Teufelsleib
Nummer der Familie Weber. Er hörte sich an, was Frau Weber ihm zu sagen hatte, und versprach, sich umgehend auf den Weg zu ihnen zu machen. Er fühlte sich miserabel, und das hatte mehrere Gründe.
Samstag, 17.05 Uhr
W ollen wir noch ins Präsidium?«, fragte Brandt, als sie im Auto saßen.
»Was sollen wir da? Wir können auch zu Hause versuchen, ein vorläufiges Täterprofil zu erstellen. Außerdem habe ich Hunger und Durst und will unter die Dusche und mich umziehen. Zu dir oder zu mir?«
»Ganz wie du willst, ich bin flexibel. Meine lieben Töchter kommen erst morgen wieder.«
»Wo sind sie eigentlich?«
»Das ganze Wochenende über Party machen und tagsüber schlafen. Wir wären allein.«
»Hättest du was dagegen, wenn wir dennoch in meine Wohnung fahren?«
»Ich sag doch, ich bin flexibel. Dann ab nach Frankfurt. Hast du auch was im Kühlschrank?«, fragte er lächelnd.
»Seit ich mit dir zusammen bin, ist er immer gefüllt. Und zur Not können wir uns auch was bestellen oder essen gehen.«
Vom Auto aus rief Brandt seine Töchter an. Beide klangen aufgekratzt und schienen bester Dinge. Michelle war nach wie vor bei einer Freundin, während Sarah mit ihrem Freund Jörg unterwegs war, und er hoffte einmal mehr, dieser Jörg würde Sarah nicht mit Drogen in Berührung bringen, obgleich er ahnte, dass dies schon längst geschehen war. Und wenn es nur Marihuana war – er hatte immer gehofft, seine Töchter würden so etwas nie anrühren.
»Dein Eindruck von Winkler?«, fragte Brandt auf der Fahrt nach Frankfurt.
»Frag lieber nicht.«
»Jetzt sag schon!«
»Undurchschaubar, unnahbar, er ist das, was ich einen Fassadenmenschen nenne. Dabei ist er meines Erachtens nicht älter als vierzig. Eher jünger. Ich kann mit solchen glatten Typen nicht, und ich will es auch nicht.«
»Aber er hat uns immerhin einige recht interessante Informationen gegeben, zumindest was die Symbolik betrifft.«
»Na und? Das hätten wir auch so rausgefunden. Im Internet findest du doch alles.«
»Ja schon, aber …«
»Bitte, lass uns für den Moment aufhören, ich habe keine Lust mehr. Okay?«
»Okay«, sagte Brandt nur, der wusste, wann es Zeit war, den Mund zu halten.
Elvira legte ihre Hand auf seine, die auf dem Schalthebel lag, und sah aus dem Seitenfenster. Sie wollte ihn nur berühren.
»Ich bin froh, dass ich dich habe«, sagte sie mit einem Mal. »Ohne dich hätte ich vielleicht längst alles hingeschmissen. Und bitte, sag jetzt nichts.«
Brandt drückte für einen Moment ihre Hand und spürte eine tiefe Dankbarkeit, diese Frau an seiner Seite haben zu dürfen.
Um 17.35 Uhr parkte er den Wagen in der Tiefgarage, von wo aus sie mit dem Aufzug in den einundzwanzigsten Stock fuhren. Es war angenehm warm in der Wohnung. Elvira zündete Kerzen an, noch bevor sie Mantel und Schuhe auszog. Wortlos legte sie die Arme um Brandt und gab ihm einen langen Kuss. Dann lächelte sie. »Ich geh mal ins Bad, irgendwie fühl ich mich schmutzig.«
»Soll ich dir was zu essen machen?«
»Nein, jetzt noch nicht. Bis gleich.«
Sie machte die Tür hinter sich zu, Brandt legte seine Sachen ab und ließ sich auf die Couch fallen. Er hörte leise, wie die Dusche rauschte, und dachte über den vergangenen Tag nach, über die Begegnung mit Robenstein, dem traurigen Bankier, den kurzen Besuch in Linda Maurers Penthouse und das Gespräch mit Pfarrer Winkler.
Mit einem Mal kam ihm eine Idee. Noch bevor Elvira aus dem Bad kam, griff er zum Telefon und wählte die Nummer von Nicole Eberl.
»Eberl«, meldete sich ihr Ehemann.
»Brandt hier. Störe ich?«
»Nein, ganz und gar nicht. Du willst bestimmt Nicole sprechen …«
»Ich wollte erst mal hören, wie es ihr geht.«
»Sie hat einen recht guten Tag, sie konnte sogar aufstehen und ein wenig herumlaufen.«
»Das freut mich zu hören, ehrlich. Ich wollte dich fragen, ob es dir oder euch etwas ausmachen würde, wenn ich heute Abend mal für eine Stunde vorbeikäme. Aber wirklich nur, wenn es dir und Nicole passt.«
»Wir haben nichts Besonderes geplant, das können wir schon seit einiger Zeit nicht mehr. Wann wärst du denn hier?«
»So gegen sieben?«
»Bestens. Ich werde Nicole darauf vorbereiten. Sie wird sich gewiss sehr freuen. Gibt es einen besonderen Grund oder …«
»Es gibt einen, aber den möchte ich ihr gerne selbst nennen. Hat was mit einem Fall zu tun.«
»Gut, dann bis nachher.«
Als Brandt auflegte, stand Elvira in der Badtür und trocknete sich mit einem
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