Teufelsherz (German Edition)
Saals!
»Ich hole mir noch einen Tee«, sagte sie mit etwas zu hoher Stimme und sprang auf. »Euch bringe ich auch gleich einen mit, bevor ihr noch erfriert.« Sie lief, vielleicht etwas zu schnell, zwischen den Tischreihen hindurch und verließ die Kantine. So hatte keiner der beiden Zeit, etwas zu erwidern, und sie mussten bleiben, wo sie waren und brav auf ihren Tee warten.
»Sag ich doch«, murmelte sie, während sie sich dem Automaten näherte. »Aphrodite – Göttin der Liebe.«
Am rettenden Heißgetränkespender angekommen, warf sie das nötige Kleingeld ein, drückte den Knopf für den Orangentee und spähte etwas zur Seite.
Die zwei unterhielten sich! Na, wenn das kein super Einfall gewesen war. Manchmal führten die einfachsten Manöver zum Ziel. Annie redete und … Oh! Will öffnete auch seinen Mund – welch Wunder!
Natürlich war ihr bewusst, dass sie den beiden noch einen ordentlichen Schubs verpassen musste, aber es war immerhin ein Anfang. Annie war intelligent und hatte bestimmt Geistreicheres von sich zu geben als die Mädchen, mit denen Will sonst ausgegangen war. Da konnte er doch nicht anders, als sich in sie zu verlieben. Sie war so hübsch, dass Emily durchaus etwas neidisch werden könnte. Obwohl sie sagen musste, dass sich ihr eigenes Spiegelbild in letzter Zeit auch etwas zum Positiven verändert hatte. Die kränkliche Blässe war nicht mehr ganz so schlimm, und ihre grauen Augen leuchteten irgendwie intensiver. Woran das wohl lag?
Emily nahm den mittlerweile vollgelaufenen zweiten Becher aus der Halterung und ging wieder zurück zu ihrem Platz. Annie und Will bemerkten sie nicht einmal, das war ein gutes Zeichen. Sie stellte Annie einen Becher Tee hin und setzte sich wieder neben sie. »Hab leider nur zwei Hände«, sagte sie an Will gewandt, der sowieso keinen Tee getrunken hätte, und sah die beiden über den Becherrand prüfend an.
»Wusstest du, dass Annie einen Hund hat?«, fragte Will plötzlich, wofür sie ihn am liebsten geküsst hätte.
»Einen Hund?« Das war ja großartig. Will liebte Hunde – solange es richtige Hunde waren und keine mutierten Katzen, wie er einige Rassen nannte. Oh bitte, lass es keinen Chihuahua sein.
»Ja, einen Schäferhund«, antwortete Will mit deutlicher Begeisterung in der Stimme. »Sie bringt ihm alle möglichen Tricks bei.«
»Nichts Besonderes«, warf Annie kleinlaut ein, doch Will schüttelte den Kopf.
»Er kann sogar den Müll rausbringen«, sagte er fassungslos. »Und dann wirft er ihn auch noch in die richtige Tonne.«
»Meistens.«
»Hey, so jemanden bräuchte ich auch.« Emily gefiel diese Wendung. Da zerbrach sie sich den Kopf, wie sie die beiden einander näherbringen und ihnen ein Gesprächsthema verschaffen konnte, und dann fuhr Annie mit so einem Knaller auf.
»Ich hätte auch immer gerne einen Hund gehabt«, kam es erfreulicherweise wieder von Wills Seite. »Aber ich hab zu wenig Zeit. Er wäre immer alleine, wenn ich in der Schule bin.«
»Ja, das ist schwierig. Ich habe ja meine Eltern.« Annies Augen leuchteten auf. »Aber du könntest in den Park kommen. Da übe ich mit ihm die Tricks. Du könntest mir helfen.«
»Hey, das wäre super. Wann bist du denn immer dort?«
Die beiden vereinbarten eine Uhrzeit. Sie wollten sich tatsächlich noch am selben Tag treffen. Besser hätte es überhaupt nicht laufen können. Annie hatte einfach die Zügel ergriffen, und jetzt erzählte sie über das ganze Gesicht strahlend von dem treuen Vierbeiner, während Will mit echtem Interesse zuhörte.
Nur einmal warf er Emily einen so eindringlichen Blick zu, dass sie ihn wie Nadelstiche auf der Haut spüren konnte, und schlug gleich darauf vor, sie solle auch zum Treffpunkt kommen. Doch sie ignorierte ihn hinter seiner Sonnenbrille, erklärte, Hunde nicht leiden zu können und etwas anderes vorzuhaben. Dabei vermied sie es tunlichst, Will anzusehen.
Wenn das kein Frühling war, der hier in der Luft lag.
Willkommen im Leben
S ie hatte keine Freundinnen. Niemals. Sie konnte Mädchen nicht ausstehen. Nach Mandys Tod war da immer nur Will gewesen.
Und doch saß sie jetzt mit Annie im »Mondschein«, dem kleinen Café an der Einkaufsstraße, das im Sommer gut von Touristen besucht wurde, und trank eine heiße Schokolade.
Doch als wäre dieser Umstand nicht schon verrückt genug, standen neben ihr auch noch drei prall gefüllte Tüten mit neuen Klamotten.
Wie war es nur dazu gekommen? Wann hatte sie das alles eingekauft? Die Zeit war so
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