Teufelsjagd
legte er die Feder hin und schloß die Augen. In Leighton war Maeve vermutlich gerade damit beschäftigt, die Mädchen bei der Zubereitung des Abendessens zu überwachen. Vielleicht saß sie auch gerade in der Schreibstube über den Abrechnungen oder sprach mit den Amtmännern. Und Eleanor? Sie hatte wahrscheinlich gerade ihren Mittagsschlaf beendet. Corbett hörte ein Geräusch auf dem Gang. Er öffnete die Augen, faltete den Brief eilig zusammen und versiegelte ihn. Es klopfte, und Ranulf und Maltote traten ein.
»Ich dachte, Ihr würdet Euch uns anschließen?« meinte Maltote und setzte sich aufs Bett.
»Das habe ich vielleicht gesagt. Ich bin noch nicht hungrig.«
»Wir sollten etwas essen, ehe wir aufbrechen.«
»Aufbrechen?« fragte Corbett.
»Heute abend«, erklärte Ranulf. »Maltote und ich glauben, daß unser guter Freund David ap Thomas und seine Getreuen nach Einbruch der Dunkelheit die Stadt verlassen.«
»Wie wollt ihr das wissen?«
Ranulf grinste. »Dieses Wohnheim ist wie ein Rattennest. Man kann sich irgendwo in einem dunklen Winkel verstecken, und es ist kaum zu glauben, was man dann alles zu hören bekommt.«
»Seid ihr euch sicher?«
»So sicher wie ich weiß, daß Maltote auf einem Pferd reiten kann.«
Corbett reichte Maltote den Brief. »Bring ihn zum Sheriff im Castle und bitte ihn, ihn an Lady Maeve in Leighton zu schicken. Sag ihm, daß ich seine Hilfe in einer dringenden Angelegenheit benötige.«
Maltote zog seine Stiefel an, griff nach seinem Umhang und humpelte langsam davon. Dann erzählte Corbett Ranulf, was er bei seinem Besuch in der Sparrow Hall entdeckt hatte.
»Glaubt Ihr, daß Barnett mit dem Tod der Bettler etwas zu tun hat?« fragte Ranulf. »Ich meine, er ist immerhin auch einer von den reichen und schlaffen Lehrern des College. Diese Männer sind normalerweise nicht bekannt dafür, daß sie Almosen geben, oder?«
»Vielleicht. Aber was ist dann mit Appleston und unserem Konrektor? Beide könnten sie der Bellman sein. Und das könnte auch für unseren guten Freund David ap Thomas gelten.«
»Was mich beschäftigt, Herr«, sagte Ranulf, »ist eine Frage, auf die es keine Antwort zu geben scheint. Oxford ist voll von Kanzleischreibern«, er grinste, »wie wir welche sind, und von Gelehrten und Studenten. Einige kommen aus dem Ausland und haben Herren und Herrscher, die Feinde unseres Königs sind. Andere kommen aus dem schottischen Tiefland oder aus Wales und lieben unseren Monarchen auch nicht besonders. Vielen würde es gefallen, der Bellman zu sein.«
»Und?« »Warum behauptet dann der Bellman von sich, daß er in Sparrow Hall lebt?«
Corbett schüttelte den Kopf. »Ich habe darauf keine richtige Antwort, außer daß der Bellman das College hassen muß.«
»Eine andere Frage ist«, fuhr Ranulf fort, »einmal abgesehen davon, daß der König außer sich vor Wut ist, wer sich eigentlich wirklich für die Proklamationen des Bellman interessiert.« Ranulf breitete die Hände aus. »Ich meine schon auch, daß es Leute in Oxford, in Cambridge oder in Shrewsbury geben muß, die jedem verrückten Rebellen folgen würden, aber was will der Bellman heute, vierzig Jahre nach de Montforts Tod, eigentlich erreichen?«
»Willst du damit zum Ausdruck bringen, daß der König die Sache auf sich beruhen lassen sollte?«
»In gewisser Weise ja«, antwortete Ranulf Corbett kaute auf seiner Unterlippe.
»Ich höre, was du da sagst, Ranulf. Vielleicht hat der König anfänglich die Information erhalten, daß die Possen des Bellman nur der Streich eines Studenten seien, und vielleicht haben deswegen dann die Morde stattgefunden. Es gibt für sie sonst keinen richtigen Grund. Wie wollen wir wissen, daß Ascham oder Passerel einen Verdacht hatten, was die Identität des Bellman angeht? Möglicherweise hat er sie einfach ermordet, um wie beim Hasard den Einsatz zu erhöhen und damit der König ihn endlich gezwungenermaßen zur Kenntnis nimmt? Aber dann bleibt immer noch die Frage, warum?«
Ranulf erhob sich. »Ich gehe rüber ins College«, erklärte er. »Maltote wird einige Zeit brauchen, um zum Castle und zurück zu humpeln. Und was das Hasardspiel betrifft, wette ich, daß er bei den Ställen des Sheriffs anhält, um sich die Pferde anzusehen.«
»Was willst du im College?« fragte Corbett.
»Ein Buch holen«, antwortete Ranulf knapp und ausweichend.
»Welches Buch, Ranulf?«
»Die...«, stotterte Ranulf.
»Komm schon!« rief Corbett.
»Die Bekenntnisse des heiligen
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