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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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dass die Wirkung der Frucht etwas mit ihren Röststoffen zu tun haben könnte.
    Scheuerle sagte die ganze Zeit nichts, hörte nur zu und blies Rauchkringel in die Luft. Als Kieffer geendet hatte, schaute er ihn und Vatanen an. Dann stand er auf und gluckste. »Ihr beiden seid spitze. Ihr findetdieses mysteriöse Zeug, das ich jetzt umgehend von einem Kollegen analysieren lassen werde. Mit aller gebotenen Vorsicht, versteht sich. Wer weiß, ob es giftig ist. Oder gar«, er schaute Kieffer und Vatanen grinsend an, »irgendwie psychoaktiv. Theoretisch ist das ja möglich. Aber ihr habt euch keinen Kopf gemacht, ihr habt es euch einfach reingezogen wie die Erstsemester. Das nenne ich Rock ’n’ Roll.«
    Scheuerle griff das Kühltäschchen und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Das Labor befand sich in einem Nebentrakt des Gebäudes. »Das ist besser, falls mal was explodiert«, erläuterte der Wissenschaftler ungefragt. Als sie angekommen waren, händigte er die Kühltasche einem Assistenten aus und wies ihn an, die Proben vorzubereiten und einzulagern. Dann wandte er sich Xavier zu.
    »Ich kann nichts versprechen. Aber die Sache klingt verdammt interessant, deshalb werde ich alle Register ziehen. Trotzdem würde ich mir an deiner Stelle keine allzu großen Hoffnungen machen. Wenn es wirklich eine ganz normale Frucht aus Gottweißwo ist, dann stehen unsere Chancen ziemlich schlecht.«
    »Was genau wirst du denn mit der Probe machen?«, fragte Kieffer.
    »Erst einmal fotografieren wir sie. Dann wird sie schockgefroren und in hauchdünne Scheiben geschnitten. Die kommen unters Mikroskop und werden diversen Samplingverfahren unterzogen. Das mache ich der Gründlichkeit halber, zur eindeutigen Sortenbestimmung. Aber ich bin da, wie gesagt, eher skeptisch.«
    »Aber stehen nicht alle Früchte der Welt in irgendwelchen Lexika?«
    »Die bekannten schon. Ich habe zusammen mit einem Kollegen vor zwei Jahren ein Bestimmungsbuch für alle wissenschaftlich dokumentierten Früchte auf CD -ROM veröffentlicht, und wenn diese dabei gewesen wäre, dann hätte ich sie bereits erkannt. Vermutlich. Aber man kann ja nie wissen, das alte Gehirn lässt allmählich nach, deshalb machen wir die Tests.«
    »Wie wahrscheinlich ist es denn, dass es sich um eine nicht kategorisierte Art handelt?«, fragte Vatanen.
    Scheuerle schürzte die Lippen, blickte an die abgehängte Decke und verharrte einige Sekunden, so als ob er eine komplexe Rechenoperation in seinem Kopf durchführte.
    »Wissen wir nicht. Wir haben jetzt September, und in unserer karpologischen Datenbank, die alle Neuentdeckungen aufnimmt, sind seit Anfang des Jahres etwa 350 neue Früchte eingepflegt worden. Wir nehmen nur solche, die wirklich neu sind. Eine Kartoffel, die dank Züchtung ein kleines bisschen anders ist als die altbekannte Solanum tuberosum, die zählt nicht. Im Schnitt haben wir 500 Neuzugänge pro Jahr. Das bleibt relativ konstant.«
    »Müssten es nicht weniger werden?«, fragte Kieffer. »Ich dachte, inzwischen ist so ziemlich alles erforscht.«
    »Das denkt der Mensch in seiner Hybris, aber es gibt noch Gegenden im südamerikanischen Regenwald, in Polynesien oder Nordwest-Sibirien, wo selbst heutzutage noch nie ein Mensch vorbeigeschaut hat.«
    Scheuerle grinste. »Und auch kein Wissenschaftler. Da draußen sind ganz sicher noch Tausende unbekannter Pflanzen, ach was, Zehntausende. Aber neue essbare Früchte, die sind schon recht selten.«
    »Und der Geschmack? Wirst du das Aroma auch untersuchen?«
    »Ja, das ist das Zweite, was wir machen werden, und das ist auch der Ansatz, von dem ich mir mehr verspreche. Wir werden versuchen herauszufinden, wie diese Frucht funktioniert, also chemisch gesehen. Wobei das unter Umständen sehr lange dauern kann. Das Wort Aroma ist in diesem Zusammenhang nämlich ein bisschen irreführend.
    Selbst ein einfacher Orangensaft enthält über zweihundert verschiedene Aromastoffe. Wie viele davon dieses Zeug hat, wann sie Wohlgeschmack hervorrufen, in welcher Wechselwirkung mit anderen Inhaltsstoffen sie stehen – das zu erforschen, dauert seine Zeit. Aber wir haben hier ein paar gute Flavouristen, die setze ich darauf an.«
    »Flavouristen?«, sagte Kieffer und blickte etwas angewidert. »Aromadesigner? Ich dachte, solche Typen arbeiten nur bei großen Lebensmittelkonzernen. Um fade Tiefkühlpizzen essbar zu machen.«
    »Oder um aus Sägespänen Erdbeeraroma zu erzeugen. Moderne Alchemie!«, fügte Scheuerle hinzu. »Das können wir

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