Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
die Sache durchgeführt. Ich war ein kleiner Junge und total verschüchtert. Ich wagte es jedoch nicht, mich zur Wehr zu setzen. Eine unangenehme Erinnerung. Die Tätowierung hat mir trotzdem schon einmal geholfen.“ Ich erinnerte mich an den Zeitungsartikel und den Kampf Furlongs gegen die Teufelsanbeter.
May Harris hatte sich die ganze Zeit herausgehalten. Nun meldete sie sich zu Wort: „Was soll jetzt werden? Wie gehen wir vor?“
Furlong konnte ihr nicht in die Augen sehen.
„Wir können noch immer nicht aktiv eingreifen“, sagte ich. „Wir wissen nicht, wo wir anfangen sollen. Wie groß die Macht unseres Gegners ist, wurde uns zur Genüge demonstriert. Ich würde vorschlagen, wir ziehen uns zunächst in meine Wohnung zurück. Ich habe dort ein paar Einrichtungen, die sich als sehr nützlich erweisen könnten. Auf jeden Fall sind wir dort wesentlich sicherer als hier.“
Furlong nickte und erhob sich. „Da haben Sie leider recht, Mr. Tate. Eine Schande, daß wir nicht einmal im Yard sicher sind.“
Auch May Harris und ich standen auf. Wir gingen. Dabei mußte ich daran denken, daß mir bei dem Vorfall mit dem Besessenen nicht mal der Schavall geholfen hatte, den ich bei mir trug. Ich hatte ihn mir mittels einer Silberkette um den Hals gehängt, bevor ich das Schiff verlassen hatte. Er war während des ganzen Kampfes neutral geblieben. Ich wußte, unsere Chance war gleich null, wenn uns der Schavall seine Hilfe versagte. Er war mein wichtigstes Hilfsmittel im Kampf gegen die bösen Geister. Aber er war auch völlig unberechenbar. Wir waren auf ihn angewiesen, und das schien er zu wissen und hämisch auszunutzen.
Auf der anderen Seite war die Tätowierung Furlongs sehr nützlich. Obwohl ich sicher war, daß es das Wesen namens Edgar Harris schnell lernen würde, sich dagegen zu schützen. Der Dämon war mächtig. Er würde sich durch einen tätowierten Drudenfuß letztlich nicht schrecken lassen.
*
Wenn ich mich in London befand, wohnte ich im Ortsteil Bayswater, der zur City of Westminster gehört. Ganz in der Nähe des Apartmenthauses befand sich die Bayswaterstation. Das führte dazu, daß die Wohnung etwas unruhig war. Mich hingegen störte es nicht.
Furlong hatte sich im Yard losgeeist und war mitgekommen. Mit dem Fahrstuhl fuhren wir hinauf in den fünften Stock. Es gab auf jedem Stockwerk zehn Wohnungen unterschiedlicher Größe. Meine gehörte zu den kleinsten mit höchstens dreißig Quadratyards.
Ich ließ meine Gäste am Fahrstuhl warten und ging allein zur Wohnungstür. Das hatte seinen Grund. Die Wohnung war nämlich magisch gesichert. Kein Unbefugter sollte sie ohne meinen Willen betreten können. Mit einem wasserklaren Stift, der keine sichtbaren Spuren hinterließ, malte ich ein paar magische Zeichen auf das Türblatt. Dann holte ich den Schlüssel hervor und steckte ihn ins Schloß. Am Schlüssel hing ein kleiner Anhänger. Es handelte sich um einen grinsenden Buddha, der eine Besonderheit hatte: Seinen Schädel zierten Bockshörner. Dieses Ding war eine absolute Rarität. Man sprach ihm magische Kräfte zu.
Der Anhänger geriet in Schwingungen. Mit dem glasklaren Stift zog ich die Umrisse der Tür nach. Die Schwingungen wurden stärker. Plötzlich ging ein eigenartiges Knarren von dem Holz aus, aus dem die Tür bestand. Für mich war das ein gutes Zeichen. Ich wartete, bis der Anhänger ruhig wurde. Dann schloß ich auf. Das Schloß schnappte. Die Tür wich nach innen. Ich winkte meine Gäste herbei.
Verständnislos hatten sie der Sache beigewohnt. Nur Tab Furlong schien zu ahnen, was die Prozedur für einen Sinn gehabt hatte. Wir traten ein. Die Rollos waren heruntergelassen. Es war stockfinster. Ich tastete nach dem Lichtschalter und ließ die Deckenbeleuchtung aufflammen. Im nächsten Augenblick fuhr ich mit einem erstickten Laut zurück. Mitten in meinem Apartment lag eine Gestalt.
Auch die anderen beiden hatten jetzt den Regungslosen entdeckt. May Harris preßte ihre Faust gegen den Mund und biß darauf, um einen hysterischen Schrei zu verhindern. Tab Furlong hatte plötzlich seine Pistole in der Hand. Ich ließ zischend die angestaute Luft aus meinen Lungen entweichen und drückte die Tür hinter uns ins Schloß. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, Neugierige anzulocken.
Vorsichtig bewegte ich mich auf den Fremden zu. Das breitflächige Gesicht war käsig, die Augen weit aufgerissen. Es waren die gebrochenen Augen eines Toten. Vergeblich schnupperte ich.
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