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Teufelsleib

Titel: Teufelsleib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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von MS . Aber es kam noch viel mehr dazu, Schluck- und Atembeschwerden, es gibt Momente, da kann sie überhaupt nicht schlucken. Wir haben schon alles durchgesprochen, mein Vater, meine Mutter und ich. Wir sind vorbereitet auf das, was kommen wird. Ich bin traurig, dass ich ihr nicht helfen kann, aber nur Gott weiß, was richtig für sie ist. Ich vertraue auf Gott, dass alles gut wird, egal wie. Bisher wissen wir nur, dass meine Mutter unter einer sogenannten malignen Form von MS leidet, die sehr rasch fortschreitet. Sie gehört zu den zehn Prozent MS -Kranker, die von dieser malignen Form befallen werden. Warum es ausgerechnet meine Mutter getroffen hat«, sie hob die Schultern, Hilf- und Ratlosigkeit im Blick, »das kann wohl wirklich nur der liebe Gott beantworten. Na ja, wir werden diese Antwort nicht bekommen. In der Regel kann man nach einem Schub wieder normal seinen Alltag bestreiten, und die Schübe kommen in recht großen Abständen und lassen sich medikamentös behandeln. Nur bei meiner Mutter ist es anders. Die Symptome verschwinden nicht wieder, sondern bleiben und …«
    »Sie bleiben nicht nur, sie verschlimmern sich«, setzte Nicole den Satz ihrer Tochter fort, als diese nicht weitersprach.
    »Ganz ehrlich, ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Das haut mich um.«
    »Nicht so sehr wie mich, wie du unschwer erkennen kannst«, erwiderte Nicole beinahe verschmitzt lächelnd. »Ich kann nur noch liegen oder im Rolli fahren. Ich hätte euch aber in jedem Fall vor Ablauf der sechs Wochen informiert. Für mich ist das auch alles andere als leicht.«
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, das ist wirklich das Letzte, was ich von dir erwarte. Mir fehlen die Worte, das ist wie … Ach, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
    »Nimm’s nicht so tragisch, du wirst schon einen adäquaten Ersatz für mich finden.«
    »Darum geht’s doch gar nicht, und das weißt du auch. Wie geht Martin damit um? Wo ist er überhaupt?«
    »Er musste zu einem Kunden. Es geht um die neue Wohnsiedlung, du weißt schon. Martin hat den Auftrag an Land gezogen. Er wird aber in etwa einer Stunde wieder hier sein, hat er zumindest gesagt. Dürfen wir dir was zu trinken anbieten? Ein Bier oder einen Cognac? Du bist ganz blass geworden, ich denke, ein Cognac wäre das Richtige«, sagte sie, wobei ihre Stimme wieder etwas fester klang und in ihren Augen ein fast spitzbübisches Lächeln war.
    »Na gut, einen Cognac, auch wenn ich noch fahren muss.«
    »Ach komm, sieh’s heute mal nicht so eng. Sajani, würdest du Peter einen Cognac einschenken? Ich freue mich, dass du hier bist. Wie läuft’s denn so in der Abteilung?«
    »Wie immer. Danke«, sagte er, als Sajani ihm den Cognacschwenker reichte. »Es war über die Feiertage erstaunlich ruhig. Nur das Übliche.«
    »Und du und Elvira, wart ihr in Urlaub?«
    »Hast du unsere Karte nicht bekommen?«
    »Nein, bis jetzt nicht. Wo seid ihr denn letztendlich gelandet? Anfang Dezember wart ihr noch unschlüssig, wo’s hingehen sollte.«
    »Portugal. Erst wollten wir nach Lissabon, haben uns aber kurzfristig für die Algarve entschieden und es nicht bereut. Jetzt sind wir wieder hier, und in null Komma nichts hat uns der Alltag wieder eingeholt … Kann ich irgendwas für dich tun?«, wechselte er mit einem Mal das Thema. »Du weißt, ich bin immer für dich da. Hätte ich nur früher gewusst …«
    »Lass gut sein, ich wollte doch nicht, dass es jemand vor der Zeit erfährt. Damit meine ich, es sollte keiner wissen, was mit mir ist, bevor ich nicht endgültig Gewissheit habe. Erst vorgestern habe ich von meinem Arzt erfahren, wie die Prognose aussieht. Nicht gerade überwältigend, was noch leicht untertrieben ist. Aber ich habe auch erfahren, dass die Krankheit schon mindestens fünfzehn Jahre in mir war, obwohl ich nie irgendwelche der typischen Symptome hatte oder sie nicht mit MS in Verbindung gebracht habe. Nun ja, es ist nicht mehr zu ändern.«
    »Ich kann nur immer wieder sagen, wie leid es mir tut.«
    »Schon gut. Aber um das undankbare Krankheitsthema abzuschließen, ich weiß, ich werde nicht mehr lange leben, ich weiß, es wird für mein Umfeld nicht leicht werden, ich habe nur noch einen Wunsch – ich möchte erleben, wie Sajani ihr Abitur besteht.«
    »Wann ist es so weit?«
    »Dieses Jahr«, antwortete Sajani.
    »Schon?«, entfuhr es Brandt überrascht. »Du bist doch noch keine achtzehn …«
    »Ich habe eine Klasse übersprungen«, sagte sie und

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