Teufelsleib
»Vielleicht bin ich auch nur beruflich zu eingespannt. Ich lebe zwei Leben. Das eine ist mein Beruf und das ist gut, das andere ist das Private. Privat bin ich die meiste Zeit allein, und das ist mies. Ich habe zwar eine Menge Kontakte, aber nicht einen einzigen echten Freund. Keine Ahnung, woran das liegt, es ist nun mal so. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich mir nicht wünschte, jemanden zu haben, mit dem ich über alles quatschen kann, aber dieser Wunsch wird mir wohl nie erfüllt werden. Das ist die große Scheiße, wenn ich es so ausdrücken darf. Ich habe mehrere Häuser, verbringe aber die meiste Zeit in einer riesigen Maisonette-Wohnung, ich habe eine Finca auf Mallorca, ich habe schon die ganze Welt bereist … Ich frag mich manchmal, wo die Balance ist und wo oder wie ich sie finden kann.« Er kam wieder zum Bett, wo Yvonne nackt im Schneidersitz saß, neigte den Kopf und sagte zu ihr mit einem unergründlichen Lächeln: »Weißt du was? Klingt komisch, aber ich könnte jetzt schon wieder, wenn du verstehst …«
»Was immer du willst. Du bestimmst die Regeln.«
»Ich wünschte, ich hätte eine Frau wie dich«, sagte er unvermittelt. »Ich bin mir ziemlich sicher, wir würden gut harmonieren. Ich habe das Gefühl, nein, ich weiß, dass die Chemie zwischen uns stimmt. Sag einfach nur, dass ich recht habe.«
Yvonne hatte in ihrem Beruf früh gelernt, vorsichtig zu sein. Sie hatte schon des Öfteren erlebt, dass Kunden sich in sie verliebten und sie ihnen zu verstehen geben musste, dass ihre Träume Träume zu bleiben hatten, da sie ihr Leben noch eine Weile allein zu gestalten beabsichtigte. Allerdings war das noch nie bereits nach dem ersten Abend vorgekommen. Nach nur einem Abend, einer halben Nacht, einmal Sex und ein wenig Alkohol.
Überhaupt fragte sie sich, ob sie jemals eine feste Beziehung mit einem ihrer Klienten eingehen würde, denn sie fühlte sich wohl so, wie sie lebte. Sie war kaum noch jemandem Rechenschaft schuldig, und so sollte es auch bleiben. Es gab nur einen Kunden, für den sie unter Umständen bereit gewesen wäre, ihre Freiheit aufzugeben – ihr Bankier. Aber dazu hätte sie erst noch einige Dinge regeln müssen. Speziell ihre derzeitige, nicht gerade angenehme private Situation. Und sie musste Rücksicht nehmen auf die, die ihr am nächsten standen. Denn es gab Menschen, die sie mehr liebte als ihr eigenes Leben. Und diese Menschen wollte sie unter gar keinen Umständen verlieren.
Und jetzt war wieder eine solche Situation eingetreten, wo ein Kunde ihr seine Liebe gestand. Und das, obwohl sie sich erst seit wenigen Stunden kannten. Sie hatten miteinander geschlafen, und nun behauptete er, Gefühle für sie zu empfinden, auch wenn er es nicht so direkt ausgedrückt hatte. Aber allein, wie er sie angesehen hatte, war Indiz genug, dass ihr Gefühl sie nicht trog. Sie suchte die richtigen Worte, um ihn nicht zu verletzen. »Du hast schon recht, die Chemie zwischen uns stimmt. Aber ich muss dir eines gestehen – ich bin nicht frei. Und bitte, verlang keine weiteren Erklärungen, akzeptier das einfach nur. Tut mir leid. Ich bin sicher, du wirst noch eine Frau finden, und sie wird all die Attribute besitzen, die du dir wünschst. Ich weiß das.«
»Du hast jemanden?«, fragte er verwundert, die Brauen hochgezogen, tiefe Falten bildeten sich auf seiner Stirn, er ging auf ihre letzten Worte nicht ein, als hätte er sie nicht vernommen. »In diesem Job? Was sagt denn …«
»Ja, ich bin liiert. Oder besser, ich bin verheiratet. Dass ich keinen Ring trage, wirst du verstehen. Es tut mir leid, aber ich möchte, dass du dir keine falschen Hoffnungen machst.«
»Und was sagt dein Mann dazu, dass du …«
»Nichts, wir haben über alles gesprochen, er weiß es und toleriert es«, log sie. Sie kniete sich hin, legte ihm einen Finger auf die Lippen und fuhr fort: »Und jetzt bitte, keine solche Fragen mehr, die sind nicht im Preis inbegriffen, außerdem vergeuden sie nur unnötig Zeit und verderben die Stimmung. Die Nacht ist nicht mehr lang. Aber ich schwöre dir, du wirst sie nie vergessen.«
Er nickte, lächelte ein wenig verlegen und sagte: »Das weiß ich, ich brauch nur deinen göttlichen Körper anzusehen, und schon gerät mein Blut in Wallung, um es mal pathetisch auszudrücken. Dein Mann ist wahrlich ein Glückspilz, so etwas wie dich immer zu haben.«
»Hören wir doch auf damit. Entspann dich und …«
»Tu ich schon.«
Er streichelte sie, das Haar, das Gesicht, die
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