Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
die Sie keineswegs für einen Spinner. Genauso wenig wie ich. Nein, Inspektor, ich bin vielmehr schon vor dieser Begegnung zu dem Schluß gekommen, daß wir sozusagen an einem Strang ziehen. Warum also sollten wir uns länger etwas vormachen? Finden Sie das wirklich sinnvoll?“
„Die Teufelsanbeter, wie Sie sie nennen“, erinnerte der Inspektor ungerührt: „Sie haben meine diesbezügliche Frage noch nicht beantwortet.“
Ich tauschte mit May Harris einen Blick. Sie hatte Angst, daß ich sie als Mörderin entlarvte. Aber die Angst war unbegründet: „Ihr Mann ist von den Toten auferstanden, Mr. Furlong.“ Das Inspektor ließ ich jetzt absichtlich weg. Ich wollte Furlong nicht in seiner Eigenschaft als Polizisten ansprechen, sondern vielmehr in seiner Eigenschaft als - Teufelsjäger! „Ja, Mr. Furlong: Edgar Harris ist inzwischen zu einer Art Dämon gereift, als Oberhaupt einer Teufelssekte.“ Und dann erzählte ich, daß es ihm sogar gelungen war, von May Harris auf dem Schiff Besitz zu ergreifen - trotz der Entfernung. Ich zeigte ihm sogar die Gnostische Gemme, mit der ich sie gegen weitere Direktangriffe schützen wollte.
May Harris ließ es widerstrebend mit sich geschehen. Ihre Blicke gingen zwischen Furlong und mir hin und her. Sie wußte immer noch nicht so recht, was sie von der Situation halten sollte, und sie schien große Zweifel daran zu hegen, ob ich wirklich richtig vorging. Ihr wäre es auf jeden Fall lieber gewesen, ich hätte nichts dergleichen gegenüber Furlong zugegeben. Sie konnte sich anscheinend gar nicht vorstellen, daß dieser mir Glauben schenken könnte. Die immer noch sehr distanzierte Haltung des Inspektors schien ihr sogar rechtzugeben.
Ich versuchte es erneut: „Mrs. Harris wurde Zeuge von der Wiederauferstehung des toten Edgar Harris. Das sollte Ihnen inzwischen längst klar sein. Der Wiedergänger wollte sie dabei offenbar ebenfalls zur Untoten machen. Das ging schief. Sie wissen besser als ich, was aus den beiden Menschen wurde, die ihm dabei in die Quere kamen. Mrs. Harris jedenfalls konnte fliehen. Inzwischen hat sich die Macht des Untoten allerdings gewaltig verstärkt. Ich bin überzeugt davon, daß er der Führer einer Clique von Teufelsanbetern ist. Wie gefährlich er dabei sein kann, hat er hinreichend bewiesen - wie soeben bereits geschildert.“
May Harris begann zu weinen, und sie wollte mit dem Weinen gar nicht mehr aufhören. Ich legte beruhigend den Arm auf ihre Schultern, aber sie stieß mich von sich, als sei ich ein Verräter. Wenn meine Rechnung jetzt nicht aufging, Furlong betreffend, würde sie niemals mehr Vertrauen in mich haben. Das wäre gleichbedeutend mit ihrem Ende! Und Tab Furlong ließ sich trotzdem Zeit. Ich konnte ihm allerdings ansehen, daß es hinter seiner Stirn gewaltig arbeitete.
Schließlich sagte er: „Also gut, Mr. Tate. Ich will nicht Stellung nehmen zu dem, was Sie mir erzählten - und wovon ich sowieso zum ersten Mal etwas hörte...“ Er warf wieder einen vorwurfsvollen Blick zur weinenden May Harris. „Aber es gibt Zeugen, die Stein und Bein schwören, daß ihnen Edgar Harris begegnet ist. Wir ließen daraufhin das Grab öffnen. Und in der Tat, es fehlt die Leiche! Daraufhin äußerten einige Leute, vor allem Polizisten natürlich, die gewöhnt sind, die Dinge eher rational anzugehen, Edgar Harris sei wohl niemals wirklich tot gewesen. Als wäre sein Tod nur fingiert. Dem widerspricht der medizinische Befund: Der Tod von Edgar Harris wurde einwandfrei dokumentiert! Die Leiche wurde sogar im gerichtsmedizinischen Institut seziert. Man hat seine Leiche wieder zusammengeflickt und danach erst beerdigt. Selbst wenn er zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht tot gewesen wäre...“ Er sprach nicht weiter, scheinbar aus Rücksicht auf die Witwe.
May Harris ließ jetzt die Hände sinken. Sie weinte nicht mehr. Sie schaute Tab Furlong an, als würde sie ihn jetzt zum ersten Mal in ihrem Leben sehen. „Dann - dann wissen Sie also längst, daß es hier nicht mit rechten Dingen zugeht?“ Sie wollte jetzt wahrscheinlich anfangen, ihm Vorwürfe zu machen - wegen seinem gespielten Unglauben mir gegenüber. Ich vermutete es zumindest. Aber zu diesen Worten kam sie nicht mehr, denn in diesem Augenblick wurde die Tür aufgerissen. Ein Mann sprang herein. Er war groß und kräftig. Sein schwammiges Gesicht war zu einer wahnsinnigen Grimasse verzerrt. In der erhobenen Rechten hielt er ein Messer. Die Klinge blitzte im Licht der
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