Teufelsherz (German Edition)
verlangte ihr Körper nach Ruhe. Andererseits hatte Will ihr erzählt, dass er nur in die Schwimmhalle gelaufen war, weil er plötzlich so ein merkwürdiges Gefühl gehabt hatte. Welche Erklärung gab es dafür?
Sie musste sich mit aller Kraft festhalten, um nicht von der Schaukel zu fallen. Das war einfach zu viel. Sie träumte. Und auch wieder nicht. Es schien alles so real. Er schien real. Zumindest fühlte er sich so an.
»Wer bist du?« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, mehr brachte sie nicht mehr heraus.
»Hör mal! Ich gehe schon ein ziemlich großes Risiko ein, indem ich überhaupt mit dir rede.«
»Wieso tust du es dann?«
»Wieso? Meine Güte, du stellst Fragen.« Er stieß sich vom Baumstamm ab und ging vor ihr in die Knie, um ihr eindringlich in die Augen zu sehen. Die dichten schwarzen Wimpern, die diese umrahmten, ließen das dunkle Grün noch intensiver wirken. Oh verflucht, er sah wirklich umwerfend aus. »Du sollst von jetzt an besser aufpassen«, sagte er. »Damit ich dich nicht immer retten muss.«
»Mich retten? Du?«
»Richtig.«
»Wieso solltest du?«
»Na, weil ich für dich verantwortlich bin.«
»Wieso?«
»Du lässt nicht locker, was?« Er erhob sich und nahm seinen alten Platz am Baumstamm wieder ein. »Ich bin dein Schutzengel, okay? Bist du jetzt zufrieden?«
Emily kniff die Augen etwas zusammen und musterte ihn noch einmal, wie er so dastand, scheinbar ungerührt, die Hände diesmal in den Jackentaschen. »Du bist kein Schutzengel«, stellte sie schließlich im Brustton der Überzeugung fest.
»Ja, ich weiß. Die meisten glauben nicht mehr an …«
Emily fiel ihm ins Wort. »Oh, ich glaube durchaus an Schutzengel. Ich glaube nur nicht, dass du einer bist.«
»Autsch. Das war jetzt aber echt gemein. Wie stellst du dir denn einen Schutzengel vor? Weißes Kleid, blonde Löckchen und Heiligenschein?«
»Ja, so in etwa.« Sie zuckte mit den Schultern und sah ihm tief in die Augen. Er würde sie nicht mehr einschüchtern. »Zumindest höflich. Was man von dir nicht behaupten kann.«
»Gilt es als Entschuldigung, wenn ich dir sage, dass ich überarbeitet bin?«
»Nein.«
»Dachte ich mir. Ich sollte dir mal Jophiel vorstellen, obwohl ich den auch nicht unbedingt als höflich bezeichnen würde.«
»Wen?« Irgendwo hatte sie diesen Namen schon gehört. Hatte er ihn nicht das letzte Mal erwähnt?
»Vergiss es. Du musst ohnehin mit mir vorliebnehmen. Ich bin dein Schutzengel.«
»Kein besonders guter.«
»Warte mal. Das geht jetzt wirklich zu weit. Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht, um dich zu beschützen, und was machst du? Fällst in einen Pool.«
Emily sprang auf und deutete erbost mit dem Zeigefinger auf ihn. »Das war doch deine Schuld!«, rief sie. Die anfängliche Faszination war wie weggeblasen, sie war jetzt nur noch wütend. »Du hast mich erschreckt.«
»Meine Schuld? Ich habe gewusst, dass weiter vorne eine nasse Stelle ist und du dort ausrutschen wirst, also habe ich versucht, dich von da wegzulotsen. So wie es die Aufgabe eines Schutzengels ist: Gefahren rechtzeitig, sprich schon vorher erkennen und sie vermeiden. Aber du bist ja taub.«
»Ich wäre niemals ausgerutscht, wenn du mich nicht angebrüllt hättest.«
»Was hätte ich denn deiner Meinung nach sonst tun sollen?«
»Keine Ahnung. Was machen denn echte Schutzengel?«
Er sah sie einige Augenblicke lang mit diesen gefährlich-zornig blitzenden Augen an, doch dann lächelte er auf einmal. »Du gefällst mir, Sterbliche«, sagte er und musterte sie mit leicht zusammengekniffenen Augen und schräg gelegtem Kopf von oben bis unten. »Ja, wirklich. Und das mag was heißen. Ich glaube, mit dir wird es nicht so schnell langweilig.«
Ihr Herz flatterte wie ein Kolibri, und es war schwer, bei diesen Augen gelassen zu bleiben. »Ich dachte, genau das ist das Problem«, antwortete sie, wobei ihre Stimme nur ein ganz klein wenig zitterte.
Das Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen. »Ich hätte nichts dagegen, wenn es in Zukunft etwas weniger spannend mit dir ist.«
»Ich werde mich bemühen.«
Er nickte. »Gut! Und wo wir uns gerade so schön einig sind: Du hast mich nie gesehen, gehört oder mich sonst irgendwie wahrgenommen.«
»Aber das habe ich sehr wohl.«
»Nein, hast du nicht.« Er sah ihr tief in die Augen. »Hast du nicht, alles klar?«
»Kriegst du sonst etwa Ärger?« Jetzt war sie diejenige, die grinste. »Von wem? Gott?«
»Ganz genau, und außerdem verliere ich
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