Teufelsleib
bekannt vor, ich kann sie aber weder dem Namen Bettina Schubert noch einer markanten Situation zuordnen.« Er stand auf und fragte die Beamten: »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Wasser, Saft, ein Glas Wein? Oder dürfen Sie noch nicht?«
»Ich nehme gerne ein Glas Wasser«, sagte Brandt.
»Ich auch.«
Während Winkler drei Gläser auf den Tisch stellte und sie mit Wasser füllte, sagte er: »Aber das würde ja bedeuten, dass drei Frauen, die meine Gemeinde besucht haben, Opfer von Gewaltverbrechen wurden.«
»Richtig. Ersten Erkenntnissen nach handelt es sich um ein und denselben Täter. Und es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass der Täter unter den Mitgliedern Ihrer Gemeinde zu finden ist«, meldete sich nun Elvira Klein zu Wort.
Winkler lehnte sich zurück und legte die Hände aneinander. »Sie meinen also, nur weil die Opfer hin und wieder hier waren, müsste der Täter auch in meiner Gemeinde zu finden sein. Halten Sie das nicht für etwas gewagt?«
»Nein, ganz und gar nicht, Herr Winkler«, entgegnete Elvira Klein scharf. »Ich halte es sogar für sehr wahrscheinlich, denn, ganz ehrlich, an Zufälle glauben Sie als Gottesmann doch auch nicht, oder? Eher an göttliche Fügung«, fuhr sie spöttisch fort. »Drei Frauen, die die Andreas-Gemeinde mehr oder weniger regelmäßig besuchen, werden ermordet. Wo sollten wir Ihrer Meinung nach suchen, wenn nicht hier?«
»Ich kann Ihre Überlegungen nachvollziehen, aber wenn Sie jetzt von mir eine Liste all jener haben wollen, denen ich einen oder gar mehrere Morde zutrauen würde, muss ich Sie enttäuschen, denn all jene, die ich näher kenne, sind zu keiner solchen Tat fähig. Und sollten Sie mich über die Mitglieder ausfragen wollen«, er breitete die Arme aus, »nun, Ihnen dürfte bekannt sein, dass ich an das Beichtgeheimnis gebunden bin und dieses ganz sicher nicht brechen werde. Jeder von uns hat – sinnbildlich gesprochen – seine Leichen im Keller, Sie genau wie ich. Doch zwischen Wollust, Ehebruch oder Lügen und Mord liegen Welten. Warum, glauben Sie, kommen die Menschen so gerne in meine Gemeinde? Weil sie sich hier wohl fühlen, weil hier ein besonderes Klima, um nicht zu sagen ein besonderer Geist herrscht. Nur deswegen kommen sie. Und natürlich, um Gott zu ehren.«
»Schön und gut, wir werden Ihre Gemeinde trotzdem unter die Lupe nehmen müssen. Und da Sie es ja gewohnt sind, Vertrauliches auch vertraulich zu behandeln, gehen wir davon aus, dass dieses Gespräch von Ihnen absolut vertraulich behandelt wird. Ich kann mich doch darauf verlassen?«, sagte Elvira.
»Nichts von dem Gesagten verlässt diesen Raum«, antwortete Winkler. »Aber verraten Sie mir doch, wie Sie vorgehen wollen? Wollen Sie jedes Mitglied einzeln befragen?«
»Wenn’s sein muss. Vorerst werden wir inkognito auftreten und einfach nur beobachten. Wir brauchen in jedem Fall die Namen all jener, die eine Funktion innerhalb der Gemeinde ausüben, wie zum Beispiel Kirchenvorstand, Küster, Organist und so weiter. Und zwar so schnell wie möglich, denn wir gehen davon aus, dass der Täter schon sehr bald wieder zuschlagen wird.«
»Ein Serientäter, von dem Sie glauben, dass er noch nicht genug gemordet hat?«, fragte Winkler mit zusammengekniffenen Augen. »In Offenbach?«
»Warum nicht in Offenbach? Serienmörder gibt es überall, und Sie dürfen nicht vergessen, Frankfurt ist gleich um die Ecke. Wie heißt es doch so schön: Das Böse ist immer und überall.«
»Ja, sicher, aber ich bitte Sie, auch mich zu verstehen, ich bin schlichtweg erschüttert allein bei der Vorstellung, es könnte sich ausgerechnet in meinem bisher so friedlichen Bereich ein Serienkiller herumtreiben. Das ist unvorstellbar. Bis wann benötigen Sie die Namen?«
»Am besten sofort.«
Winkler zog die Brauen hoch, drehte sich mit seinem Stuhl ein wenig nach links und öffnete ein Fenster auf seinem Monitor. »Wollen Sie nicht lieber eine komplette Gemeindeliste?«
»Es würde uns enorm weiterhelfen, außerdem ist es ja kein Geheimnis, wer zu dieser Gemeinde gehört. So nach und nach möchten wir all Ihre Schäfchen kennenlernen. Das wird dauern, und Sie werden uns und auch Kollegen von uns sehr oft zu Gesicht bekommen.«
»Sie und Ihre Kollegen sind jederzeit herzlich willkommen«, entgegnete Winkler und druckte die Gemeindeliste aus, auf der die Namen der Personen, die eine Funktion in der Andreas-Gemeinde ausübten, hervorgehoben waren. Er reichte die Liste Elvira
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