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Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Titel: Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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merkte, dass sie irgendwann gar keine Auseinandersetzungen mehr hatten. Genau genommen hatte er es bis heute nicht gelernt, sich einem Disput zu stellen, ja überhaupt ihn auszuhalten. Schon gar nicht wie Walter, der als geschulter Dialektiker die Worte benutzte wie ein Musketier sein Florett. Auch nicht wie sein Vater, der sich scheinbar grundlos über Nachbarn, Fernsehnachrichten oder Fußball aufregen konnte und sich mit den Nächstbesten hoffnungslos in die Haare geriet.
    Vielleicht wollte er nicht streiten. Vielleicht war es die Angst vor der Niederlage, die Peinlichkeit des ›Bloßgestellt-Seins‹. Auf dem Rathausplatz fühlte er sich schutzlos und überrumpelt, weil er nicht damit gerechnet hatte. Er wusste nicht, wie ernst er Luises Vorwürfe nehmen sollte. Wollte sie ihn wachrütteln? Sie hatten zwar viel erreicht, aber von einem Durchbruch konnte keine Rede sein. Sie hatte sogar recht mit ihrer Behauptung, dass er gar nicht betroffen sei. Es war eine Herausforderung für ihn, die aus einem Bauchgefühl entstanden war und die sich zu einem spannenden Spiel entwickelt hatte. Doch für Luise war es weit mehr, persönliche Ergriffenheit, Leidenschaft, Schmerz. Sie hatte recht. Er nahm sie nicht ernst genug.

Dienstag, 13. März
     
    Die große Apothekenuhr am Sexauer Kreisel zeigte halb sieben. Er war zu früh dran. Das passte. Die Sache begann, vertrackt zu werden.
    Als er vor ein paar Tagen den zweiten Termin mit Professor Oberberger ausgemacht hatte, war er noch voller brennender Ungeduld gewesen, das Gespräch fortzuführen. Doch nun war das Rad, das er angestoßen hatte, ins Schlingern gekommen. Den ganzen Nachmittag hatte er überlegt, ob er die Sache nicht abblasen sollte. Luise hatte ihm am Telefon klar gemacht, dass sie nicht mitkommen würde. Seiner Frage nach einem Treffen war sie ausgewichen. »Im Moment hat das keinen Sinn«, hatte sie kühl erklärt und kurz danach aufgelegt.
    Dass für den Tod des Jungen noch immer kein Motiv erkennbar war, machte die Sache nicht einfacher. Die einzige Hypothese stand auf äußerst wackligen Beinen: Jemanden umzubringen, nur weil er auf Felsen kletterte, die irgendwelchen selbst ernannten Naturschützern wichtig waren? Jedes Jahr gab es Heerscharen von Touristen, Ausflüglern und Wanderern auf den Schwarzwaldbergen. Auch auf dem Belchen, den die Wächter als ihr persönliches Heiligtum ausersehen hatten. Und trotzdem war nie etwas geschehen.
    Blieb als weitaus vagere Hypothese der Begleiter, mit dem Peter in jener Nacht auf dem Berg war. Bisher hatte Kaltenbach die Informationen immer nur über Dritte erhalten. Ein Problem, das einem Kommissar einer realen Mordermittlung wohl selten begegnet, da er ohne Schwierigkeiten Befragungen anstellen konnte. Und was war mit dem blutigen Kruzifix, das man neben dem Toten gefunden hatte? Solange die Polizei keine Ermittlungsergebnisse veröffentlichte, blieb ihm nur die reine Spekulation. Er wusste noch nicht einmal, ob es überhaupt einen Zusammenhang gab.
    Ein Mord ohne Motiv? Vor Jahren hatte Kaltenbach einen Hitchcock-Klassiker gesehen, der genau dies zum Thema hatte. Zwei Studenten erdrosselten einen Kommilitonen, nur um die Theorie ihres Professors zu beweisen, dass geistige Überlegenheit zu allem fähig sei. Geistige Überlegenheit hatten die deutschen Filmverleiher jedenfalls nicht bewiesen, als sie den Filmtitel mit ›Cocktail für eine Leiche‹ übersetzt hatten.
    Er erreichte Waldkirch und stellte das Auto am Bahnhof ab. Er würde den Professor noch einmal genauer nach der Oghamschrift auf der ›Fluchtafel‹ fragen. Vielleicht konnte ihm Oberberger etwas über die ›Wächter‹ erzählen. Immerhin kannte er Sutter. Vielleicht gehörte er sogar selbst dazu.
    Am spannendsten war, was Oberberger über das Belchendreieck erzählt hatte. Für Sutter und seine Leute war dies sicher mehr als eine Theorie. Allerdings gab es bisher keinen Hinweis darauf, dass Peters Tod in irgendeiner Weise damit zusammenhing. Ob auch der Kandel zu diesem System gehörte?
    Kaltenbach sah auf die Uhr, er würde pünktlich sein. Auf dem Jünglingssteg über die Elz kam ihm für einen Moment das Bild, als er vor ein paar Tagen mit Luise hier gestanden war. Warum musste alles so kompliziert sein?
    Im großen Studierzimmer des Professors brannte Licht. Auch das Erkerzimmer, das ihm Oberberger als sein persönliches Refugium vorgestellt hatte, war hell erleuchtet. Kaltenbach versuchte etwas zu erkennen, doch die Vorhänge waren

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