Teufelsherz (German Edition)
wurde sie wirklich verrückt. Vielleicht hätte sie doch etwas länger zum Psychologen gehen sollen. Eben noch war sie in der Schwimmhalle gewesen, auf dem Weg zum Fitnessraum. Wo zum Teufel befand sie sich jetzt?
»Du musst deine Augen aufmachen.«
Diese Stimme … Emily fuhr herum und holte verblüfft Luft. »Teufel noch mal!«, rief sie erschrocken aus und stolperte einige Schritte zurück, sodass sie sich beinahe auf den Hintern gesetzt hätte. Das war doch nicht zu fassen. Vor ihr war plötzlich eine Gestalt erschienen.
»Nicht persönlich.«
»Was?« Emily blickte wieder auf und sah immer noch den Fremden, der sich einfach vor ihr materialisiert hatte.
Oh ja, sie wurde tatsächlich verrückt. Wenn sie das jemandem erzählte, würde sie wohl in eine Zwangsjacke gesteckt werden. Ein dunkelhaariger Fremder auf einer Wiese aus Gänseblümchen, der ihr Befehle ins Ohr brüllte. Und sie hatte gedacht, das würde ein guter Tag werden.
»Ich sagte ›nicht persönlich‹.« Der Fremde mit den unglaublichsten grünen Augen, die sie jemals gesehen hatte und die sie irgendwie an den dunklen Mondsee erinnerten, sah sie an und seufzte angesichts ihres verwirrten Gesichtsausdrucks. »Du hast gesagt ›Teufel‹«, erklärte er ungeduldig, »und ich daraufhin ›nicht persönlich‹. Alles klar?«
Emily schüttelte den Kopf, um sich ein weiteres »Was zum Teufel?« zu verkneifen, und versuchte klar zu denken.
Sie war in der Schwimmhalle gewesen. Das wusste sie ganz genau. Und dann hatte sie diese Stimme gehört. Seine Stimme!
»Wer bist du?«
»Das ist unwichtig.«
»Sagt wer?«
Der Fremde fuhr sich mit beiden Händen durch das kurze, etwas zerzauste Haar und murmelte irgendetwas in einer Sprache, die sie nicht verstand. Zumindest wusste sie, dass es nicht besonders freundlich klang.
»Müsste ich dich irgendwoher kennen?«, fragte sie weiter, auch wenn sie die Antwort bereits kannte. Jemand wie er wäre ihr aufgefallen, und sie hätte ihn garantiert nicht wieder vergessen.
Er konnte nicht auf ihre Schule gehen. Nicht nur, weil es an der Schule niemanden gab, der einfach so aus dem Nichts auftauchen konnte – zumindest war ihr das nicht bekannt –, sondern auch weil er bereits ein paar Jahre älter wirkte. Vielleicht so Anfang Zwanzig. Noch dazu sah er einfach teuflisch gut aus mit diesem kantigen Gesicht, den tief liegenden dunklen Augenbrauen über den grünen Augen, die ihm einen etwas düsteren Ausdruck verliehen, der kerzengeraden Nase und den nicht zu vollen Lippen. Auch durch die ungewöhnliche Haarfarbe wäre er ihr in Erinnerung geblieben. Auf den ersten Blick wirkte sie schwarz, aber nicht in der Art wie ihre eigene. Sein Haar war ungleich dunkel, durchlief verschiedenste Grautöne und erinnerte sie irgendwie an Asche. Er wirkte sehr schlank. Nicht so wie Will, der nicht nur außergewöhnlich groß, sondern auch sehr sportlich war – nicht zuletzt durch das Basketballspielen und das Krafttraining. Doch dieser junge Mann war höchstens einen Meter achtzig groß und wirkte in seinen schwarzen Hosen und dem weißen T-Shirt unter der ebenfalls schwarzen Jacke etwas schlaksig. Was seinem guten Aussehen jedoch keinen Abbruch tat.
»Du kennst mich nicht«, antwortete er ihr. »Und wenn du endlich zur Vernunft kommst, wirst du auch vergessen, dass du mich jemals gesehen hast.«
»Wieso?«
»Sag mal, stellst du immer so viele Fragen?«
»Wenn jemand wie irre in meinem Kopf herumbrüllt, schon.«
»Ich habe nicht … Hör mal, du bist gerade dabei zu ertrinken. Also mach endlich deine Augen auf, bevor wir beide echt Probleme bekommen.«
»Ich verstehe kein Wort.« Sie stemmte ihre Faust in die Seite und sah ihn herausfordernd an. Es war doch wohl nicht zu viel verlangt, zu erfahren, mit wem sie hier sprach – und überhaupt, hatte dieser Idiot schon einmal etwas von Höflichkeit gehört?
»Mach einfach deine Augen auf.«
Emily warf genervt die Arme in die Luft. »Meine Augen sind doch offen.« So langsam fand sie das Ganze nicht mehr besonders lustig.
»Nein.« Die Muskeln an seinen Wangen zuckten. »Du bist bewusstlos … und bald tot.«
»Ach wirklich?« Was Will wohl zu ihrer angeknacksten Psyche sagen würde?
»Na schön.« Der Fremde fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Wenn du sterben willst – nicht mein Problem. Ich habe bereits mehr als genug getan. Verflucht noch mal, sogar mehr, als ich hätte tun dürfen.«
»Vielleicht bin ich nicht die einzige Irre hier.«
»Ersauf doch. Ich
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