Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
ein gemeines Katz- und Mausspiel spielen. Sie hätten dich schon in der Halle - einfach vernichten können!“
Ja, und wieso folgen die Geister hier unten nicht und überlassen das Feld dem Riesen allein?
„Sie sind für immer hier unten gefangen und dürfen nur des Nachts, eine einzige Stunde lang, nach oben. Sie scheuen sich davor, in dieser Stunde freiwillig den Weg in ihr Gefängnis zu gehen!“
Dann ist der Riese die Ausnahme?
„So ist es: Er bildet sowieso den Schlüssel zu allem!“
Plötzlich sah ich vor mir einen Lichtschimmer. Er kam schnell auf mich zu - so schnell mich meine Füße trugen. Dann hatte ich ihn erreicht. Es war ein unwirklicher Schein, der den Ausgang kennzeichnete. Als ich da war, erlosch er. Ja, hier war tatsächlich der Ausgang! Jetzt brauchte er nicht mehr durch ein Leuchten gekennzeichnet zu werden: Ich hatte ihn dank Lady Ann gefunden! Ich trat ins Freie!
„Weiter!“ drängte Lady Ann sogleich. Sie stieß mich an.
Ich - ich habe noch so viele Fragen...
„Für dich werden sie unbeantwortet bleiben müssen. Fliehe lieber, denn der Riese kann dir hier nicht mehr folgen. Er wird jeden Moment den Ausgang erreichen. Fliehe aus seinem Einflußbereich, so lange du kannst. Fliehe! Fliehe! Denke aber stets daran, daß die negativen Kräfte von Schloß Pannymoore dich einholen werden, wo immer du auch sein wirst. Deshalb hüte dich vor der Mitternachtsstunde! Irgendwann wird es soweit sein... Hüte dich, Don Cooper!“
Die Stimme verlor sich. Im nächsten Augenblick brach um mich herum die Hölle aus. Es war zu spät. Der Riese raste bereits heran. Er war zwar deutlich in der Größe geschrumpft, sonst wäre der Gang für ihn zu niedrig gewesen... Brüllend nahte er.
*
Auch die anderen Geister waren jetzt da. Sie hatten bemerkt, daß ich im Begriff war, ihnen zu entkommen. Ob sie schon ahnten, daß ich unerwartet Hilfe bekommen hatte? Schmerzen durchrasten meinen Körper. Ich entfernte mich von dem Ausgang aus dem unterirdischen Höhlensystem. Ein hohes Gebüsch verbarg ihn von hier aus. Die Äste und Zweige peitschten mir ins Gesicht. Heulend umringten mich die Geister. Ihre Macht war hier draußen anscheinend nicht mehr so groß wie im Schloß, sonst wäre ich schon nicht mehr am Leben. Sie stürzten sich auf mich. Ich fühlte modrige Gewänder, den Odem des Todes. Krallenhände kratzten mir über die Arme, zupften an meinem Fleisch, daß ich vor Schmerzen laut aufschrie.
Lady Ann war nicht mehr an meiner Seite. Sie hatte mich verlassen müssen, abgedrängt von den anderen. Ich hatte auch keine Gelegenheit mehr, mich um sie zu kümmern. Verzweifelt schlug ich um mich. Aber da war nichts, was ich hätte treffen können. Trotzdem peinigten mich die Geister der Verdammten.
Vor mir tauchte eine halbverweste Fratze auf. Ich schlug mitten hinein in dieses grinsende Antlitz des Todes. Und diesmal stieß ich tatsächlich auf Widerstand! Die stinkende Masse des verwesten Fleisches stoppte meine Hand. Der Ekel ließ mich würgen. Ein kleiner Fleischklumpen löste sich aus dem Schreckensgesicht. Platschend fiel er zu Boden. Der Geist lachte dazu grollend. Es schien ihm nichts auszumachen. Mit seiner Hand griff er nach meiner Kehle, um mich zu würgen. Verzweifelt warf ich mich zurück. Tatsächlich glitt die Hand wieder von mir ab. Doch da waren die anderen, die mich nicht in Ruhe ließen. Ich versucht zu entfliehen. Die ersten Yards gelang mir das sogar. Dann aber hatten sie mich wieder eingeholt.
Ich merkte, daß mit jedem Schritt, den ich mich von dem Ausgang aus dem Höhlensystem entfernte, ihre Macht schrumpfte. Sie rissen und zerrten an mir, um mich aufzuhalten, schlugen brutal auf mich ein. Sie spuckten heißen Geifer auf mich, kratzten und traten. Aber ich ließ nicht locker. Die Verzweiflung verlieh mir die nötige Kraft, und ich hatte ein Ziel: Ich mußte von hier weg! Einfach weiter weg! Und das schaffte ich dann auch endlich! Sie ließen dabei so plötzlich von mir ab, daß ich stolperte und zu Boden fiel.
Sie ließen mich liegen. Im Moment war alles ruhig um mich herum. Die Geister hatten sich anscheinend zurückgezogen. Vor mir war ein Wald. Ich wartete ein paar Sekunden. Dann raffte ich mich mühsam auf und zog mich an einem dünnen Baumstamm empor. Von Baum zu Baum tastete ich mich weiter, schier zu Tode erschöpft. Die Umgebung wirkte ganz normal, als wäre überhaupt nichts geschehen, als hätte ich mir alles nur eingebildet. Und doch: Irgend etwas war anders
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