Teufelsherz (German Edition)
schnell verflogen, und sie hatten solchen Spaß gehabt, dass sie ihre Kaufwut noch nicht einmal richtig bemerkt hatte. Eine Kaufwut, durch die sie stolze Besitzerin dreier neuer Pyjamas geworden war – sehr zur Verwunderung ihrer frisch eingestellten Stilberaterin.
Emily konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal einen Samstagnachmittag im Zentrum verbracht hatte. Noch dazu war es äußerst merkwürdig, wie gut sie sich mit der rothaarigen Streberin verstand, die so viel mehr draufhatte, als sie allen weiszumachen versuchte. Annie hatte in Sachen Will nicht die geringste Unterstützung nötig, denn sie war bereits selbst dabei, ihn sich zu fangen. Jeden Nachmittag waren die beiden – und der Hund – zusammen gewesen, wodurch Emily von der plötzlichen Einladung zum Shopping umso überraschter gewesen war. Schließlich hatte Annie keinen Grund mehr, freundlich zu ihr zu sein. Doch hatten sie anfangs nur über Will gesprochen, wurde sein Name mittlerweile kaum noch erwähnt. Es sah ganz danach aus, als suche Annie tatsächlich ihre Freundschaft – unabhängig von ihren Gefühlen für Will –, und diese Tatsache war Emily irgendwie befremdlich. Annie widerlegte ihre festgefahrene, nicht sehr hohe Meinung von der berechnenden Frauenwelt und zog sie genauso wie Will in ihren Bann.
Am ersten Tag nach seinem Treffen mit Annie hatte Will nur gemeint: »Der Hund ist toll«, inzwischen redete er jedoch auch schon von dessen Besitzerin. »Wie sie mit ihm umgeht, das ist der Wahnsinn. Er gehorcht ihr aufs Wort. So ein riesiges Vieh, und sie hat nicht die geringste Angst …« Immer wieder versuchte er Emily zu überreden einmal mitzukommen, aber sie wollte einerseits die traute Zweisamkeit nicht stören und das fünfte Rad am Wagen sein, andererseits saß sie einfach gerne in ihrem Zimmer vor der Staffelei und arbeitete an ihrem neuesten Projekt. So waren alle glücklich und zufrieden.
Emily nahm noch einen Schluck von dieser köstlichen Sünde und genoss den Geschmack des Kakaos in vollen Zügen. Was war nur mit ihr los, dass sie mit einem Mal so fröhlich war? Vom ersten wachen Moment am Morgen bis zum Schlafen – und darüber hinaus – könnte sie die ganze Zeit nur lächeln. Lag es daran, dass sie an diesem Morgen einen Smiley auf der beschlagenen Fensterscheibe ihres Zimmers entdeckt hatte, dessen Künstler nicht schwer zu erraten war?
»In zwei Wochen ist der große Tag«, unterbrach Annie ihre Gedanken. Sie saß ihr gegenüber und rührte in ihrem Cappuccino. »Hast du schon ein Kleid? Wenn nicht, hättest du dich heute danach umsehen sollen, und nicht nur nach Pyjamas.«
»Ich mag Pyjamas«, antwortete Emily gespielt beleidigt. »Außerdem darf jeder einen kleinen Tick haben.«
»Ja, aber Pyjamas?«
»Ich brauche kein Kleid.« Sie wollte möglichst schnell das Thema wechseln. »Und zwar, weil ich gar nicht zu diesem dummen Ball gehen werde.«
Annie legte klimpernd den Löffel neben die Tasse. »Aber warum denn nicht? Du musst hingehen. Ich kann mir dich schon vorstellen, in einem silberfarbenen …«
»Schulbälle sind nichts für mich.« Sie lächelte, um ihren Worten etwas von der unbeabsichtigten Schärfe zu nehmen. Der Einzige, mit dem sie hätte dorthin gehen wollen, saß in einer anderen Dimension fest – und hätte sie vermutlich ohnehin nicht begleiten wollen. »Aber was ist mit dir?«, fragte sie und verscheuchte damit die Gedanken an Damian aus ihrem Kopf. »Hast du ein Kleid?«
»Ein Kleid ja.« Sie errötete etwas und löffelte noch mehr Zucker in den Cappuccino. »Meine Mutter hat das Kleid gekauft, obwohl ich ihr gesagt habe, dass sie das nicht machen soll.«
»Ist doch nett.«
»Ja, mein unsichtbarer Begleiter ist sicher auch davon begeistert.«
»Wieso? Will soll gefälligst mit dir da hingehen.«
Annie hob belustigt ihre Augenbrauen. »Bis zum Ball sind es nur noch zwei Wochen, und William und ich kennen uns erst seit einer Woche.«
»Du meinst, mal abgesehen vom letzten Jahrzehnt, in dem ihr in dieselbe Klasse gegangen seid?«
»Du weißt, was ich meine. Wir haben jetzt vier Nachmittage miteinander verbracht und mit dem Hund gespielt, nichts weiter. Er ist lieb und freundlich, aber …« Sie verstummte, und ein Schatten huschte über ihr Gesicht, ehe sie übertrieben gelassen noch mehr Zucker in ihre Tasse kippte.
Der Kaffee konnte unmöglich noch trinkbar sein. »Ich verstehe immer noch nicht, wieso du die süßen Riemchenschuhe nicht gekauft hast«, sagte sie dann
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