf die Toilette gehen? Ich mache auch nichts Böses. Ich verspreche es! Wirklich! Ich lasse

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