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Teufelsberg: Roman (German Edition)

Teufelsberg: Roman (German Edition)

Titel: Teufelsberg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Dannenberg
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kamen die Wintersportler, die Drachenflieger, die Weinbauern mit ihren Wilmersdorfer Teufelströpfchen, und irgendwann, als alles ruhig war, als alles gut war, kam der Antiwind.
    Lotti zitterte. Sie durfte nicht an Mokischken denken, damit es der Antiwind nicht fand. Aber er jagte durch ihr Gedächtnis, durch den gefluteten S-Bahntunnel, durch den Bunker, durch das Irrenhaus in Ueckermünde, durch den Lazarettzug, die Toten lagen auf dem Perron, durch Marienwerder und Mohrungen und Heilsberg und immer weiter nach Osten und immer weiter zurück in der Zeit, über die Memel und durch die langen, langen Alleen bis Mokischken. Es war Winter, in der Ferne stießen die Bäume ihre Äste durch den Schnee, und das Gutshaus leuchtete gelb, und der große neugotische Turm in seiner Mitte war kirchenhaft mit seiner lanzenförmigen Spitze. Auch das Verwaltergebäude war gelb, es stand abseits, näher am Fluss, und über dem vereisten Wasser und den verschneiten Feldern wölbte sich das Licht, wie Johann Aschmutat versprochen hatte. Aber jetzt riss der Antiwind an allem, und Mokischken verschwand.
    Er ist der Teufel, dachte Lotti plötzlich. Vosskamp ist der Teufel. Mit seinem Singen und Augenblitzen hat er Mokischken aufgespürt, und nun wird alles zerstört.
    Sie drückte auf den Notrufknopf, zuerst kam Schwester Nina von der Mittagsschicht, dann Dr. Neef, er steckte Lotti eine Tablette in den Mund. Sie schmeckte bitter und schmolz sofort.
    »Er ist der Teufel«, weinte Lotti.
    »Das Lorazepam wirkt gleich«, sagte Neef, zog einen Stuhl heran und setzte sich. »Was ist denn los, Frau Kaleschke? Sie waren doch so vergnügt, als Sie heute von Vosskamp zurückkamen.«
    »Es war nicht richtig«, weinte Lotti, »er hat meine Gedanken überlistet.«
    »Ach Frau Kaleschke. Wissen Sie, was ich glaube? Sie haben eine negative therapeutische Reaktion. Das ist gar nicht so selten, dass Patienten auf Heilungsimpulse regressiv reagieren. Sie werden sehen, auf Dauer wird Sie das weiterbringen. Zwei Schritte vor, einer zurück.«
    Was redet der da, dachte Lotti, und warum rasiert der sich nicht?
    Das Gesicht des jungen Arztes war weich und unaufgeräumt. Wenigstens nahm er sich Zeit und blieb bei ihr sitzen.
    »Am besten legen Sie sich hin, Frau Kaleschke«, sagte Neef. »Nina holt Sie am Nachmittag zur Musiktherapie ab. Die findet übrigens draußen statt. Sie müssen nicht laufen, wir haben für Sie einen Rollstuhl.«
    Er half ihr aus dem Sessel auf und führte sie zum Bett. Während sie die Augen schloss, hörte sie Johanns Stimme.
    »Du musst weg, so weit es geht und so schnell es geht.«
    »Es ist doch nur eine Blinddarmentzündung«, antwortete sie.
    »Danke Gott für diese Entzündung. Du kommst nach Marienwerder, ich habe alles organisiert.«
    »Aber warum denn so weit? Es gibt doch in Tilsit ein Krankenhaus.«
    Die Falte auf seiner Stirn war tief.
    »Versprich mir was.«
    »Ja?«
    »Komm nicht wieder nach Mokischken. Du musst fort, Du musst nach Berlin zurück.«
    »Aber was wird mit dir?«, fragte sie.
    »Wir treffen uns am Anhalter Bahnhof.«
    »Versprich es mir.«
    »Ich verspreche es dir. Vergiss Mokischken, versprich es mir.«
    »Ich verspreche es dir.«
    Es war der 15. Januar 1945.
    Schwester Nina weckte Lotti am frühen Nachmittag, Lotti sah als Erstes ihre kurzen karottenroten Haare. Auf dem Esstisch stand schon der Kuchen, Käsekuchen mit Mandarinen, und eine Tasse koffeinfreier, lauwarmer Kaffee.
    Irgendwas war, dachte Lotti, aber sie konnte sich nicht erinnern, sie war in Müdigkeit gefangen.
    Später, als die Schwester sie im Rollstuhl über den Flur schob, sah Lotti wieder das Bild von Horst Vierer, und als sie die Strichmännchen erkannte, die von der bunten Wiese vertrieben wurden und ins Krankenhaus mussten, fiel ihr alles wieder ein.
    Ich habe mein Versprechen gebrochen, dachte sie, ich habe an Mokischken gedacht, ich bin nicht hier in Berlin geblieben mit meinen Gedanken. Was, wenn jetzt auch Johann sein Versprechen bricht und nicht zurückkommt?
    Die Patienten warteten schon unten in der Empfangshalle zwischen den durchscheinenden Säulen, den Springbrunnen und den umherwandelnden Besuchern, und alle sahen verloren aus. Auch Lotti war das erste Mal seit vielen Wochen wieder unter fremden Menschen, die Geräusche und Bilder kamen ihr seltsam nah, als würden alle Details der Welt auf unsichtbaren Sprungfedern stecken und ihr entgegenpeitschen.
    Zur Musiktherapie wurden sie in einem kleinen Bus gefahren. Außer den

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