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Teufelsleib

Titel: Teufelsleib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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gehören nicht einmal zu unserer Gemeinde, kommen aber trotzdem. Ein paar sind protestantisch oder konfessionslos, aber wir weisen niemanden ab. Helfen Sie mir bitte auf die Sprünge, was diese junge Frau angeht.«
    Brandt spürte, dass Winkler nicht die ganze Wahrheit sagte, dafür sprach der mangelnde Augenkontakt. Er war nervös und versuchte, das zu unterdrücken. Aber Brandt war ein alter und erfahrener Fuchs, der Mimik und Gesten zu deuten wusste. Und Winkler erschien ihm wie ein offenes Buch, in dem in großen Lettern stand: Ich weiß alles, aber ich werde es nicht sagen.
    »Die Dame heißt Linda Maurer und ist, wie Sie richtig gesagt haben, in der Regel mit Herrn und Frau Weber gekommen«, antwortete Brandt und registrierte jede Reaktion von Winkler, der den Blick an Brandt vorbeigleiten ließ, als fürchtete er, seine Augen könnten verraten, was er wirklich dachte.
    Winkler fasste sich an die Stirn und meinte: »Ja, jetzt weiß ich sogar, wo sie immer gesessen hat, etwa in der fünften Reihe links, während die Webers meist ganz vorne gesessen haben. Familie Weber ist sehr engagiert, sie sind beide im Kirchenvorstand, wir sehen uns auch öfter mal unter der Woche, da wir praktisch an jedem Tag kirchliche Angebote haben. Frau Maurer hingegen kam nur sonntags, wie übrigens die meisten. Und Frau Maurer ist also tot?«, fragte er, und Brandt dachte nur, du bist ein scheinheiliger Hund. Du weißt es doch spätestens, seit ich das Foto auf den Tisch gelegt habe.
    »Ja, sie wurde gestern ermordet aufgefunden, aber ich dachte, das wäre längst zu Ihnen durchgedrungen. Zumal die Webers doch im Kirchenvorstand sind!« Brandt beugte sich nach vorn und fixierte Winkler, der seinem Blick erneut auswich.
    »Nein, es ist noch nicht zu mir vorgedrungen. Aber Herr und Frau Weber wissen offensichtlich schon Bescheid, deshalb sind Sie ja wohl zu mir gekommen.«
    »Sie waren die Ersten, die wir informiert haben. Mich wundert, dass sie sich noch nicht bei Ihnen gemeldet haben.«
    »Ich bin erst vor einer knappen halben Stunde nach Hause gekommen, ich war seit gestern Abend unterwegs und nicht erreichbar, aber sie haben mir auf den Anrufbeantworter gesprochen, dass ich sie dringend zurückrufen soll. Ich werde natürlich schnellstmöglich bei ihnen anrufen und ihnen meine Hilfe in dieser tragischen Situation anbieten.«
    Brandt sah Winkler zweifelnd an. »Ich hätte schwören können, dass sich eine solche Nachricht wie ein Lauffeuer in einer Gemeinde verbreitet. Haben Sie niemanden, der Sie vertritt, wenn Sie nicht da sind?«
    »Doch, Pfarrer Melcher, aber es gibt ein kleines Problem, was das Verhältnis zwischen den Webers und Herrn Melcher angeht. Nichts Dramatisches, es ist nur so, dass Herr Weber und Herr Melcher seit einem an und für sich harmlosen Disput nicht mehr sonderlich gut miteinander können. Er hat mir jedenfalls nichts gesagt, also werden sie sich auch nicht bei ihm gemeldet haben. Es könnte höchstens sein, dass sie die Familie Trautmann informiert haben, mit der sie befreundet sind. Ich werde die Webers gleich nach unserem Gespräch anrufen. Pfarrer Melcher ist übrigens drüben in der Kirche und bereitet sich auf den 18-Uhr-Abendgottesdienst vor. Im Augenblick probt noch der Chor unter der Leitung von Herrn Neuendorf. Sie sollten sich das einmal anhören, ein großartiger Chor.«
    »Das werden wir tun. Und die andere Frau?«, fragte Brandt, der Winkler immer weniger zu durchschauen vermochte. Es schien, als hätte er mehrere Masken für viele Gelegenheiten, und nun trug er die, durch die niemand hindurchsehen konnte. Brandt mochte solche Menschen nicht, entweder trat ihm jemand offen entgegen oder ablehnend. Doch bei Winkler war es anders, er musste an einen Aal denken, der ihm dauernd durch die Finger rutschte, auch wenn er den Geistlichen erst seit wenigen Minuten kannte. Brandt fragte sich auch, warum Winkler nicht schon längst bei den Webers angerufen hatte.
    Der Pfarrer strich sich übers Kinn, verzog den Mund und meinte nach einer Weile: »Ihr Gesicht kommt mir bekannt vor. Ich habe sie mit Sicherheit schon mal gesehen, wahrscheinlich in der Kirche. Wo auch sonst? Ich komme nicht sehr oft aus meinem Gemeindebereich heraus.«
    »Ihr Name ist Bettina Schubert, sie wurde im August vergangenen Jahres getötet. Auf bestialische Weise. Der Täter ist mit einer unfassbaren Brutalität vorgegangen.«
    Winkler zeigte keine Reaktion. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Wie schon gesagt, sie kommt mir

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