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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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Drittmittel-Geber seines Instituts. Schon deshalb wird er uns nicht hängen lassen, denke ich. Zumal deine Geschichte ja auch ziemlich interessant ist, aus Sicht eines Botanikers.«
    »Was hast du ihm denn am Telefon gesagt?«
    »Na, die Wahrheit. Der Typ hat ein viel zu großes Gehirn, als dass ich ihn bescheißen könnte. Ich habe ihm gesagt, dass die Sache etwas heikel ist, weil das Zeug auf Umwegen in deinen Besitz gelangt ist.«
    »Und dass die Sache etwas delikat ist, hat diesen Scheuerle nicht gestört?«
    »Nein, ich habe ihn darauf hingewiesen, der Fairness halber, damit er im Zweifelsfall gleich sagen kann, dass er nichts mit der Geschichte zu tun haben will. Aber er hat nur erwidert, die meisten interessanten Dinge seien ja irgendwie dubios. So ist er. Und der Umstand, dass ein Profikoch mit über 20 Jahren Berufserfahrung diese seltsame Substanz noch nie vorher zu Gesicht bekommen hat, scheint ihn ebenfalls neugierig gemacht zu haben.«
    Gegen kurz nach elf erreichten sie die Universität. Vatanen gab Scheuerle über sein Handy Bescheid, dass sie gleich einträfen. Das Max-Planck-Institut war in einem jener Zweckbauten aus den Sechzigerjahren untergebracht, die aussahen, als seien sie komplett in einem Stück aus Stahlbeton gegossen worden. Es befand sichnicht im allerbesten Zustand: Um das Gebäude herum hatte man Gitterzäune aufgestellt, Schilder warnten vor herabstürzenden Fassadenteilen. Die verspiegelten Fenster waren teilweise erblindet und schimmerten in der Vormittagssonne in einem stumpfen Kupferton.
    Schon bevor sie durch das Hauptportal das Foyer betraten, ahnte Kieffer, wie das Innere des Gebäudes aussehen würde. Er wurde nicht enttäuscht: Er erblickte abgehängte Decken mit rußig schwarzen Lüftungsschlitzen, abgetretene, grau marmorierte Bodenfliesen und eine einstmals vermutlich senfgelbe Sitzgruppe, auf der ein Mann saß und gelangweilt in einer Illustrierten blätterte.
    Als er die beiden Besucher sah, sprang er auf und kam lächelnd auf sie zu. Scheuerle war ein etwas verwittert aussehender, braun gebrannter Mittvierziger mit bereits deutlich ergrauter Löwenmähne. Über einer schwarzen Jeans und einem dunkelgrauen Button-Down-Hemd trug er einen Chemikerkittel, der ungewöhnlicherweise ebenfalls schwarz war. Am Revers steckten mehrere bunte Buttons. Auf einem stand: »Chemists do it periodically«.
    Er begrüßte Vatanen mit einem herzlichen Handschlag und klopfte dem Finnen auf die Schulter. »Pekka, es freut mich, dich zu sehen«, sagte er auf Englisch. »Willkommen. Und das muss dein Freund sein, der Koch.«
    Scheuerle nickte Kieffer kurz zu und schüttelte ihm die Hand. »Sagen wir du? Wir sind ja alle im gleichen Alter. Ich bin Klaus.«
    »Gerne. Xavier, freut mich.«
    »Sehr gut. Ist Englisch für euch als Sprache okay?«, fragte Scheuerle.
    »Also von mir aus können wir auch Französisch sprechen«, bot der Finne an, doch der Chemiker schüttelte den Kopf so energisch, dass seine grau melierte Haarpracht in Bewegung geriet.
    »Skandinavier sollten kein Französisch sprechen. Das ist wider ihre Natur.« Dabei setzte er ein schelmisches Grinsen auf. »Eine seelische Grausamkeit, auch für die Gesprächspartner. Außerdem ist mein Französisch zu mies, um wissenschaftliche Zusammenhänge zu erklären. Da fehlt mir das Fachvokabular. Und deswegen seid ihr ja hier, oder? Englisch also. Aber bevor wir weiterreden, gehen wir vielleicht besser erst mal in mein Büro. Hier kann man nämlich kein diskretes Gespräch führen. Diese Wissenschaftler sind schlimmer als meine 15-jährigen Zwillingstöchter, alles schnatternde Klatschbasen.«
    Scheuerle führte Kieffer und Vatanen eine Treppe hinauf und geleitete sie einen langen grauen Gang entlang, der von Neonlicht ausgeleuchtet wurde und keine Fenster besaß.
    »Modernes Mönchstum, jeder schmort in seiner eigenen kleinen Zelle vor sich hin«, erklärte Scheuerle. Er schloss eine Tür zur Rechten auf. »Hereinspaziert.«
    Es war nicht ganz einfach, in das Büro des Wissenschaftlers zu gelangen. Fast der gesamte Boden war mit Fachzeitschriften bedeckt, die zu etwa einen Meter hohen Türmchen gestapelt waren. Der restliche Platz wurde von einem massiven alten Direktorenschreibtisch aus Kirschholz eingenommen, auf dem nicht weniger als drei Computerbildschirme standen. Auf der einzig verbleibenden Freifläche stellte Scheuerle zwei Klappstühle auf. Dann brachte er den Besuchern Kaffee und setzte sich in seinen Ledersessel.
    »Also,

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