Teufelsflut
Interesse an der Sache haben.«
Tweed erzählte Paula von seinem merkwürdigen Gespräch mit René Lasalle und dem ungewöhnlichen Verhalten, das sein alter Freund dabei an den Tag gelegt hatte. Paula hatte einen der großen, blauen Umschläge dabei, in die Richard üblicherweise seine Phantomzeichnungen steckte.
»Stellen Sie mir bitte eine Verbindung mit dem Premierminister her«, sagte Tweed zu Monica. »Ich hätte im Laufe des Tages gern einen Termin bei ihm.«
Sam Sneed eilte, die Sherlock-Holmes-Mütze ein wenig schief auf seinem gnomenhaften Kopf, mit großen Schritten die Fleet Street entlang. Vor einer halben Stunde hatte er die Redaktion der
Daily Nation
verlassen und gleich darauf auf seiner Bank zweitausend Pfund in bar eingezahlt, die er bei der Übergabe des Originalvideos von der Chauffeurin des Jaguars erhalten hatte.
Am liebsten hätte Sneed mitten auf der Straße einen Freudentanz aufgeführt. Zu dieser Vormittagsstunde würde sein Lieblingspub, in dem er seinen Erfolg zu begießen gedachte, wohl gerade erst geöffnet haben. Sneed vermutete, dass es drinnen ziemlich ruhig zugehen würde, sodass er ganz gemütlich vor einem Bier sitzen und seinen Sieg im Stillen genießen konnte. Endlich war auch er auf der Straße des Erfolgs. Von nun an würde es mit ihm aufwärts gehen.
Sneed hatte sich eine Ausgabe der
Daily Nation
unter den Arm geklemmt. Schließlich konnte er seinen Artikel auf der Titelseite gar nicht oft genug lesen. Der Chefredakteur war sehr zufrieden mit seiner Arbeit gewesen und hatte sogar angedeutet, dass er ihm möglicherweise eine feste Stelle bei der Zeitung anbieten wolle.
»Sind Sie Mr. Sneed? Mr. Sam Sneed?«, sagte auf einmal eine kultiviert klingende Stimme.
Sneed mochte es nicht, wenn er von wildfremden Menschen angesprochen wurde. Er blieb stehen und musterte den Mann, der vor ihm stand. Er mochte Ende dreißig, Anfang vierzig sein. Ein gut aussehender Bursche mit gelb-blondem Haar und einem Lächeln auf dem glatt rasierten Gesicht. Er trug einen militärisch anmutenden Trenchcoat und hatte eine Einkaufstüte von
Aquascutum
in der Hand.
»Was wollen Sie von mir?«, herrschte Sneed den Mann an. »Ich habe es eilig.«
»Der Chef war sehr zufrieden damit, wie Sie den ersten Auftrag ausgeführt haben. Sie haben dafür ja schon zwei Riesen bekommen.
Hätten Sie vielleicht Lust, sich noch mal die doppelte Summe zu verdienen?«
Das Doppelte von zweitausend Pfund. Das wären ja viertausend Pfund.
Einfach so?
»Was müsste ich denn dafür tun?«, fragte Sneed in einem etwas freundlicheren Ton.
»Das würde ich Ihnen lieber nicht auf der Straße erklären. Irgendwie fühlt man sich hier draußen immer ein bisschen beobachtet, finden Sie nicht? Besonders jetzt, wo Sie quasi im Licht der Öffentlichkeit stehen. In der Zeitung, die Sie da unter dem Arm tragen, ist doch sogar ein kleines Foto von Ihnen drin. Es dauert bestimmt nicht mehr lange, dann bittet man Sie auf der Straße um ein Autogramm.«
»Meinen Sie wirklich?«
»Vergessen Sie nicht, pro Unterschrift einen Fünfer zu verlangen«, sagte der Mann im Trenchcoat grinsend. »Aber jetzt sollten wir uns wirklich ein ruhiges Plätzchen suchen, wo wir ungestört miteinander reden können. Gehen wir doch in meinen Club. Er ist gleich um die Ecke.«
»Ich war eigentlich gerade auf dem Weg zu meinem Lieblingspub.«
»In meinem Club können wir unter vier Augen reden. Ich muss Ihnen einen Plan zeigen. Hier entlang, bitte.«
Sie gingen zu einer kleinen Seitenstraße, die nach wenigen Metern wieder um eine Ecke führte. Hier blieb der Mann im Trenchcoat stehen und deutete mit seiner behandschuhten rechten Hand in die Gasse.
»Nach Ihnen, Sir. Der Eingang ist gleich hinter der Ecke links.«
Als Sneed in die enge Gasse trat, spürte er, wie ihm das Adrenalin in die Adern schoss. Nach all den Jahren mit seiner unangenehmen Schwester – die allein die Miete zahlte – kam er nun endlich selber zu Geld. Er würde das Motorrad verkaufen und sich einen schnellen Wagen zulegen. Und natürlich elegante Kleidung. Mit diesen angenehmen Gedanken umrundete er die Ecke und suchte nach der Tür zum Club.
Hinter ihm blickte sich der Mann im Trenchcoat um. Die Luft war rein.
Während er Sneed um die Ecke folgte, nahm er ein langes Stück Draht mit hölzernen Knebeln an beiden Enden aus der Manteltasche. Von hinten trat er auf Sneed zu und legte ihm die Drahtschlinge über die Mütze hinweg um den Hals. Dann packte er beide Holzknebel
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