Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
mußte warten, bis der Mond wieder frei kam. Bei dieser fast absoluten Dunkelheit würde ich die größten Schwierigkeiten haben, überhaupt auf der Straße zu bleiben.
„Ja, warte lieber noch ein wenig!“ wisperte eine dünne Stimme an meinem Ohr. Ich fuhr herum, jetzt doch erschrocken, konnte aber verständlicherweise niemand sehen. „Harre aus, bis du besser sehen kannst. Ich werde dir sagen, wohin du dich wenden mußt.“ Die Stimme klang so dünn und leise, daß ich sie kaum verstand. Nur vage erkannte ich sie überhaupt, doch der Name der Person, der sie gehörte, elektrisierte mich nicht zum ersten Mal: Lady Ann!
„Du bist das - wirklich?“
„Ja, ich bin es, Don Cooper, aber diese Kontaktnahme nimmt mir sehr viel Kraft. Ich kann die Verbindung nicht lange aufrechthalten. Ganz schnell deshalb: Gehe diese Straße weiter, in die Richtung, in die du dich bereits gewandt hast. Nach etwa zwei Meilen wirst du eine Abbiegung finden. Man gelangt über sie auf direktem Wege nach dem winzigen Ort Pannymoore. Hast du alles bis hierhin verstanden?“
Die Stimme wurde immer undeutlicher, schwächer.
„Ja!“ bestätigte ich. „Was weiter?“
„Bleibe dort stehen, bis ein Auto vorbeikommt.“
„Aber - kann ich das denn nicht auch hier?“
„Dort ist die Wahrscheinlichkeit größer, daß überhaupt jemand anhält. Man wird annehmen, du stammtest aus Pannymoore. Es kommt selten genug vor, daß ein Pannymoorer seinen Ort verläßt. Die Leute gelten als recht wunderlich. Man wird dich gerade deswegen mitnehmen. Einen aus Pannymoore nimmt man immer mit - aus purer Neugierde. Ich wünsche dir jedenfalls...“ Die Stimme verlor sich wie in weiter Ferne.
Als wäre dies ein Zeichen gewesen, ließ die Wolkenbank den Mond wieder frei. Ich konnte mich orientieren und machte mich auf den Weg. Ich weiß heute nicht mehr, wie ich es in meinem erbarmungswürdigen Zustand überhaupt geschafft habe, die zwei Meilen zu überbrücken. Aber endlich gelangte ich ans Ziel und ließ mich einfach auf den Grasboden am Wegesrand fallen. Augenblicklich schlief ich ein.
Ich erwachte erst wieder, als längst die Sonne aufgegangen war. Ich fühlte mich schmuddelig und elend, aber doch auch ein wenig durch den verdienten Schlaf erfrischt. An dem verwitterten Wegweiserschild zog ich mich hoch. Wenig später kam ein Wagen vorbei, dem ich winkte. Der Fahrer zögerte erst - und brachte sein Fahrzeug dann doch hundert Yards weiter zum Stehen. Er legte den Rückwärtsgang ein und stieß zurück. Auf meiner Höhe angelangt, kurbelte er die Scheibe herunter und erkundigte sich mißtrauisch: „Was haben die denn mit I h n e n gemacht, Mann?“
Ich winkte ab und versuchte ein Grinsen, brachte jedoch nur eine verzerrte Grimasse zustande. „Kennen Sie die Leute von Pannymoore?“
Der Mann machte eine abwartendes Gesicht.
„Ich war auf Schloß Pannymoore. Sehen sie mich an! Keine zehn Pferde bringen mich dorthin zurück. Meinen Wagen können sie sich meinetwegen einpökeln, wenn sie wollen.“
Das Interesse des Mannes war jedenfalls geweckt. Er lud mich ein. Ich setzte mich auf den Beifahrersitz und war erleichtert wie selten in meinem Leben. Dem Fahrer erzählte ich eine Geschichte, die nicht einmal ein Zehntel so haarsträubend war wie die, die ich wirklich erlebt hatte. Trotzdem war der Fremde eher skeptisch. Er schien mich für einen Aufschneider zu halten. Als ich ihn allerdings auf meinen mitgenommenen Zustand hinwies, schenkte er mir endlich Glauben.
In der Kreisstadt setzte er mich ab. Zu diesem Zeitpunkt erst wurde mir bewußt, daß ich sämtliche Papiere und auch meine Finanzen nicht mehr bei mir trug! Sie mußten sich noch auf dem Schloß befinden.
Auf recht abenteuerlichem Wege gelangte ich nach London zurück. In meiner Wohnung angelangt, erwarteten mich die fehlenden Utensilien. Lord Burgess hatte sie mir kommentarlos zugeschickt. Auf einen Kommentar konnte ich auch durchaus verzichten. Er erübrigte sich bei allem, was geschehen war.
Bevor ich es vergesse: Ich war recht lange unterwegs gewesen. Die erste Mitternachtsstunde hatte ich jedenfalls hinter mir. Ich verbrachte sie notgedrungenermaßen in einer Gruppe von Pennern. Die Geister von Pannymoore pumpten mich voll mit Angst und gaukelten mir die furchtbarsten Dinge vor. Doch sie konnten mir dabei keinen Schaden zufügen. Seitdem weiß ich , daß ich nie mehr allein eine Nacht verbringen darf, wenn ich überleben will.
Zwei weitere Nächte irrte ich durch London. Die
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