Teufelsflut
er als rechte Hand des Präsidenten fungiere, was sie allerdings nicht sonderlich beeindruckt hatte. Danach hatte er sich mehrmals mit ihr zum Mittagessen verabredet und sie gleichzeitig von einem Detektivbüro auf Herz und Nieren überprüfen lassen. Vance Karnow war nun einmal ein gründlicher Mensch.
Die Nachforschungen der Detektei hatten alles bestätigt, was Trudy ihm bei ihren Treffen erzählt hatte. Sie war zwei Jahre lang bei einem der besten privaten Sicherheitsdienste in New York beschäftigt gewesen und hatte dort ausgezeichnete Arbeit geleistet. Schließlich hatte sie sich nach Washington versetzen lassen, wo sie dann allein in einer Wohnung lebte.
Was die Detektei allerdings nicht hatte herausfinden können, war die Identität ihres verstorbenen Mannes. Bei einem ihrer gemeinsamen Mittagessen hatte Vance Karnow sie nach ihm gefragt.
»Wir haben in verschiedenen Staaten gelebt«, hatte Trudy geantwortet und ihm dabei gerade in die Augen gesehen. »Aber ich möchte über dieses Thema nicht reden. Es tut zu sehr weh. Also fragen Sie mich bitte nicht noch einmal.«
Karnow hatte ihren Wunsch respektiert und ihr bald darauf ein Angebot unterbreitet. »Wie wäre es mit einem hoch bezahlten Job, bei dem Sie ganz ähnliche Aufgaben hätten wie in Ihrem jetzigen Beruf?«, hatte er sie gefragt und ihr erklärt, dass sie für eine streng geheime Organisation arbeiten würde.
»Wenn Ihnen bis jetzt noch nicht klar ist, dass ich meinen Mund halten kann, vergessen Sie die Sache lieber«, hatte sie darauf geantwortet.
Schließlich hatte Karnow sie für das Dreifache ihres bisherigen Gehalts angeheuert. Trudy hatte das Angebot akzeptiert, sich aber standhaft geweigert, irgendeine Art von Vertrag zu unterschreiben. Nach langem Hin und Her hatte Karnow, den Trudys Persönlichkeit schwer beeindruckt hatte, ihre Bedingungen akzeptiert.
Nach und nach hatte er ihr enthüllt, dass Unit Four mit dem Schutz von Staatsgeheimnissen betraut war und dass er seine Befehle direkt aus dem Oval Office bekam.
Als Karnow dem Präsidenten die Bildung von Unit Four vorgeschlagen hatte, war er hinsichtlich ihrer Arbeitsweise absichtlich vage geblieben.
Zuerst hatte er grundlegendere Dinge erörtert.
»Wir sind beide nicht gerade glücklich über die undichten Stellen bei der CIA und dem FBI«, hatte er in einem Gespräch mit dem Präsidenten gesagt. »Deshalb brauchen wir eine kleine, knallharte Truppe von handverlesenen Männern, um in wirklich sensiblen Situationen handlungsfähig zu bleiben.«
»Mit ‹wir‹ meinen Sie wohl mich«, hatte der Präsident ihn verbessert.
»Natürlich, Mr. President. Es war ein Versprecher.«
»So etwas passiert Ihnen nicht häufig, Vance«, hatte der Präsident geantwortet und mit einem Augenzwinkern hinzugefügt: »Leider habe ich immer so viel zu tun, dass mir gar nichts anderes übrig bleibt, als gewisse Entscheidungen ganz in Ihre Hände zu legen.«
Jetzt, als Brad Braun in die Suite kam, erinnerte sich Karnow noch immer daran, wie viel sagend der Präsident ihm damals zugezwinkert hatte.
Hinter Braun kamen Bancroft und die anderen herein. Die neun Männer setzten sich auf die Plätze, die sie zuvor schon eingenommen hatten.
»Trudy kommt nicht«, sagte Bancroft. »Sie ist der Meinung, dass sie bei dieser Konferenz nicht gebraucht wird.«
»Sie hat andere Sachen zu erledigen«, improvisierte Karnow.
Im Geiste erteilte er Trudy ein dickes Lob. Es war taktvoll von ihr, diesem Treffen fern zu bleiben und ihm das Feld zu überlassen.
»Ich habe noch einmal über das nachgedacht, was ich Ihnen vorhin über Tweed gesagt habe«, begann Karnow. »Wir lassen ihn wohl doch lieber am Leben. Ich habe mir nämlich Folgendes überlegt…«
Schon vor langer Zeit hatte Karnow gelernt, gute Ideen von anderen Leuten als seine eigenen auszugeben. Wie um zu beweisen, wie intelligent er war.
14
Paula und Tweed gingen auf dem Trottoir, das so schmal war, dass Marler neben ihnen die Straße benutzen musste. Die Gegend war menschenleer, und Paula hatte das seltsame Gefühl, dass die alten Häuser ringsum sich jeden Moment auf sie stürzen könnten. Es war unheimlich still, nicht einmal ein Lufthauch regte sich.
»Da ist die Buchhandlung«, sagte Marler.
»Sieht ziemlich heruntergekommen aus«, bemerkte Tweed.
Nur mit Mühe konnte er entziffern, was in abblätternder Goldfarbe über dem staubigen Schaufenster stand: »Vallade«, der Name des Besitzers, dessen Lettern seit vielen Jahren nicht mehr
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