Teufelsflut
nach. Der Buchhändler schüttelte Paula die Hand und lächelte sie freundlich an.
»In der Schachtel ist eine illustrierte Erstausgabe von J. M. Barries
Peter Pan.
Sie wird Ihnen gefallen.«
Danach schlurfte er zurück zur Theke. Seine Besucher sahen, dass er ausgelatschte Pantoffeln trug. Als er wieder hinter dem Tresen stand, schaute er Tweed in die Augen.
»Entschuldigen Sie die Unterbrechung. Also, ich habe diesem Goslar gesagt, dass ich ein Exemplar des gewünschten Buches hätte, dass es aber sehr teuer sei. Goslar hat sich den Preis nennen lassen und daraufhin gesagt, ich solle das Buch für ihn zurücklegen.«
»Hat er es selbst abgeholt?«, fragte Tweed.
»Nein. Er hat jemanden vorbeigeschickt. Es war eine gut aussehende rothaarige Dame.«
»Hat sie Ihnen ihren Namen genannt?«, fragte Tweed wie beiläufig.
»Nein. Sie hat nur gesagt, dass Dr. Goslar sie geschickt hätte, um das Buch abzuholen.«
»Könnten Sie die Frau genauer beschreiben?«
»Sie war etwa so groß wie Miss Grey. Und auch sehr hübsch. Ihre Augen waren blaugrau. Sie hatte ein Kopftuch auf. Ich habe ihre schönen roten Haare nur bemerkt, weil der Wind ihr beim Verlassen des Ladens das Kopftuch ein wenig gelüftet hat. Es waren lange Haare.«
»Wann hat sie denn das Buch geholt?«
»Mein Gedächtnis ist in letzter Zeit nicht mehr allzu gut, aber ich würde sagen, dass es vor etwa zehn Tagen gewesen sein muss. Vielleicht ist es auch ein bisschen länger her.«
»Noch etwas, Etienne«, unterbrach Marler. »Können Sie uns etwas über den Gelben Mann erzählen?«
»Großer Gott«, sagte Vallade und machte zum ersten Mal seit Tweeds Eintreten ein ernstes Gesicht. »Das ist ein brutaler Killer, der mindestens drei prominente Persönlichkeiten auf dem Gewissen haben soll. Einen Deutschen, einen Schweizer und einen wohlhabenden Mann, der in einem großen Haus hier am Quai gewohnt hat. Man sagt, dass der Gelbe Mann eine Million Dollar für seine Morde bekommt. Er soll sehr gut in seinem Metier sein. So gut, dass die Polizei nicht die leiseste Ahnung hat, wie er aussieht. Aber trotzdem munkelt man in der Unterwelt, dass er der Gelbe Mann genannt wird, weil er gelb-blondes Haar hat. Das sagen jedenfalls meine Informanten.«
»Wissen Sie vielleicht, wo er sich derzeit aufhält?«, fragte Marler.
»Nein, leider nicht. Immerhin ist mir aber zu Ohren gekommen, dass er Engländer sein soll. Nur, wie soll man das bei einem Unsichtbaren nachprüfen? Bitte, sagen Sie niemandem, dass ich Ihnen das alles erzählt habe.«
»Wir würden Ihren Namen niemals preisgeben«, versicherte ihm Tweed.
»Sie haben uns wirklich sehr geholfen.«
Tweed griff zögernd nach seiner Brieftasche, aber Marler verpasste ihm mit dem Ellenbogen einen Stoß in die Rippen. Tweed zog die Hand zurück. Vallade erwartete offenbar keine Bezahlung. Der kleine, dickliche Mann trat jetzt hinter der Theke hervor und schlurfte hinüber zu Paula, die immer noch das Peter-Fan-Buch bewunderte.
»Ein wirklich schönes Buch«, sagte sie und gab ihm den Band zurück, nachdem sie ihn sorgfältig zurück in die Schatulle gelegt hatte.
»Es gehört Ihnen, Miss Grey.«
»Aber das ist eine Erstausgabe. Ich kann unmöglich…«
»Es ist ein Geschenk«, sagte Vallade und drückte ihr die Hand. »Ein Geschenk von Vallade dürfen Sie nicht ablehnen.« Er drehte sich um und gab Tweed ebenfalls die Hand.
»Nehmen Sie sich vor Männern mit gelb-blondem Haar in Acht, Mr. Tweed«, sagte er.
»Vielen Dank für das wunderbare Geschenk«, sagte Paula. »Ihr Englisch ist übrigens perfekt. Wo haben Sie das gelernt?«
»Danke für das Kompliment.« Vallade strahlte. »Als junger Mann bin ich in einem Antiquariat in der Nähe des Picadilly Circus in die Lehre gegangen. So oft ich kann, kehre ich nach London zurück, um mein Englisch aufzufrischen. Sprachen verändern sich ja laufend. Nehmen auch Sie sich in Acht, Miss Grey. Sie sind eine so reizende junge Dame…«
Nachdem die drei den Laden verlassen hatten, schloss Vallade leise die Tür hinter ihnen. Marler blickte nach rechts den Gehsteig entlang.
»Wir sind fast am Ende der Straße angelangt. Von hier aus können wir gleich zur Hauptstraße gehen, zur Rue St-Louis en Ile.«
»Nein«, erwiderte Tweed. »Lassen Sie uns genauso zurückgehen, wie wir gekommen sind. Auf diesem Weg kommen wir direkt zum Restaurant Paul auf der île de la Cité. Ich habe Hunger, und dort bekommt man exzellentes Essen.«
Newman bog um eine Ecke und ging neben
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