Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
Stelle, an der er es eben noch gesehen hatte. Nichts. Er suchte weiter. Endlich fand er den Platz, an der sich der Bentley scheinbar in Nichts aufgelöst hatte. Hier war der Boden deutlich fester und völlig vegetationslos. Tab bückte sich und wollte die Erde aufkratzen. Es gelang ihm nicht. Die einzelnen Erdkrumen schienen aneinanderzukleben. Er gab es schließlich auf.
Die erlebten Vorgänge konnte er sich nicht erklären. Er rief sich das eigenartige Schild ins Gedächtnis zurück. „Red Hell“ hatte darauf gestanden. Das bedeutete rote Hölle. Was konnte es noch für eine Bedeutung haben? Er war noch nie in seinem Leben sonderlich abergläubisch gewesen, aber ihm kam es jetzt nicht mehr lächerlich vor, an Geister und schwarze Magie zu glauben. Die jüngste Vergangenheit hatte ihn zum Umdenken gezwungen. Der rätselhafte Mord an dem Darsteller des Doug Blondin war nur ein Fall von vielen. Bei einigen war Inspektor Furlong persönlich mit der Aufklärung betraut. Seine bisherigen Ermittlungsergebnisse waren eher niederschmetternd. Das hatte nicht gerade dazu geführt, daß sein Ansehen bei seinen Vorgesetzten gewachsen war.
Er dachte zurück. Vor einigen Jahren hatte es angefangen. Er wußte nicht mehr genau, wann es gewesen war. Sämtliche Vorfälle konzentrierten sich ausschließlich auf Islington und die direkte Umgebung. Dieser Stadtteil Londons war also offensichtlich am meisten gefährdet. Gottlob waren auch die Kollegen Furlongs mit einigen der unlösbaren Fälle beauftragt worden. Dadurch sah es wenigstens nicht gar zu schlimm für ihn aus. Allerdings hatte es dazu geführt, daß er leider noch immer als Inspektor herumlaufen mußte. Der Chefinspektor wäre längst schon fällig gewesen. Daß er sich in dem Mordfall an diesem Schauspieler so wenig engagierte, würde seine Lage auch nicht gerade bessern.
„Das ist mir egal“, murmelte Tab Furlong vor sich hin. Im nächsten Moment horchte er auf. Seine Worte hatten seltsam hohl geklungen, als befände er sich in einem geschlossenen, leeren Raum. Das konnte doch nicht sein. Er stand hier am Rande einer kleinen, kreisrunden Lichtung. Kreisrund! Das Wort beschäftigte ihn. Und dann wußte er, warum er darüber gestolpert war. Es mußte sich hier um einen magischen Kreis handeln!
Etwas kroch in ihm empor. Es war nackte Furcht. Er räusperte sich laut. Wieder dieser hohle Widerhall. Als er es abermals versuchte, war er seiner Sache ganz sicher. Er streckte seine Arme nach vorn und ging langsam weiter. Nach zwei Schritten stießen seine Hände auf Widerstand. Eine rauhe Mauer, obwohl nichts zu erkennen war. Tab tastete die unsichtbare Mauer ab. Sie war aus grob zugehauenen Bruchsteinen gefügt. Der Kalkmörtel bröckelte bereits aus den Fugen.
Tab schüttelte fassungslos den Kopf. Das grenzte an Wahnsinn. Er konnte genau sehen, daß sich vor ihm nichts befand, und dennoch ertastete er mit derselben Genauigkeit eine stabile Wand. Er folgte ihrem Verlauf und fand tatsächlich eine breite, offene Tür. Vorsichtig setzte er Fuß vor Fuß. Direkt hinter der Türschwelle ging es sanft abwärts. Tab bewegte sich weiter. Sein Verstand protestierte, und dennoch versanken seine Füße in der scheinbar stabilen Oberfläche der Lichtung. Die Mächte der schwarzen Magie hatten die physikalischen Gesetze auf den Kopf gestellt. Feste Materie befand sich dort, wo man keine sah, und die erkennbare Materie war durchdringbar wie Luft.
Tab befand sich bis zu den Hüften im Boden, als er mit seinen Händen die Erde berührte. Sie war fest! Alles um ihn herum war fest und steinhart! Trotzdem konnte er weitergehen, in dem Bewußtsein, daß auch der schwarze Bentley diese Schräge hinuntergefahren war. Es tauchte die Frage auf, wo sich der schwere Wagen jetzt befand.
Tab Furlong zögerte, weiterzugehen. Er fürchtete sich einfach davor. Vielleicht würde er ersticken, sobald sein Kopf unterhalb des Bodens war? Vielleicht würde es dann kein Entrinnen mehr geben, und vielleicht war das alles hier nur eine Falle?
Die Entscheidung wurde ihm abgenommen, denn es näherten sich Schritte dem einsamen Mann. Tab zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb und warf sich herum. Er steckte noch immer bis zu den Hüften im Erdreich, das ihn aber nicht behinderte. Blitzschnell zog er seinen Revolver. Dabei kam er sich fast lächerlich vor. Es war kaum anzunehmen, daß er mit dieser herkömmlichen Waffe etwas gegen die Mächte der schwarzen Magie ausrichten konnte.
Ein hoher Schatten
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