Teufelsherz (German Edition)
beten. Darum, dass er ihr einen richtigen Schutzengel sandte, der Damian von ihr fernhielt. Einen Engel, der sie beschützte, wie es die Aufgabe eines Schutzengels war! Doch würde er sie erhören? War er es nicht gewesen, der ihr Damian gesandt hatte? Den Sohn des Teufels? Es war besser, nicht darüber nachzudenken, welche Beweggründe Gott zu solch einer Entscheidung gebracht hatten. Es war ohnehin sinnlos.
Auf dem Weg ins Schulgebäude trank sie ihren Muntermacher und stellte fest, dass sie tatsächlich kein bisschen müde war. Gut, ihre Hände zitterten, und kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn, aber es ging ihr gut. Sie war nicht in der Hölle.
Noch vor der ersten Stunde machte sie sich am Kaffeeautomat zu schaffen und drückte die ungewohnte Taste für »Kaffee schwarz« anstatt des üblichen Tees. Sie hockte vor dem riesigen Kasten und kämpfte gegen den Drang, ihre Stirn dagegenzulehnen, als Will und Annie hinter ihr auftauchten.
»Alles klar, Bohnenstange?«, begrüßte ihr bester Freund sie. »Frierst du mal wieder?«
Langsam drehte sie ihren Kopf und sah zu den beiden hoch, wie sie händchenhaltend aneinanderklebten. Doch bevor sie zu einer Antwort ansetzen konnte, war Annie bereits neben ihr in die Hocke gegangen.
»Um Gottes willen, Emily!«, rief sie aus und tastete nach ihrer Stirn – genauso wie zuvor ihre Mutter. »Bist du krank? Will!« Sie drehte sich zu ihm um, doch er hockte ebenfalls bereits vor ihr. »Du musst sie nach Hause bringen. Ihre Stirn ist ganz nass.«
Will nahm ihr Gesicht in beide Hände und kam ihr so nahe, dass sie beinahe seine Augen durch das dunkle Glas sehen konnte. »Emily?«, fragte er eindringlich. »Bist du noch da?«
»Natürlich.« Sie schüttelte den Kopf, um ihn loszuwerden. »Es geht mir gut.«
»So siehst du nicht aus.«
Die beiden erhoben sich gemeinsam mit ihr und musterten sie mit einer Mischung aus Besorgnis und Skepsis.
Ungerührt nahm Emily den heißen Becher aus der Halterung, blickte einige Augenblicke lang schweigend auf den dampfenden Tee – den ihr wohl ein teuflischer Schutzengel gesandt hatte – und warf ihn dann in den Mülleimer neben dem Automaten.
»Drehst du jetzt völlig durch?«, fragte Will und hielt sie fest, als sie sich wortlos abwandte. »Jetzt rede doch mit mir. Was hast du denn?«
»Albträume«, fuhr sie ihn an und riss sich los. »Nichts weiter. Ein schlechter Traum, der jetzt vorbei ist.« Sie ließ die beiden stehen und war froh, dass sie viel zu perplex waren, um sie noch länger aufzuhalten.
Beim nächsten Kaffeeautomaten sah sie einen Jungen aus der unteren Klasse, der soeben einen Becher herausnahm. Sie ging auf ihn zu und kaufte ihm das lebensnotwendige Getränk für den doppelten Preis ab. Sie ignorierte sowohl sein verwirrtes Gesicht als auch seine Frage, weshalb sie sich nicht einfach selbst einen Kaffee kaufte.
Wenn Damian dachte, er könne sich jetzt noch in ihr Leben einmischen, hatte er sich ordentlich getäuscht. Sie würde so viel Kaffee trinken, wie sie wollte.
Auf dieselbe ungewöhnliche Weise ergatterte sie noch eine Flasche Cola und fühlte sich bereit für den Unterricht. Mittlerweile waren ihre Beine total zittrig, und ihr Herz raste, was nicht weiter verwunderlich war, wenn man bedachte, dass ihr Körper Koffein nicht gewöhnt war. Doch welchen Schaden konnte das schon anrichten im Vergleich zu einem Besuch in der Hölle?
Vor der Klassentür wurde sie von Will und Annie eingeholt, die an ihre Vernunft appellierten und sie zu ihrem Platz begleiteten. Doch Emily spulte immer wieder dieselben beruhigenden Worte ab. Sie versicherte, dass sie sich nach dem Unterricht von Will nach Hause fahren lassen und ins Bett legen würde.
Die ersten Stunden überstand sie ausgezeichnet. Sie besorgte sich noch einen weiteren Kaffee und trank die Flasche Cola leer. Leider musste sie jedoch feststellen, dass die gewünschte Wirkung allmählich nachließ. Sie war seit ungefähr drei Uhr wach und fühlte sich, als hätte sie tagelang nicht geschlafen. Zu allem Überfluss war ihr zum Heulen zumute; sie war nicht nur aus dem Gänseblümchen-Traum gerissen worden, sondern ihre ganze Welt war zusammengebrochen.
In der Mittagspause ging sie nach draußen an die frische Luft. Die Kälte würde sie wachmachen, und außerdem wollte sie Will und Annie loswerden. Mit der Jacke als Unterlage ließ sie sich auf den Bordstein am Parkplatz nieder und blickte zu den weißen Kronbergen. Dort drüben war Mandy gestorben, und jetzt
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