Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
Nähe!“
Im nächsten Augenblick schoß ihm das Blut in den Kopf, denn es wurde ihm bewußt, daß seine Gefühle für die schöne Frau noch immer die alten waren. Es war, als hätten sie fünfzehn Jahre lang auf Eis gelegen und als tauten jetzt wieder auf.
Er gab sich einen Ruck und sprintete zu seinem Fahrzeug. Bevor er einstieg, warf er einen Blick zu dem Bentley hinüber, der langsam vorbeirollte und sich dem Verkehr anpaßte. Für einen Augenblick hatte er den Eindruck, der Platz hinter dem Steuer sei leer. Und in der Tat konnte er sich nicht an das Gesicht eines Fahrers erinnern, obwohl der Wagen nur so knapp an ihm vorbeigefahren war. Aber Tab Furlong schalt sich einen Narren. Wo gab es denn so was? Ein Wagen ohne Fahrer war purer Unsinn.
Er warf sich auf den Fahrersitz, ließ den Anlasser orgeln und zupfte die Touren hoch. Es bereitete ihm einige Schwierigkeiten, sich in den Verkehr einzufädeln, ohne dabei den schwarzen Bentley aus den Augen zu verlieren, denn die Copenhagen Street war eine großzügig angelegte Verbindung zwischen dem York Way und der Caledonian Coad und löste nach der Kreuzung mit letzterer sogar die Hemingford Road ab. Mit anderen Worten: Sie wurde sehr stark frequentiert. Endlich schaffte Tab das kleine Kunststück. Allerdings befand sich ein Meer von Wagendächern zwischen ihm und dem Bentley. Es dauerte Minuten, bis Tab den Vorsprung des verfolgten Fahrzeuges aufgeholt hatte. Der Bentley rollte quer durch die Stadt, ohne erkennbares Ziel.
Tab wurde klar, daß sein Fahrer ihn längst entdeckt hatte und bemüht war, ihn abzuhängen, aber er biß die Zähne zusammen und blieb am Ball. Es juckte ihm in den Fingern, die Kollegen vom Yard zu benachrichtigen, aber er wußte nicht, was er den Yardleuten hätte sagen sollen.
Am Red Lion Square verlor Tab den Bentley beinahe aus den Augen. Er benutzte die Gelegenheit, seine Taktik zu ändern. Der Abstand zwischen beiden Fahrzeugen wurde größer und größer, und der Erfolg blieb nicht lange aus. Der Bentley schwenkte prompt in eine neue Richtung. Tab Furlong vermutete, daß der Fahrer in Richtung Harrow wollte, und gab die Verfolgung vorerst auf. Dann beeilte er sich. Auf Umwegen erreichte er die Harrow Road und parkte. Er brauchte nicht lange zu warten. Bald rollte der Bentley an ihm vorbei. Konnte es sein, daß der Fahrer mit Kathryn Warner tatsächlich in diese 1874 gegründete Gartenstadt Bedford Park wollte? Sie lag auf dem Weg, und wenn Tab sich durch den Kopf gehen ließ, was ihm Kathryn über die Wohnlaube erzählt hatte, so konnte er mit seiner Vermutung recht haben.
Jetzt hatte sich die Verfolgung erheblich erschwert. Wieder einmal überholte Tab Furlong den Bentley auf weiten Umwegen, fuhr durch Wembley mit seinem berühmten Stadion, das 1924 erbaut worden war, und erreichte endlich Bedford Park. Abermals rauschte der Bentley an ihm vorbei. Diesmal hatte Tab in einer Seitenstraße gelauert. Ein drittes Manöver der vorangegangenen Art konnte er sich jetzt nicht mehr erlauben, falls man Kathryn wirklich hier irgendwo abladen wollte.
Tab spürte eine eigenartige Unruhe. Er fuhr etwa hundert Yards hinter dem Verfolgten. Je näher sie Harrow kamen, desto mehr steigerte sich diese Unruhe noch. Bald war Bedford Park durchquert. Also hatte er sich doch geirrt. Tab Furlong war ganz sicher, daß sich Kathryn Warner in höchster Gefahr befand, wenn es ihm auch nicht gelang, diese Gefahr näher zu definieren, und er hatte Angst, den Bentley letztlich doch noch aus den Augen zu verlieren.
Der Fahrer des anderen Fahrzeuges machte jetzt keine Umwege mehr. Er fühlte sich anscheinend unbeobachtet. Bald waren sie in Harrow on the Hill. Der Bentley verließ die Hauptstraße und passierte die bekannte Harrow School, zu deren Schülern einmal niemand Geringerer als Winston Churchill gehört hatte. Schließlich blieb London hinter ihnen zurück. Vor ihnen war freies Feld.
Sobald der Bentley die Stadtgrenze überschritten hatte, geschah etwas äußerst Merkwürdiges. Es verblüffte Tab Furlong so sehr, daß er seine Geschwindigkeit verlangsamte und schließlich hielt. Der nachtschwarze Bentley fuhr plötzlich in Schlangenlinien. Im nächsten Augenblick brach der Wagen aus und verließ die Straße. Für Sekunden hatte Tab Furlong den Eindruck, ein überdimensional großes, durchsichtiges Schild zu sehen. „Red Hell“ entzifferte er. Der Bentley fuhr über Ackerboden, als sei dieser glatter Asphalt. Durch Bäume glitt er einfach hindurch. Und
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