Teufelskreise (German Edition)
die Schuld für alles in die Schuhe zu schieben und mir gleichzeitig zu verzeihen.
»Was haben Olivia und Betsy noch gesagt?«
»Das weiß ich nicht. Ich bin kurz nach dir gegangen.« Ich würde mich von ihr nicht aushorchen lassen. »Ich denke, wir sollten einen Schlussstrich ziehen, Nance. Wir haben uns alle auseinandergelebt. Unsere Freundschaft ist zu einer Pflicht geworden. Das ist nicht gut.«
»Pflicht?« Sie klang gekränkt. »Wie lange bin ich denn schon eine Pflicht für dich?«
Wenn ich schon diejenige sein musste, die alles kaputt machte, dann konnte ich es genauso gut hier und jetzt tun und dabei noch Zeit und Benzin sparen. »Wir haben uns auseinandergelebt«, sagte ich noch einmal. »Wir sind getrennte Wege gegangen. Nur Olivia und Betsy haben noch etwas gemeinsam.«
»Ja, Barhocker und Sonderschichten in der Fabrik.«
»Richtig. Wenn sie die nicht hätten, dann hätten auch sie sich schon längst aus den Augen verloren.«
»Aber wir beide haben uns doch nicht aus den Augen verloren, oder?«
»Vielleicht ist es jetzt an der Zeit loszulassen.«
»Ich habe noch ein paar von deinen Sachen. Die kann ich dir nicht einfach per Post schicken. Mister Jarrod hat meine Stunden reduziert, mein Geld reicht dafür nicht.«
»Was für Sachen?«
»Einen Pullover, ein paar Kassetten. Ein Buch.«
»Behalte alles.«
»Nein. Triff dich mit mir, dann gebe ich es dir zurück.«
»Jetzt passt es aber gerade sehr schlecht.«
»Hast du noch etwas vor?«
»Nein. Ich bin nur sehr müde.«
»Ich verstehe. Zu müde für deine Pflichten. Dann werde ich dir alles zu Hause vorbeibringen.«
Sie hatte gewonnen, und sie wusste es, als ich antwortete: »Wo willst du dich mit mir treffen?«
»Nimm die 71 nach Süden, dann die 30 Richtung Crestline oder Bucyrus. Ich erinnere mich nicht mehr an den Namen der Straße, aber da gibt es eine Ausfahrt neben einem großen Meijer-Supermarkt. Auf dem Parkplatz davor ist ein Coffeeshop, dort können wir uns um sieben treffen. Danke, Seph.«
28
Nana bekam einen Wutanfall. Grund dafür war nicht, dass sie mich nicht gehen lassen wollte, sondern dass Johnny sagte, er würde mich begleiten – was bedeutete, dass er kein Abendessen kochen konnte. Schnell zauberte er ein paar belegte Brote für sie und Beverley hervor und versprach dann, in dem Supermarkt einkaufen zu gehen, während ich mit meiner Freundin im Coffeeshop plauderte. Dann beugte er sich vor, flüsterte Nana etwas zu, und plötzlich war alles Friede, Freude, Eierkuchen. Ich nahm mir vor, ihn später nach den magischen Worten zu fragen.
Die Sonne neigte sich schon dem Horizont zu. Da Mansfield südwestlich von meinem Haus lag, blendete mich ihr grelles Licht beim Fahren. Selbst mit der Sonnenbrille musste ich ständig blinzeln, was mir Kopfschmerzen bereitete. Ich war nicht sehr gesprächig. Johnny übernahm die Musikauswahl, aber nach ungefähr vierzig Minuten hatte er genug von den lokalen Radiosendern. Sie spielten nicht viel, was er des menschlichen Ohres für würdig befand. »Also … «, sagte er gedehnt und schlug sich auf die Oberschenkel, »was ist mit deiner Freundin los, dass du eine Stunde fährst, nur um sie zu treffen?«
Ich schürzte die Lippen und überlegte, wie ich es ausdrücken sollte. Johnny wollte und musste nicht alle Details hören. Frauenprobleme langweilten ihn sicher bloß. »Unsere Freundschaft ist zu Ende. Eigentlich könnten wir es dabei belassen, aber sie will anscheinend so lange weitermachen, bis wir uns richtig verkrachen.«
»Warum seid ihr keine Freundinnen mehr?«
»Wir haben uns seit der Highschool einfach auseinandergelebt und sind zu anderen Menschen geworden. Die Freundschaft ist nur noch eine Last, und keine Beziehung, die sich wie Arbeit anfühlt, funktioniert auf Dauer wirklich. Ich weiß, an jeder Beziehung muss man arbeiten, aber –«
»Darf ich hier kurz anmerken, dass ich glaube, dass du zu viele Folgen von der Serie ›Dr. Phil‹ geguckt hast?«
»Ach, sei still. Ich gucke gar nicht viel Fernsehen. Ich wollte damit nur sagen, dass eine Freundschaft nicht so kompliziert sein sollte, auch wenn es hart ist, das zu akzeptieren.«
Seine Stimme wurde tief und verführerisch. »Manche Dinge sind am besten, wenn sie hart sind.«
»Johnny«, sagte ich tadelnd. Nachdem ich eine angemessene Weile missbilligend den Kopf geschüttelt hatte, fuhr ich fort: »Ich vergesse ihren Geburtstag, aber jedes Jahr zu Silvester fühle ich mich genötigt, ihn wieder in meinem neuen
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