Teufelsherz (German Edition)
bekomme jemand Neuen.« Er wandte sich ab, hielt dann jedoch inne und sah sie noch einmal über die Schulter hinweg an. »Wenn du zufällig einem Engel namens Jophiel begegnest«, sagte er tonlos, »du hast mich nie gesehen.« Mit diesen Worten löste er sich auf und war verschwunden. Emily starrte verdutzt auf die Gänseblümchen.
Sie war sich mittlerweile ziemlich sicher, dass sie im Englischunterricht bei Mrs Jenkins saß und eingeschlafen war. Vermutlich tuschelten die anderen in der Klasse schon darüber, dass sie auf ihre Bücher sabberte. Vielleicht sollte sie sich selbst kneifen, damit sie aufwachte. Und wenn es so weit war, würde sie Will aber was erzählen. Er konnte sie doch nicht einfach im Unterricht einschlafen lassen.
Zumindest war es ausnahmsweise mal ein schöner Traum gewesen, abgesehen von dem Idioten. Der Park mit der Schaukel war wie aus einem Märchen, und von Albträumen hatte sie mehr als genug. Sie würde sich einfach auf die Schaukel setzen und dann aufwachen. Schaukeln konnte schließlich nicht schaden, jetzt, wo sie schon einmal hier war.
Doch sie hatte kaum den halben Weg zum Baum zurückgelegt, da verschwamm das Bild vor ihr. Sie blinzelte wild, doch ihre Sicht wurde nicht besser, und im nächsten Moment hörte sie wieder eine Stimme in ihrem Kopf.
Nicht schon wieder, dachte sie, erkannte dann jedoch etwas Vertrautes. Will. Rief er tatsächlich ihren Namen? Wieso klang er so panisch? Sie konnte ihn ja hören. War die Englischstunde bereits um?
Sie schlug die Augen auf. Durch einen trüben Schleier sah sie die vertraute schwarze Sonnenbrille. Einige blonde Haarsträhnen hingen darüber. Das war definitiv Will. Was wollte er hier?
Sie konnte den Gedanken nicht zu Ende denken, denn ihr Körper wurde von einem fürchterlichen Brechreiz geschüttelt. Ihre Lunge brannte wie Feuer, und das Chlorwasser sprudelte ätzend aus Mund und Nase. Eine leise Panik überfiel sie. Sie hatte das Gefühl zu ersticken. Jemand hob sie hoch, richtete ihren Oberkörper auf, aber immer noch spuckte sie Wasser, das durch ihren brennenden Hals hochkam.
»Was machst du nur für Sachen, Emily? Willst du mich umbringen?«
Allmählich begriff sie wieder, wie es funktionierte zu atmen, was ihr eine ungeheure Erleichterung verschaffte, und mit dem Sauerstoff nahm sie auch ihre Umgebung klarer wahr.
Sie sah die Schwimmhalle, das Becken neben sich. Will. Er war über sie gebeugt, hielt sie in seinen Armen. Er war klitschnass.
Das Becken! Natürlich. Sie war ausgerutscht. Sie war bewusstlos gewesen, sie war …
»Will?« Das Wort kratzte schmerzhaft in ihrem Hals. »Was …?«
»Sch.« Er drückte sie an seine Brust. »Es ist alles gut. Matt wird gleich wieder hier sein. Er holt Hilfe.«
Hilfe?! »Es geht mir …«
»Nein, es geht dir nicht gut.« Er hielt sie ein Stück von sich weg, um sie anzusehen. »Verflucht, Emily, wäre ich nur kurze Zeit später gekommen, wärst du jetzt … Ich musste Mund-zu-Mund-Beatmung machen, verdammt noch mal. Und das war alles andere als lustig, also bleib jetzt bitte liegen.«
Er drückte sie herunter, doch im nächsten Moment hörte sie bereits aufgeregte Stimmen.
Wie aus der Kanone geschossen, fuhr sie wieder hoch und starrte auf die Männer in den roten Jacken, die mit Koffern und Trage bewaffnet angerannt kamen. Dahinter folgten Mr Alvaric, der Basketballtrainer, der Direktor Mr Naruto und Matt, dessen Gesicht so weiß war, als hätte er soeben eine Leiche gesehen.
Hektisch sah sie sich um und überlegte, wie schnell sie in diesem Zustand laufen könnte – was natürlich Unsinn war, doch sie hatte eine ernsthafte Abneigung gegen Ärzte, Krankenhäuser und sogar gegen die Schulkrankenschwester. Aber ehe sie ihre Fluchtpläne in die Tat umsetzen konnte, knieten die beiden Sanitäter auch schon neben ihr, fragten Will irgendetwas, der schnell und aufgeregt antwortete. Sie lobten ihn, soweit sie das mitbekam, und fummelten an ihr herum.
Jemand drehte ihren Kopf zu allen Seiten, leuchtete mit einer Minitaschenlampe in ihre Augen, der Puls wurde gemessen und Fragen nach Übelkeit oder Schmerzen gestellt, die sie apathisch mit einem Nicken oder Kopfschütteln beantwortete. Sie hasste Ärzte. Sie konnte nichts anderes denken. Und deren bloße Anwesenheit bereitete ihr wahnsinnige Kopfschmerzen. Es war, als würden sie dutzende Hände gleichzeitig betatschen, und das vielstimmige Gerede um sie herum war kaum noch auszuhalten. Ihr Kopf drohte zu zerspringen, und sie spürte,
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